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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Fünfftes Buch.

Behüt dich Gott O Welt/ dann an statt deiner
verheissenen Freud und Wollüste/ werden die böse
Geister an die unbußfertige verdampte Seel Hand
anlegen/ und sie in einem Augenblick in Abgrund der
Höllen reissen/ daselbst wird sie anders nichts sehen
und hören/ als lauter erschröckliche Gestalten der
Teuffel und Verdampten/ eitele Finsternuß und
Dampff/ Feuer ohne Glantz/ schreyen/ heulen/ Zän-
klappern und Gottslästern; Alsdann ist alle Hoff-
nung der Gnad und Milterung auß/ kein Ansehen
der Person ist verhanhen/ je höher einer gestigen/ und
je schwerer einer gesündiget/ je tieffer er wird ge-
stürtzt/ und je härtere Pein er muß leiden; dem viel
geben ist/ von dem wird viel gefordert/ und je mehr
einer sich bey dir/ O arge schnöde Welt! hat herrlich
gemacht/ je mehr schenckt man ihm Qual und Leiden
ein/ denn also erforderts die göttliche Gerechtigkeit.

Behüt dich Gott O Welt/ dann obwol der Leib bey
dir ein Zeitlang in der Erden ligen bleibt und verfau-
let/ so wird er doch am jüngsten Tag wider auffstehn/
und nach dem letzten Urtheil mit der Seel ein ewiger
Höllenbrand seyn müssen; Alsdenn wird die arme
Seel sagen: Verflucht seystu Welt! weil ich durch
dein Anstifften Gottes und meiner selbst vergessen/ und
dir in aller Uppigkeit/ Boßheit/ Sünd und Schand
die Tag meines Lebens gefolgt hab; verflucht sey die
Stund/ in deren mich Gott erschuff! verflucht sey
der Tag/ darinn ich in dir O arge böse Welt geborn
bin! O ihr Berg/ Hügel und Felsen fallet auff mich/
und verbergt mich vor dem grimmigen Zorn deß Lamms/
vor dem Angesicht dessen/ der auff dem Stul sitzet;
Ach Wehe und aber Wehe in Ewigkeit!

O Welt
Fuͤnfftes Buch.

Behuͤt dich Gott O Welt/ dann an ſtatt deiner
verheiſſenen Freud und Wolluͤſte/ werden die boͤſe
Geiſter an die unbußfertige verdampte Seel Hand
anlegen/ und ſie in einem Augenblick in Abgrund der
Hoͤllen reiſſen/ daſelbſt wird ſie anders nichts ſehen
und hoͤren/ als lauter erſchroͤckliche Geſtalten der
Teuffel und Verdampten/ eitele Finſternuß und
Dampff/ Feuer ohne Glantz/ ſchreyen/ heulen/ Zaͤn-
klappern und Gottslaͤſtern; Alsdann iſt alle Hoff-
nung der Gnad und Milterung auß/ kein Anſehen
der Perſon iſt verhanhen/ je hoͤher einer geſtigen/ und
je ſchwerer einer geſuͤndiget/ je tieffer er wird ge-
ſtuͤrtzt/ und je haͤrtere Pein er muß leiden; dem viel
geben iſt/ von dem wird viel gefordert/ und je mehr
einer ſich bey dir/ O arge ſchnoͤde Welt! hat herꝛlich
gemacht/ je mehr ſchenckt man ihm Qual und Leiden
ein/ denn alſo erforderts die goͤttliche Gerechtigkeit.

Behuͤt dich Gott O Welt/ dañ obwol der Leib bey
dir ein Zeitlang in der Erden ligen bleibt und verfau-
let/ ſo wird er doch am juͤngſten Tag wider auffſtehn/
und nach dem letzten Urtheil mit der Seel ein ewiger
Hoͤllenbrand ſeyn muͤſſen; Alsdenn wird die arme
Seel ſagen: Verflucht ſeyſtu Welt! weil ich durch
dein Anſtifften Gottes und meiner ſelbſt vergeſſen/ und
dir in aller Uppigkeit/ Boßheit/ Suͤnd und Schand
die Tag meines Lebens gefolgt hab; verflucht ſey die
Stund/ in deren mich Gott erſchuff! verflucht ſey
der Tag/ darinn ich in dir O arge boͤſe Welt geboꝛn
bin! O ihr Berg/ Huͤgel und Felſen fallet auff mich/
und verbergt mich vor dem grim̃igen Zoꝛn deß Lam̃s/
vor dem Angeſicht deſſen/ der auff dem Stul ſitzet;
Ach Wehe und aber Wehe in Ewigkeit!

O Welt
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[617/0623] Fuͤnfftes Buch. Behuͤt dich Gott O Welt/ dann an ſtatt deiner verheiſſenen Freud und Wolluͤſte/ werden die boͤſe Geiſter an die unbußfertige verdampte Seel Hand anlegen/ und ſie in einem Augenblick in Abgrund der Hoͤllen reiſſen/ daſelbſt wird ſie anders nichts ſehen und hoͤren/ als lauter erſchroͤckliche Geſtalten der Teuffel und Verdampten/ eitele Finſternuß und Dampff/ Feuer ohne Glantz/ ſchreyen/ heulen/ Zaͤn- klappern und Gottslaͤſtern; Alsdann iſt alle Hoff- nung der Gnad und Milterung auß/ kein Anſehen der Perſon iſt verhanhen/ je hoͤher einer geſtigen/ und je ſchwerer einer geſuͤndiget/ je tieffer er wird ge- ſtuͤrtzt/ und je haͤrtere Pein er muß leiden; dem viel geben iſt/ von dem wird viel gefordert/ und je mehr einer ſich bey dir/ O arge ſchnoͤde Welt! hat herꝛlich gemacht/ je mehr ſchenckt man ihm Qual und Leiden ein/ denn alſo erforderts die goͤttliche Gerechtigkeit. Behuͤt dich Gott O Welt/ dañ obwol der Leib bey dir ein Zeitlang in der Erden ligen bleibt und verfau- let/ ſo wird er doch am juͤngſten Tag wider auffſtehn/ und nach dem letzten Urtheil mit der Seel ein ewiger Hoͤllenbrand ſeyn muͤſſen; Alsdenn wird die arme Seel ſagen: Verflucht ſeyſtu Welt! weil ich durch dein Anſtifften Gottes und meiner ſelbſt vergeſſen/ und dir in aller Uppigkeit/ Boßheit/ Suͤnd und Schand die Tag meines Lebens gefolgt hab; verflucht ſey die Stund/ in deren mich Gott erſchuff! verflucht ſey der Tag/ darinn ich in dir O arge boͤſe Welt geboꝛn bin! O ihr Berg/ Huͤgel und Felſen fallet auff mich/ und verbergt mich vor dem grim̃igen Zoꝛn deß Lam̃s/ vor dem Angeſicht deſſen/ der auff dem Stul ſitzet; Ach Wehe und aber Wehe in Ewigkeit! O Welt

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 617. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/623>, abgerufen am 11.05.2024.