German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.Fünfftes Buch. die Cardinäl eytel Borromaei, die Bischöffe Augu-stini, die Aebbte andere Hylariones und Pachomi, und die übrige Religiosen miteinander wie die Congrega- tion der Eremiten in der Thebanischen Wildnus! Die Kauffleute handlen nicht auß Geitz/ oder umb Gewins willen/ sondern damit sie ihren Nebenmen- schen mit ihrer Wahr/ die sie zu solchem Ende auß fernen Landen herbringen/ bedient seyn können: Die Wirthe treiben nicht deßwegen ihre Wirthschafften/ reich zu werden/ sondern damit sich der Hungerige/ Durstige und Räisende bey ihnen erquicken/ und sie die Bewirthung als ein Werck der Barmhertzigkeit an den müden und krafftlosen Menschen üben kön- nen: Also sucht der Medicus nicht seinen Nutz/ son- dern die Gesundheit seines Patienten/ wohin dann auch die Apothecker zielen: Die Handwercker wis- sen von keinen Vörteln/ Lügen und Betrug/ sondern befleissigen sich/ ihre Kunden mit daurhaffter und rechtschaffener Arbeit am besten zu versehen: Den Schneidern thut nichts gestolenes im Aug wehe/ und die Weber bleiben auß Redlichkeit so arm/ daß sich auch keine Mäuß bey ihnen ernehren können/ de- nen sie etwan ein Knäul Garn nachwerffen müsten: Man weiß von keinem Wucher/ sondern der Wol- häbige hilfft dem Dürfftigen auß Christlicher Liebe gantz ohngebetten: Und wenn ein Armer nicht zu be- zahlen hat/ ohne mercklichen Schaden und Abgang seiner Nahrung/ so schenckt ihm der Reich die Schuld von freyen Stücken: Man spüret keine Hoffart/ denn jeder weiß und bedenckt/ daß er sterblich ist: Man mercket keinen Neid/ denn es weiß und erkennet je einer den andern vor ein Ebenbild GOttes/ das von seinem
Fuͤnfftes Buch. die Cardinaͤl eytel Borromæi, die Biſchoͤffe Augu-ſtini, die Aebbte andere Hylariones und Pachomi, und die uͤbrige Religioſen miteinander wie die Congrega- tion der Eremiten in der Thebaniſchen Wildnus! Die Kauffleute handlen nicht auß Geitz/ oder umb Gewins willen/ ſondern damit ſie ihren Nebenmen- ſchen mit ihrer Wahr/ die ſie zu ſolchem Ende auß fernen Landen herbringen/ bedient ſeyn koͤnnen: Die Wirthe treiben nicht deßwegen ihre Wirthſchafften/ reich zu werden/ ſondern damit ſich der Hungerige/ Durſtige und Raͤiſende bey ihnen erquicken/ und ſie die Bewirthung als ein Werck der Barmhertzigkeit an den muͤden und krafftloſen Menſchen uͤben koͤn- nen: Alſo ſucht der Medicus nicht ſeinen Nutz/ ſon- dern die Geſundheit ſeines Patienten/ wohin dann auch die Apothecker zielen: Die Handwercker wiſ- ſen von keinen Voͤrteln/ Luͤgen und Betrug/ ſondern befleiſſigen ſich/ ihre Kunden mit daurhaffter und rechtſchaffener Arbeit am beſten zu verſehen: Den Schneidern thut nichts geſtolenes im Aug wehe/ und die Weber bleiben auß Redlichkeit ſo arm/ daß ſich auch keine Maͤuß bey ihnen ernehren koͤnnen/ de- nen ſie etwan ein Knaͤul Garn nachwerffen muͤſten: Man weiß von keinem Wucher/ ſondern der Wol- haͤbige hilfft dem Duͤrfftigen auß Chriſtlicher Liebe gantz ohngebetten: Und wenn ein Armer nicht zu be- zahlen hat/ ohne mercklichen Schaden und Abgang ſeiner Nahrung/ ſo ſchenckt ihm der Reich die Schuld von freyen Stuͤcken: Man ſpuͤret keine Hoffart/ denn jeder weiß und bedenckt/ daß er ſterblich iſt: Man mercket keinen Neid/ denn es weiß und erkennet je einer den andern vor ein Ebenbild GOttes/ das von ſeinem
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Fuͤnfftes Buch.
die Cardinaͤl eytel Borromæi, die Biſchoͤffe Augu-
ſtini, die Aebbte andere Hylariones und Pachomi, und
die uͤbrige Religioſen miteinander wie die Congrega-
tion der Eremiten in der Thebaniſchen Wildnus!
Die Kauffleute handlen nicht auß Geitz/ oder umb
Gewins willen/ ſondern damit ſie ihren Nebenmen-
ſchen mit ihrer Wahr/ die ſie zu ſolchem Ende auß
fernen Landen herbringen/ bedient ſeyn koͤnnen: Die
Wirthe treiben nicht deßwegen ihre Wirthſchafften/
reich zu werden/ ſondern damit ſich der Hungerige/
Durſtige und Raͤiſende bey ihnen erquicken/ und ſie
die Bewirthung als ein Werck der Barmhertzigkeit
an den muͤden und krafftloſen Menſchen uͤben koͤn-
nen: Alſo ſucht der Medicus nicht ſeinen Nutz/ ſon-
dern die Geſundheit ſeines Patienten/ wohin dann
auch die Apothecker zielen: Die Handwercker wiſ-
ſen von keinen Voͤrteln/ Luͤgen und Betrug/ ſondern
befleiſſigen ſich/ ihre Kunden mit daurhaffter und
rechtſchaffener Arbeit am beſten zu verſehen: Den
Schneidern thut nichts geſtolenes im Aug wehe/
und die Weber bleiben auß Redlichkeit ſo arm/ daß
ſich auch keine Maͤuß bey ihnen ernehren koͤnnen/ de-
nen ſie etwan ein Knaͤul Garn nachwerffen muͤſten:
Man weiß von keinem Wucher/ ſondern der Wol-
haͤbige hilfft dem Duͤrfftigen auß Chriſtlicher Liebe
gantz ohngebetten: Und wenn ein Armer nicht zu be-
zahlen hat/ ohne mercklichen Schaden und Abgang
ſeiner Nahrung/ ſo ſchenckt ihm der Reich die Schuld
von freyen Stuͤcken: Man ſpuͤret keine Hoffart/ denn
jeder weiß und bedenckt/ daß er ſterblich iſt: Man
mercket keinen Neid/ denn es weiß und erkennet je
einer den andern vor ein Ebenbild GOttes/ das von
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Zitationshilfe: | German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 567. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/573>, abgerufen am 05.07.2024. |