German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.Deß Abentheurl. Simplicissimi das meinige; aber ich fande ein steinern Hertz/ undeine solche Kaltsinnigkeit/ dergleichen ich hinder ei- nem Baurn-Mägdlein nimmermehr zu finden getraut hätte/ welches mich aber viel verliebter machte/ ohn- angesehen ich/ als einer der mehr in solchen Schulen gewesen/ mir die Rechnung leicht machen können/ daß sie sich nit so leicht bethören lassen würde. Damals hätte ich entweder einen strengen Feind/ sitzen
Deß Abentheurl. Simpliciſſimi das meinige; aber ich fande ein ſteinern Hertz/ undeine ſolche Kaltſinnigkeit/ dergleichen ich hinder ei- nem Baurn-Maͤgdlein nim̃ermehr zu finden getraut haͤtte/ welches mich aber viel verliebter machte/ ohn- angeſehen ich/ als einer der mehr in ſolchen Schulen geweſen/ mir die Rechnung leicht machen koͤnnen/ daß ſie ſich nit ſo leicht bethoͤren laſſen wuͤrde. Damals haͤtte ich entweder einen ſtrengen Feind/ ſitzen
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Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
das meinige; aber ich fande ein ſteinern Hertz/ und
eine ſolche Kaltſinnigkeit/ dergleichen ich hinder ei-
nem Baurn-Maͤgdlein nim̃ermehr zu finden getraut
haͤtte/ welches mich aber viel verliebter machte/ ohn-
angeſehen ich/ als einer der mehr in ſolchen Schulen
geweſen/ mir die Rechnung leicht machen koͤnnen/
daß ſie ſich nit ſo leicht bethoͤren laſſen wuͤrde.
Damals haͤtte ich entweder einen ſtrengen Feind/
oder einen guten Freund haben ſollen; einen Feind/
damit ich meine Gedancken gegen demſelbigen haͤtte
richten/ und der naͤrꝛiſchen Lieb vergeſſen muͤſſen/ oder
einen Freund/ der mir ein anders gerathen/ und mich
von meiner Thorheit/ die ich vornam/ haͤtte abmah-
nen moͤgen: Aber Ach leyder/ ich hatte nichts als
mein Geld das mich verblendete/ meine blinde Be-
gierden die mich verfuͤhrten/ weil ich ihnen den Zaum
ſchieſſen lieſſe/ und meine grobe Unbeſonnenheit/ die
mich verderbte/ und in alles Ungluͤck ſtuͤrtzte/ ich Narꝛ
haͤtte ja auß unſern Kleidungen/ als auß einem boͤſen
Omen judiciren ſollen/ daß mir ihre Lieb nit wol auß-
ſchlagen wuͤrde/ dann weil mir Hertzbruder/ dieſem
Maͤgdlein aber ihre Eltern geſtorben/ und wir dahe-
ro alle beyde in Trauer-Kleidern auffzogen/ als wir
einander das erſte mal ſahen/ was haͤtte unſere Bul-
ſchafft vor eine Froͤlichkeit bedeuten ſollen? Mit ei-
nem Wort/ ich war mit dem Narꝛnſail rechtſchaffen
verſtrickt/ und derhalben gantz blind und ohne Ver-
ſtand/ wie das Kind Cupido ſelbſten/ und weil ich
meine viehiſche Begierden nicht anders zu ſaͤttigen
getraute/ entſchloß ich/ ſie zu heuraten; Was/ ge-
dacht ich/ du biſt deines Herkommens doch nur ein
Baurn-Sohn/ und wirſt dein Tag kein Schloß be-
ſitzen
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