Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünfftes Buch.
curi, die übrig verbliebene/ die den elenden Jammer
mit ihren Augen angesehen/ haben sich nit allein nit
gebessert/ sondern seynd viel ärger worden als sie
zuvor jemals gewesen! haben sie sich nun wegen so
vieler scharpffen Heimsuchungen nit bekehrt/ sondern
unter so schwerem Creutz und Trübsalen gottlos zu
leben nicht auffgehöret/ was werden sie dann erst
thun/ wann ich ihnen den wol-lustbarlichen güldenen
Frieden wieder zusendete? Jch müste sorgen/ daß
sie mir wie hiebevor die Risen gethan/ den Himmel
abzustürmen unterstehen würden; aber ich will sol-
chem Muthwillen wol bey Zeit steuren/ und sie im
Krieg hocken lassen.

Weil ich nun wuste/ wie man diesem Gott lau-
sen muste/ wann man ihn recht stimmen wolte/ sagte
ich: Ach grosser Gott/ es seuffzet aber alle Welt
nach dem Frieden/ und versprechen ein grosse Besse-
rung/ warumb woltest du ihnen dann solchen noch
länger verweigern können? Ja/ antwortet Jupiter,
sie seuffzen wol/ aber nit meinet-sondern ihrentwil-
len; Nicht/ daß jeder unter seinem Weinstock und
Feigenbaum Gott loben/ sondern daß sie deren edle
Früchten mit guter Ruhe/ und in allem Wollust ge-
niessen möchten; Jch fragte neulich einen grindigen
Schneider/ ob ich den Frieden geben solte? Aber er
antwortet mir/ was er sich drumb geheye/ er müsse
so wol zu Kriegs- als Friedenszeiten mit der stähler-
nen Stange fechten: Ein solche Antwort kriegte ich
auch von einem Rothgiesser/ der sagte/ wenn er im
Frieden keine Glocken zu giessen hätte/ so hätte er im
Krieg genug mit Stücken und Feuermörseln zu thun.
Also antwortet mir auch ein Schmid/ und sagte/

habe
Y vij

Fuͤnfftes Buch.
curi, die uͤbrig verbliebene/ die den elenden Jammer
mit ihren Augen angeſehen/ haben ſich nit allein nit
gebeſſert/ ſondern ſeynd viel aͤrger worden als ſie
zuvor jemals geweſen! haben ſie ſich nun wegen ſo
vieler ſcharpffen Heimſuchungen nit bekehrt/ ſondern
unter ſo ſchwerem Creutz und Truͤbſalen gottlos zu
leben nicht auffgehoͤret/ was werden ſie dann erſt
thun/ wann ich ihnen den wol-luſtbarlichen guͤldenen
Frieden wieder zuſendete? Jch muͤſte ſorgen/ daß
ſie mir wie hiebevor die Riſen gethan/ den Himmel
abzuſtuͤrmen unterſtehen wuͤrden; aber ich will ſol-
chem Muthwillen wol bey Zeit ſteuren/ und ſie im
Krieg hocken laſſen.

Weil ich nun wuſte/ wie man dieſem Gott lau-
ſen muſte/ wann man ihn recht ſtimmen wolte/ ſagte
ich: Ach groſſer Gott/ es ſeuffzet aber alle Welt
nach dem Frieden/ und verſprechen ein groſſe Beſſe-
rung/ warumb wolteſt du ihnen dann ſolchen noch
laͤnger verweigern koͤnnen? Ja/ antwortet Jupiter,
ſie ſeuffzen wol/ aber nit meinet-ſondern ihrentwil-
len; Nicht/ daß jeder unter ſeinem Weinſtock und
Feigenbaum Gott loben/ ſondern daß ſie deren edle
Fruͤchten mit guter Ruhe/ und in allem Wolluſt ge-
nieſſen moͤchten; Jch fragte neulich einen grindigen
Schneider/ ob ich den Frieden geben ſolte? Aber er
antwortet mir/ was er ſich drumb geheye/ er muͤſſe
ſo wol zu Kriegs- als Friedenszeiten mit der ſtaͤhler-
nen Stange fechten: Ein ſolche Antwort kriegte ich
auch von einem Rothgieſſer/ der ſagte/ wenn er im
Frieden keine Glocken zu gieſſen haͤtte/ ſo haͤtte er im
Krieg genug mit Stuͤcken und Feuermoͤrſeln zu thun.
Alſo antwortet mir auch ein Schmid/ und ſagte/

habe
Y vij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0521" n="515"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Fu&#x0364;nfftes Buch.</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">curi,</hi> die u&#x0364;brig verbliebene/ die den elenden Jammer<lb/>
mit ihren Augen ange&#x017F;ehen/ haben &#x017F;ich nit allein nit<lb/>
gebe&#x017F;&#x017F;ert/ &#x017F;ondern &#x017F;eynd viel a&#x0364;rger worden als &#x017F;ie<lb/>
zuvor jemals gewe&#x017F;en! haben &#x017F;ie &#x017F;ich nun wegen &#x017F;o<lb/>
vieler &#x017F;charpffen Heim&#x017F;uchungen nit bekehrt/ &#x017F;ondern<lb/>
unter &#x017F;o &#x017F;chwerem Creutz und Tru&#x0364;b&#x017F;alen gottlos zu<lb/>
leben nicht auffgeho&#x0364;ret/ was werden &#x017F;ie dann er&#x017F;t<lb/>
thun/ wann ich ihnen den wol-lu&#x017F;tbarlichen gu&#x0364;ldenen<lb/>
Frieden wieder zu&#x017F;endete? Jch mu&#x0364;&#x017F;te &#x017F;orgen/ daß<lb/>
&#x017F;ie mir wie hiebevor die Ri&#x017F;en gethan/ den Himmel<lb/>
abzu&#x017F;tu&#x0364;rmen unter&#x017F;tehen wu&#x0364;rden; aber ich will &#x017F;ol-<lb/>
chem Muthwillen wol bey Zeit &#x017F;teuren/ und &#x017F;ie im<lb/>
Krieg hocken la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Weil ich nun wu&#x017F;te/ wie man die&#x017F;em Gott lau-<lb/>
&#x017F;en mu&#x017F;te/ wann man ihn recht &#x017F;timmen wolte/ &#x017F;agte<lb/>
ich: Ach gro&#x017F;&#x017F;er Gott/ es &#x017F;euffzet aber alle Welt<lb/>
nach dem Frieden/ und ver&#x017F;prechen ein gro&#x017F;&#x017F;e Be&#x017F;&#x017F;e-<lb/>
rung/ warumb wolte&#x017F;t du ihnen dann &#x017F;olchen noch<lb/>
la&#x0364;nger verweigern ko&#x0364;nnen? Ja/ antwortet <hi rendition="#fr">Jupiter,</hi><lb/>
&#x017F;ie &#x017F;euffzen wol/ aber nit meinet-&#x017F;ondern ihrentwil-<lb/>
len; Nicht/ daß jeder unter &#x017F;einem Wein&#x017F;tock und<lb/>
Feigenbaum Gott loben/ &#x017F;ondern daß &#x017F;ie deren edle<lb/>
Fru&#x0364;chten mit guter Ruhe/ und in allem Wollu&#x017F;t ge-<lb/>
nie&#x017F;&#x017F;en mo&#x0364;chten; Jch fragte neulich einen grindigen<lb/>
Schneider/ ob ich den Frieden geben &#x017F;olte? Aber er<lb/>
antwortet mir/ was er &#x017F;ich drumb geheye/ er mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e<lb/>
&#x017F;o wol zu Kriegs- als Friedenszeiten mit der &#x017F;ta&#x0364;hler-<lb/>
nen Stange fechten: Ein &#x017F;olche Antwort kriegte ich<lb/>
auch von einem Rothgie&#x017F;&#x017F;er/ der &#x017F;agte/ wenn er im<lb/>
Frieden keine Glocken zu gie&#x017F;&#x017F;en ha&#x0364;tte/ &#x017F;o ha&#x0364;tte er im<lb/>
Krieg genug mit Stu&#x0364;cken und Feuermo&#x0364;r&#x017F;eln zu thun.<lb/>
Al&#x017F;o antwortet mir auch ein Schmid/ und &#x017F;agte/<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Y vij</fw><fw place="bottom" type="catch">habe</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[515/0521] Fuͤnfftes Buch. curi, die uͤbrig verbliebene/ die den elenden Jammer mit ihren Augen angeſehen/ haben ſich nit allein nit gebeſſert/ ſondern ſeynd viel aͤrger worden als ſie zuvor jemals geweſen! haben ſie ſich nun wegen ſo vieler ſcharpffen Heimſuchungen nit bekehrt/ ſondern unter ſo ſchwerem Creutz und Truͤbſalen gottlos zu leben nicht auffgehoͤret/ was werden ſie dann erſt thun/ wann ich ihnen den wol-luſtbarlichen guͤldenen Frieden wieder zuſendete? Jch muͤſte ſorgen/ daß ſie mir wie hiebevor die Riſen gethan/ den Himmel abzuſtuͤrmen unterſtehen wuͤrden; aber ich will ſol- chem Muthwillen wol bey Zeit ſteuren/ und ſie im Krieg hocken laſſen. Weil ich nun wuſte/ wie man dieſem Gott lau- ſen muſte/ wann man ihn recht ſtimmen wolte/ ſagte ich: Ach groſſer Gott/ es ſeuffzet aber alle Welt nach dem Frieden/ und verſprechen ein groſſe Beſſe- rung/ warumb wolteſt du ihnen dann ſolchen noch laͤnger verweigern koͤnnen? Ja/ antwortet Jupiter, ſie ſeuffzen wol/ aber nit meinet-ſondern ihrentwil- len; Nicht/ daß jeder unter ſeinem Weinſtock und Feigenbaum Gott loben/ ſondern daß ſie deren edle Fruͤchten mit guter Ruhe/ und in allem Wolluſt ge- nieſſen moͤchten; Jch fragte neulich einen grindigen Schneider/ ob ich den Frieden geben ſolte? Aber er antwortet mir/ was er ſich drumb geheye/ er muͤſſe ſo wol zu Kriegs- als Friedenszeiten mit der ſtaͤhler- nen Stange fechten: Ein ſolche Antwort kriegte ich auch von einem Rothgieſſer/ der ſagte/ wenn er im Frieden keine Glocken zu gieſſen haͤtte/ ſo haͤtte er im Krieg genug mit Stuͤcken und Feuermoͤrſeln zu thun. Alſo antwortet mir auch ein Schmid/ und ſagte/ habe Y vij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der angegebene Verlag (Fillion) ist fiktiv. Die k… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/521
Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 515. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/521>, abgerufen am 26.06.2024.