German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.Viertes Buch. derhalben/ Woher ihm solche Zeichen kämen? mitdem Anhang/ ob er mir gleichwol seinen gantzen Le- benslauff erzehle/ daß ich jedoch ohnschwer abnem- men müsse/ er verschweige mir das beste Theil/ weil er mir noch nicht gesagt/ wer ihn so gezeichnet hätte; Ach Bruder/ antwortete er/ wenn ich dir alle meine Bubenstück und Schelmerey erzehlen solte/ so würde deydes mir und dir die Zeit zu lang werden/ damit du aber gleichwol sehest/ daß ich dir von meinen Be- gegnussen nichts verhele/ so will ich dir hievon auch die Warheit sagen/ ob es schon scheinet/ als gereiche es mir zum Spott. Jch glaude gäntzlich/ daß ich von Mutterleib an leiden
Viertes Buch. derhalben/ Woher ihm ſolche Zeichen kaͤmen? mitdem Anhang/ ob er mir gleichwol ſeinen gantzen Le- benslauff erzehle/ daß ich jedoch ohnſchwer abnem- men muͤſſe/ er verſchweige mir das beſte Theil/ weil er mir noch nicht geſagt/ wer ihn ſo gezeichnet haͤtte; Ach Bruder/ antwortete er/ wenn ich dir alle meine Bubenſtuͤck und Schelmerey erzehlen ſolte/ ſo wuͤrde deydes mir und dir die Zeit zu lang werden/ damit du aber gleichwol ſeheſt/ daß ich dir von meinen Be- gegnuſſen nichts verhele/ ſo will ich dir hievon auch die Warheit ſagen/ ob es ſchon ſcheinet/ als gereiche es mir zum Spott. Jch glaude gaͤntzlich/ daß ich von Mutterleib an leiden
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Viertes Buch.
derhalben/ Woher ihm ſolche Zeichen kaͤmen? mit
dem Anhang/ ob er mir gleichwol ſeinen gantzen Le-
benslauff erzehle/ daß ich jedoch ohnſchwer abnem-
men muͤſſe/ er verſchweige mir das beſte Theil/ weil
er mir noch nicht geſagt/ wer ihn ſo gezeichnet haͤtte;
Ach Bruder/ antwortete er/ wenn ich dir alle meine
Bubenſtuͤck und Schelmerey erzehlen ſolte/ ſo wuͤrde
deydes mir und dir die Zeit zu lang werden/ damit
du aber gleichwol ſeheſt/ daß ich dir von meinen Be-
gegnuſſen nichts verhele/ ſo will ich dir hievon auch
die Warheit ſagen/ ob es ſchon ſcheinet/ als gereiche
es mir zum Spott.
Jch glaude gaͤntzlich/ daß ich von Mutterleib an
zu einem gezeichneten Angeſicht prædeſtiniret gewe-
ſen ſeye/ dann gleich in meiner Jugend wurde ich
von meines gleichen Schuͤler-Jungen ſo zerkratzt/
wenn ich mit ihnen ropffte; ſo hielte mich auch einer
von denen Teuffeln/ die dem Jaͤger von Soeſt auff-
warteten/ uͤberauß hart/ maſſen man ſeine Klauen
wol 6. Wochen in meinem Geſicht ſpuͤrte/ aber ſol-
ches heylete ich wieder alles ſauber hinweg/ die Strie-
men aber/ die du jetzt noch in meinem Angeſicht ſiheſt/
haben einen andern/ und zwar dieſen Urſprung: Als
ich noch unter den Schweden in Pommern in dem
Quartier lag/ und eine ſchoͤne Matreſſe hatte/ muſte
mein Wirth auß ſeinem Bett weichen/ und uns hin-
ein ligen laſſen/ ſeine Katz die auch alle Abend in dem-
ſelbigen Bette zu ſchlaffen gewohnt war/ kam alle
Nacht/ und machte uns groſſe Ungelegenheit/ in
dem ſie ihre ordentliche Ligerſtatt nit ſo ſchlechtlich
entheren wolte/ wie ihr Herꝛ und Frau gethan; ſol-
ches verdroß meine Matreſſe (die ohne das keine Katz
leiden
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