Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

Bild:
<< vorherige Seite

Deß Abentheurl. Simplicissimi
mir auch bey dem gemeinen Mann ein gutes Lob zu
machen/ damit man mich vor keinen kahlen Bern-
heuter hielte; liesse derowegen in Gegenwart mei-
nes Haußwirths meinen Knecht vor mich kommen/
zu demselben sagte ich: Lieber Niclas/ du hast mir
mehr Treu erwiesen/ als ein Herr seinem Knecht zu-
muthen darff/ nun aber da ichs umb dich nicht zu ver-
schulden weiß/ weil ich dieser Zeit keinen Herrn/ und
also auch keinen Krieg habe/ daß ich etwas erobern
könte/ dich zu belohnen/ wie mirs wol anstünde; zu-
mal auch wegen meines stillen Lebens/ das ich hinfort
zu führen gedencke/ keinen Knecht mehr zu halten be-
dacht/ als gebe ich dir hiemit vor deinen Lohn das
ander Pferd/ sampt Sattel/ Zeug und Pistolen/ mit
Bitt/ du wollest damit vor lieb nehmen/ und dir vor
dißmal einen andern Herrn suchen/ kan ich dir ins
künfftig in etwas bedient seyn/ so magstu jederzeit
mich drumb ersuchen. Hierauff küßte er mir die Händ/
und konte vor weynen schier nicht reden/ wolte auch
durchauß das Pferd nicht nemmen/ sondern hielte vor
desser/ ich solte es versildern/ und zu meinem Unter-
halt gebrauchen/ zuletzt überredt ich ihn doch/ daß
ers annam/ nachdem ich ihm versprochen/ ihn wie-
der in Dienst zu nehmen/ so bald ich jemand brauchte.
Uber diesem Abscheid wurde mein Hauß-Vatter so
mitleidig/ daß ihm auch die Augen übergiengen/ und
gleich wie mich mein Knecht bey der Soldatesca, also
erhub mich mein Haußvatter bey der Burgerschafft/
wegen dieser That mit grossem Lob über alle schwan-
gere Baurn; der Commandant hielte mich vor ei-
nen so resoluten Kerl/ daß er auch getraute Schlösser
auff meine Paroln zu bauen/ weil ich meinen Ayd/

dem

Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
mir auch bey dem gemeinen Mann ein gutes Lob zu
machen/ damit man mich vor keinen kahlen Bern-
heuter hielte; lieſſe derowegen in Gegenwart mei-
nes Haußwirths meinen Knecht vor mich kommen/
zu demſelben ſagte ich: Lieber Niclas/ du haſt mir
mehr Treu erwieſen/ als ein Herꝛ ſeinem Knecht zu-
muthen darff/ nun aber da ichs umb dich nicht zu ver-
ſchulden weiß/ weil ich dieſer Zeit keinen Herꝛn/ und
alſo auch keinen Krieg habe/ daß ich etwas erobern
koͤnte/ dich zu belohnen/ wie mirs wol anſtuͤnde; zu-
mal auch wegen meines ſtillen Lebens/ das ich hinfoꝛt
zu fuͤhren gedencke/ keinen Knecht mehr zu halten be-
dacht/ als gebe ich dir hiemit vor deinen Lohn das
ander Pferd/ ſampt Sattel/ Zeug und Piſtolen/ mit
Bitt/ du wolleſt damit vor lieb nehmen/ und dir vor
dißmal einen andern Herꝛn ſuchen/ kan ich dir ins
kuͤnfftig in etwas bedient ſeyn/ ſo magſtu jederzeit
mich drumb erſuchen. Hierauff kuͤßte er mir die Haͤnd/
und konte vor weynen ſchier nicht reden/ wolte auch
durchauß das Pferd nicht nem̃en/ ſondern hielte vor
deſſer/ ich ſolte es verſildern/ und zu meinem Unter-
halt gebrauchen/ zuletzt uͤberꝛedt ich ihn doch/ daß
ers annam/ nachdem ich ihm verſprochen/ ihn wie-
der in Dienſt zu nehmen/ ſo bald ich jemand brauchte.
Uber dieſem Abſcheid wurde mein Hauß-Vatter ſo
mitleidig/ daß ihm auch die Augen uͤbergiengen/ und
gleich wie mich mein Knecht bey der Soldateſca, alſo
erhub mich mein Haußvatter bey der Burgerſchafft/
wegen dieſer That mit groſſem Lob uͤber alle ſchwan-
gere Baurn; der Commandant hielte mich vor ei-
nen ſo reſoluten Kerl/ daß er auch getraute Schloͤſſer
auff meine Paroln zu bauen/ weil ich meinen Ayd/

dem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0348" n="342"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Deß Abentheurl. <hi rendition="#aq">Simplici&#x017F;&#x017F;imi</hi></hi></fw><lb/>
mir auch bey dem gemeinen Mann ein gutes Lob zu<lb/>
machen/ damit man mich vor keinen kahlen Bern-<lb/>
heuter hielte; lie&#x017F;&#x017F;e derowegen in Gegenwart mei-<lb/>
nes Haußwirths meinen Knecht vor mich kommen/<lb/>
zu dem&#x017F;elben &#x017F;agte ich: Lieber Niclas/ du ha&#x017F;t mir<lb/>
mehr Treu erwie&#x017F;en/ als ein Her&#xA75B; &#x017F;einem Knecht zu-<lb/>
muthen darff/ nun aber da ichs umb dich nicht zu ver-<lb/>
&#x017F;chulden weiß/ weil ich die&#x017F;er Zeit keinen Her&#xA75B;n/ und<lb/>
al&#x017F;o auch keinen Krieg habe/ daß ich etwas erobern<lb/>
ko&#x0364;nte/ dich zu belohnen/ wie mirs wol an&#x017F;tu&#x0364;nde; zu-<lb/>
mal auch wegen meines &#x017F;tillen Lebens/ das ich hinfo&#xA75B;t<lb/>
zu fu&#x0364;hren gedencke/ keinen Knecht mehr zu halten be-<lb/>
dacht/ als gebe ich dir hiemit vor deinen Lohn das<lb/>
ander Pferd/ &#x017F;ampt Sattel/ Zeug und Pi&#x017F;tolen/ mit<lb/>
Bitt/ du wolle&#x017F;t damit vor lieb nehmen/ und dir vor<lb/>
dißmal einen andern Her&#xA75B;n &#x017F;uchen/ kan ich dir ins<lb/>
ku&#x0364;nfftig in etwas bedient &#x017F;eyn/ &#x017F;o mag&#x017F;tu jederzeit<lb/>
mich drumb er&#x017F;uchen. Hierauff ku&#x0364;ßte er mir die Ha&#x0364;nd/<lb/>
und konte vor weynen &#x017F;chier nicht reden/ wolte auch<lb/>
durchauß das Pferd nicht nem&#x0303;en/ &#x017F;ondern hielte vor<lb/>
de&#x017F;&#x017F;er/ ich &#x017F;olte es ver&#x017F;ildern/ und zu meinem Unter-<lb/>
halt gebrauchen/ zuletzt u&#x0364;ber&#xA75B;edt ich ihn doch/ daß<lb/>
ers annam/ nachdem ich ihm ver&#x017F;prochen/ ihn wie-<lb/>
der in Dien&#x017F;t zu nehmen/ &#x017F;o bald ich jemand brauchte.<lb/>
Uber die&#x017F;em Ab&#x017F;cheid wurde mein Hauß-Vatter &#x017F;o<lb/>
mitleidig/ daß ihm auch die Augen u&#x0364;bergiengen/ und<lb/>
gleich wie mich mein Knecht bey der <hi rendition="#aq">Soldate&#x017F;ca,</hi> al&#x017F;o<lb/>
erhub mich mein Haußvatter bey der Burger&#x017F;chafft/<lb/>
wegen die&#x017F;er That mit gro&#x017F;&#x017F;em Lob u&#x0364;ber alle &#x017F;chwan-<lb/>
gere Baurn; der <hi rendition="#aq">Commandant</hi> hielte mich vor ei-<lb/>
nen &#x017F;o <hi rendition="#aq">re&#x017F;olut</hi>en Kerl/ daß er auch getraute Schlo&#x0364;&#x017F;&#x017F;er<lb/>
auff meine <hi rendition="#aq">Paroln</hi> zu bauen/ weil ich meinen Ayd/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dem</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[342/0348] Deß Abentheurl. Simpliciſſimi mir auch bey dem gemeinen Mann ein gutes Lob zu machen/ damit man mich vor keinen kahlen Bern- heuter hielte; lieſſe derowegen in Gegenwart mei- nes Haußwirths meinen Knecht vor mich kommen/ zu demſelben ſagte ich: Lieber Niclas/ du haſt mir mehr Treu erwieſen/ als ein Herꝛ ſeinem Knecht zu- muthen darff/ nun aber da ichs umb dich nicht zu ver- ſchulden weiß/ weil ich dieſer Zeit keinen Herꝛn/ und alſo auch keinen Krieg habe/ daß ich etwas erobern koͤnte/ dich zu belohnen/ wie mirs wol anſtuͤnde; zu- mal auch wegen meines ſtillen Lebens/ das ich hinfoꝛt zu fuͤhren gedencke/ keinen Knecht mehr zu halten be- dacht/ als gebe ich dir hiemit vor deinen Lohn das ander Pferd/ ſampt Sattel/ Zeug und Piſtolen/ mit Bitt/ du wolleſt damit vor lieb nehmen/ und dir vor dißmal einen andern Herꝛn ſuchen/ kan ich dir ins kuͤnfftig in etwas bedient ſeyn/ ſo magſtu jederzeit mich drumb erſuchen. Hierauff kuͤßte er mir die Haͤnd/ und konte vor weynen ſchier nicht reden/ wolte auch durchauß das Pferd nicht nem̃en/ ſondern hielte vor deſſer/ ich ſolte es verſildern/ und zu meinem Unter- halt gebrauchen/ zuletzt uͤberꝛedt ich ihn doch/ daß ers annam/ nachdem ich ihm verſprochen/ ihn wie- der in Dienſt zu nehmen/ ſo bald ich jemand brauchte. Uber dieſem Abſcheid wurde mein Hauß-Vatter ſo mitleidig/ daß ihm auch die Augen uͤbergiengen/ und gleich wie mich mein Knecht bey der Soldateſca, alſo erhub mich mein Haußvatter bey der Burgerſchafft/ wegen dieſer That mit groſſem Lob uͤber alle ſchwan- gere Baurn; der Commandant hielte mich vor ei- nen ſo reſoluten Kerl/ daß er auch getraute Schloͤſſer auff meine Paroln zu bauen/ weil ich meinen Ayd/ dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der angegebene Verlag (Fillion) ist fiktiv. Die k… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/348
Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/348>, abgerufen am 22.11.2024.