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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Deß Abentheurl. Simplicissimi
ich mir deß Orts Gelegenheit beydes offensive und
defensive zu nutz machen könte. Zu solchem End
ritte ich einsmals ohnweit der Statt bey einem alten
Gemäur vorüber/ darauff vor Zeiten ein Hauß ge-
standen; Jm ersten Anblick gedachte ich/ diß wäre
ein gelegener Ort darinn auffzupassen/ oder sich da-
hin zu retirirn/ sonderlich vor uns Dragoner/ wenn
wir von Reutern übermannt und gejagt werden sol-
ten: Jch [r]itte in den Hof/ dessen Gemäur zimlich
verfallen war/ zu sehen/ ob man sich auch auff den
Nothfall zu Pferd dahin salvirn/ und wie man sich zu
Fuß darauß wehren könte. Als ich nun zu solchem
End alles genau besichtigen/ und bey dem Keller/
dessen Gemäur noch rund umbher auffrecht stunde/
vorüber reuten wolte/ konte ich mein Pferd/ welches
sonst im geringsten nichts scheuete/ weder mit Lieb
noch Leyd nicht hinbringen/ wo ichs hin wolte/ ich
sporte es/ daß michs daurte/ aber es halff nichts!
ich stieb ab/ und führt es an der Hand die verfallene
Keller-Stegen hinunder/ worvon es doch scheuete/
damit ich mich ein ander mal darnach richten könte;
Aber es huffte zurück/ so sehr es immer mochte/ doch
brachte ichs endlich mit guten Worten und Strei-
chen hinunder/ und in dem ichs striche/ und ihm lieb-
koste/ wurde ich gewahr/ daß es vor Angst schwitzte/
und die Augen stets in ein Eck deß Kellers richtete/
dahin es am allerwenigsten wolte/ und ich auch das
geringste nicht sahe/ darob der schlimste Kollerer hät-
te Wetterläunisch werden mögen. Als ich nun so mit
Verwunderung da stunde/ und dem Pferd zusahe/
wie es vor Forcht zitterte/ kam mich auch ein solches
Grausen an/ daß mir nicht anderst wurde/ als ob

man

Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
ich mir deß Orts Gelegenheit beydes offenſivè und
defenſivè zu nutz machen koͤnte. Zu ſolchem End
ritte ich einsmals ohnweit der Statt bey einem alten
Gemaͤur voruͤber/ darauff vor Zeiten ein Hauß ge-
ſtanden; Jm erſten Anblick gedachte ich/ diß waͤre
ein gelegener Ort darinn auffzupaſſen/ oder ſich da-
hin zu retirirn/ ſonderlich vor uns Dragoner/ wenn
wir von Reutern uͤbermannt und gejagt werden ſol-
ten: Jch [r]itte in den Hof/ deſſen Gemaͤur zimlich
verfallen war/ zu ſehen/ ob man ſich auch auff den
Nothfall zu Pferd dahin ſalvirn/ und wie man ſich zu
Fuß darauß wehren koͤnte. Als ich nun zu ſolchem
End alles genau beſichtigen/ und bey dem Keller/
deſſen Gemaͤur noch rund umbher auffrecht ſtunde/
voruͤber reuten wolte/ konte ich mein Pferd/ welches
ſonſt im geringſten nichts ſcheuete/ weder mit Lieb
noch Leyd nicht hinbringen/ wo ichs hin wolte/ ich
ſporte es/ daß michs daurte/ aber es halff nichts!
ich ſtieb ab/ und fuͤhrt es an der Hand die verfallene
Keller-Stegen hinunder/ worvon es doch ſcheuete/
damit ich mich ein ander mal darnach richten koͤnte;
Aber es huffte zuruͤck/ ſo ſehr es immer mochte/ doch
brachte ichs endlich mit guten Worten und Strei-
chen hinunder/ und in dem ichs ſtriche/ und ihm lieb-
koſte/ wurde ich gewahr/ daß es vor Angſt ſchwitzte/
und die Augen ſtets in ein Eck deß Kellers richtete/
dahin es am allerwenigſten wolte/ und ich auch das
geringſte nicht ſahe/ darob der ſchlimſte Kollerer haͤt-
te Wetterlaͤuniſch werden moͤgen. Als ich nun ſo mit
Verwunderung da ſtunde/ und dem Pferd zuſahe/
wie es vor Forcht zitterte/ kam mich auch ein ſolches
Grauſen an/ daß mir nicht anderſt wurde/ als ob

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[318/0324] Deß Abentheurl. Simpliciſſimi ich mir deß Orts Gelegenheit beydes offenſivè und defenſivè zu nutz machen koͤnte. Zu ſolchem End ritte ich einsmals ohnweit der Statt bey einem alten Gemaͤur voruͤber/ darauff vor Zeiten ein Hauß ge- ſtanden; Jm erſten Anblick gedachte ich/ diß waͤre ein gelegener Ort darinn auffzupaſſen/ oder ſich da- hin zu retirirn/ ſonderlich vor uns Dragoner/ wenn wir von Reutern uͤbermannt und gejagt werden ſol- ten: Jch ritte in den Hof/ deſſen Gemaͤur zimlich verfallen war/ zu ſehen/ ob man ſich auch auff den Nothfall zu Pferd dahin ſalvirn/ und wie man ſich zu Fuß darauß wehren koͤnte. Als ich nun zu ſolchem End alles genau beſichtigen/ und bey dem Keller/ deſſen Gemaͤur noch rund umbher auffrecht ſtunde/ voruͤber reuten wolte/ konte ich mein Pferd/ welches ſonſt im geringſten nichts ſcheuete/ weder mit Lieb noch Leyd nicht hinbringen/ wo ichs hin wolte/ ich ſporte es/ daß michs daurte/ aber es halff nichts! ich ſtieb ab/ und fuͤhrt es an der Hand die verfallene Keller-Stegen hinunder/ worvon es doch ſcheuete/ damit ich mich ein ander mal darnach richten koͤnte; Aber es huffte zuruͤck/ ſo ſehr es immer mochte/ doch brachte ichs endlich mit guten Worten und Strei- chen hinunder/ und in dem ichs ſtriche/ und ihm lieb- koſte/ wurde ich gewahr/ daß es vor Angſt ſchwitzte/ und die Augen ſtets in ein Eck deß Kellers richtete/ dahin es am allerwenigſten wolte/ und ich auch das geringſte nicht ſahe/ darob der ſchlimſte Kollerer haͤt- te Wetterlaͤuniſch werden moͤgen. Als ich nun ſo mit Verwunderung da ſtunde/ und dem Pferd zuſahe/ wie es vor Forcht zitterte/ kam mich auch ein ſolches Grauſen an/ daß mir nicht anderſt wurde/ als ob man

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/324>, abgerufen am 25.11.2024.