German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.Deß Abentheurl. Simplicissimi del bey nahe verderbt/ weil er sagte: Und alsdannwirds in Teutschland hergehen wie im Schlauraf- fenland/ da es lauter Muscateller regnet/ und die Creutzer-Pastetlein über Nacht wie die Pfifferling wachsen! da werde ich mit beyden Backen fressen müssen wie ein Drescher/ und Malvaster sauffen/ daß mir die Augen übergehen. Ja freylich/ antwortet Jupiter, vornemlich wenn ich dir die Plag Erisichto- nis anhencken würde/ weil du/ wie mich düncken will/ meine Hodeit verspottest; Zu mir aber sagte er/ ich habe vermeynt/ ich sey bey lauter Sylvanis, so sehe ich aber wol/ daß ich den neidigen Momum oder Zoilum angetroffen habe; Ja man solte solchen Verräthern das was der Himmel beschlossen/ offenbaren/ und so edle Perlen vor die Säu werffen/ ja freylich/ auff den Buckel geschissen vor ein Brust-tuch! Jch ge- dachte/ diß ist mir wol ein visierlicher und unflätiger Abgott/ weil er neben so bohen Dingen auch mit so weicher Materi umbgehet. Jch sahe wol/ daß er nicht gern hatte/ daß man lachte/ verbiß es derowegen so gut als ich immer konte/ und sagte zu ihm: Allergü- tigster Jove, du wirst ja eines groben Waldgotts Un- bescheidenheit halber deinem andern Ganymede nicht verhalten/ wie es weiter in Teutschland hergehen wird? O Nein/ antwortet er/ aber befehle zuvor die- sem Theoni, daß er seine Hipponacis Zunge fürter- hin im Zaum halten solle/ ehe ich ihn (wie Mercurius den Battum) in einen Stein verwandele; Du selbst aber gestehe mir/ daß du mein Ganymedes seyest/ und ob dich nicht mein eyfersichtiger Juno in meiner Ab- wesenheit auß dem himmlischen Reich gejaget habe? Jch versprach ihm alles zu erzehlen/ da ich zuvor ge- hört
Deß Abentheurl. Simpliciſſimi del bey nahe verderbt/ weil er ſagte: Und alsdannwirds in Teutſchland hergehen wie im Schlauraf- fenland/ da es lauter Muſcateller regnet/ und die Creutzer-Paſtetlein uͤber Nacht wie die Pfifferling wachſen! da werde ich mit beyden Backen freſſen muͤſſen wie ein Dreſcher/ und Malvaſter ſauffen/ daß mir die Augen uͤbergehen. Ja freylich/ antwortet Jupiter, vornemlich wenn ich dir die Plag Eriſichto- nis anhencken wuͤrde/ weil du/ wie mich duͤncken will/ meine Hodeit verſpotteſt; Zu mir aber ſagte er/ ich habe vermeynt/ ich ſey bey lauter Sylvanis, ſo ſehe ich aber wol/ daß ich den neidigen Momum oder Zoilum angetroffen habe; Ja man ſolte ſolchen Verꝛaͤthern das was der Himmel beſchloſſen/ offenbaren/ und ſo edle Perlen vor die Saͤu werffen/ ja freylich/ auff den Buckel geſchiſſen vor ein Bruſt-tuch! Jch ge- dachte/ diß iſt mir wol ein viſierlicher und unflaͤtiger Abgott/ weil er neben ſo bohen Dingen auch mit ſo weicher Materi umbgehet. Jch ſahe wol/ daß er nicht gern hatte/ daß man lachte/ verbiß es derowegen ſo gut als ich immer konte/ und ſagte zu ihm: Allerguͤ- tigſter Jove, du wirſt ja eines groben Waldgotts Un- beſcheidenheit halber deinem andern Ganymede nicht verhalten/ wie es weiter in Teutſchland hergehen wird? O Nein/ antwortet er/ aber befehle zuvor die- ſem Theoni, daß er ſeine Hipponacis Zunge fuͤrter- hin im Zaum halten ſolle/ ehe ich ihn (wie Mercurius den Battum) in einen Stein verwandele; Du ſelbſt aber geſtehe mir/ daß du mein Ganymedes ſeyeſt/ und ob dich nicht mein eyferſichtiger Juno in meiner Ab- weſenheit auß dem himmliſchen Reich gejaget habe? Jch verſprach ihm alles zu erzehlen/ da ich zuvor ge- hoͤrt
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Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
del bey nahe verderbt/ weil er ſagte: Und alsdann
wirds in Teutſchland hergehen wie im Schlauraf-
fenland/ da es lauter Muſcateller regnet/ und die
Creutzer-Paſtetlein uͤber Nacht wie die Pfifferling
wachſen! da werde ich mit beyden Backen freſſen
muͤſſen wie ein Dreſcher/ und Malvaſter ſauffen/ daß
mir die Augen uͤbergehen. Ja freylich/ antwortet
Jupiter, vornemlich wenn ich dir die Plag Eriſichto-
nis anhencken wuͤrde/ weil du/ wie mich duͤncken will/
meine Hodeit verſpotteſt; Zu mir aber ſagte er/ ich
habe vermeynt/ ich ſey bey lauter Sylvanis, ſo ſehe ich
aber wol/ daß ich den neidigen Momum oder Zoilum
angetroffen habe; Ja man ſolte ſolchen Verꝛaͤthern
das was der Himmel beſchloſſen/ offenbaren/ und ſo
edle Perlen vor die Saͤu werffen/ ja freylich/ auff
den Buckel geſchiſſen vor ein Bruſt-tuch! Jch ge-
dachte/ diß iſt mir wol ein viſierlicher und unflaͤtiger
Abgott/ weil er neben ſo bohen Dingen auch mit ſo
weicher Materi umbgehet. Jch ſahe wol/ daß er nicht
gern hatte/ daß man lachte/ verbiß es derowegen ſo
gut als ich immer konte/ und ſagte zu ihm: Allerguͤ-
tigſter Jove, du wirſt ja eines groben Waldgotts Un-
beſcheidenheit halber deinem andern Ganymede nicht
verhalten/ wie es weiter in Teutſchland hergehen
wird? O Nein/ antwortet er/ aber befehle zuvor die-
ſem Theoni, daß er ſeine Hipponacis Zunge fuͤrter-
hin im Zaum halten ſolle/ ehe ich ihn (wie Mercurius
den Battum) in einen Stein verwandele; Du ſelbſt
aber geſtehe mir/ daß du mein Ganymedes ſeyeſt/ und
ob dich nicht mein eyferſichtiger Juno in meiner Ab-
weſenheit auß dem himmliſchen Reich gejaget habe?
Jch verſprach ihm alles zu erzehlen/ da ich zuvor ge-
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Zitationshilfe: | German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/290>, abgerufen am 16.02.2025. |