German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.Deß Abentheurl. Simplicissimi welche zwey Wachsliechter in den Händen/ undeinen Weyhwasser-Kessel am Armtrug/ er selbsten aber war mit dem Chor-Rock bewaffnet/ sampt den Stollen/ und hatte den Sprengel in der einen/ und ein Buch in der andern Hand/ auß demselben fienge er an mich zu exorciren/ fragende: Wer ich seye/ und was ich da zu schaffen hätte? Weil er mich dann nun vor den Teuffel selbst hielte/ so gedachte ich/ es wäre billich/ daß ich auch wie der Teuffel thäte/ daß ich mich mit Lügen behülffe/ antwortet dero- wegen: Jch bin der Teuffel/ und will dir und deiner Köchin die Häls umbdrähen! Er fuhr mit seinem Exorcismo weiter fort/ und hielte mir vor/ daß ich weder mit ihm noch seiner Köchin nichts zu schaffen hätte/ hiesse mich auch mit der allerhöchsten Be- schwörung wieder hinfahren/ wo ich herkommen wäre; Jch aber antwortet mit gantz förchterlicher Stimm/ daß solches unmüglich seye/ wenn ich schon gern wolte. Jndessen hatte Spring ins-feld/ der ein abgefäumter Ertz-Vogel war/ und kein Latein ver- stunde/ seine seltzame Tausendhändel auff dem Dach/ dann da er hörete/ umb welche Zeit es in der Küchen war/ daß ich mich nemlich vor den Teuffel außgab/ mich auch der Geistliche also hielte/ wixte er wie eine Eul/ bellete wie ein Hund/ wiherte wie ein Pferd/ plehckte wie ein Geißbock/ schrye wie ein Esel/ und liesse sich bald durch den Kamin herunder hören wie ein Hauffen Katzen/ die im Hornung ram- meln; bald wie eine Henne die legen wolte/ dann dieser Kerl konte aller Thier Stimme nachmachen/ und wann er wolte/ so natürlich heulen/ als ob ein gantzer Hauffen Wölff beyeinander gewesen wäre. Solches
Deß Abentheurl. Simpliciſſimi welche zwey Wachsliechter in den Haͤnden/ undeinen Weyhwaſſer-Keſſel am Armtrug/ er ſelbſten aber war mit dem Chor-Rock bewaffnet/ ſampt den Stollen/ und hatte den Sprengel in der einen/ und ein Buch in der andern Hand/ auß demſelben fienge er an mich zu exorciren/ fragende: Wer ich ſeye/ und was ich da zu ſchaffen haͤtte? Weil er mich dann nun vor den Teuffel ſelbſt hielte/ ſo gedachte ich/ es waͤre billich/ daß ich auch wie der Teuffel thaͤte/ daß ich mich mit Luͤgen behuͤlffe/ antwortet dero- wegen: Jch bin der Teuffel/ und will dir und deiner Koͤchin die Haͤls umbdraͤhen! Er fuhr mit ſeinem Exorciſmo weiter fort/ und hielte mir vor/ daß ich weder mit ihm noch ſeiner Koͤchin nichts zu ſchaffen haͤtte/ hieſſe mich auch mit der allerhoͤchſten Be- ſchwoͤrung wieder hinfahren/ wo ich herkommen waͤre; Jch aber antwortet mit gantz foͤrchterlicher Stimm/ daß ſolches unmuͤglich ſeye/ wenn ich ſchon gern wolte. Jndeſſen hatte Spring ins-feld/ der ein abgefaͤumter Ertz-Vogel war/ und kein Latein ver- ſtunde/ ſeine ſeltzame Tauſendhaͤndel auff dem Dach/ dann da er hoͤrete/ umb welche Zeit es in der Kuͤchen war/ daß ich mich nemlich vor den Teuffel außgab/ mich auch der Geiſtliche alſo hielte/ wixte er wie eine Eul/ bellete wie ein Hund/ wiherte wie ein Pferd/ plehckte wie ein Geißbock/ ſchrye wie ein Eſel/ und lieſſe ſich bald durch den Kamin herunder hoͤren wie ein Hauffen Katzen/ die im Hornung ram- meln; bald wie eine Henne die legen wolte/ dann dieſer Kerl konte aller Thier Stimme nachmachen/ und wann er wolte/ ſo natuͤrlich heulen/ als ob ein gantzer Hauffen Woͤlff beyeinander geweſen waͤre. Solches
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Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
welche zwey Wachsliechter in den Haͤnden/ und
einen Weyhwaſſer-Keſſel am Armtrug/ er ſelbſten
aber war mit dem Chor-Rock bewaffnet/ ſampt den
Stollen/ und hatte den Sprengel in der einen/ und
ein Buch in der andern Hand/ auß demſelben fienge
er an mich zu exorciren/ fragende: Wer ich ſeye/
und was ich da zu ſchaffen haͤtte? Weil er mich dann
nun vor den Teuffel ſelbſt hielte/ ſo gedachte ich/ es
waͤre billich/ daß ich auch wie der Teuffel thaͤte/
daß ich mich mit Luͤgen behuͤlffe/ antwortet dero-
wegen: Jch bin der Teuffel/ und will dir und deiner
Koͤchin die Haͤls umbdraͤhen! Er fuhr mit ſeinem
Exorciſmo weiter fort/ und hielte mir vor/ daß ich
weder mit ihm noch ſeiner Koͤchin nichts zu ſchaffen
haͤtte/ hieſſe mich auch mit der allerhoͤchſten Be-
ſchwoͤrung wieder hinfahren/ wo ich herkommen
waͤre; Jch aber antwortet mit gantz foͤrchterlicher
Stimm/ daß ſolches unmuͤglich ſeye/ wenn ich ſchon
gern wolte. Jndeſſen hatte Spring ins-feld/ der ein
abgefaͤumter Ertz-Vogel war/ und kein Latein ver-
ſtunde/ ſeine ſeltzame Tauſendhaͤndel auff dem Dach/
dann da er hoͤrete/ umb welche Zeit es in der Kuͤchen
war/ daß ich mich nemlich vor den Teuffel außgab/
mich auch der Geiſtliche alſo hielte/ wixte er wie
eine Eul/ bellete wie ein Hund/ wiherte wie ein
Pferd/ plehckte wie ein Geißbock/ ſchrye wie ein
Eſel/ und lieſſe ſich bald durch den Kamin herunder
hoͤren wie ein Hauffen Katzen/ die im Hornung ram-
meln; bald wie eine Henne die legen wolte/ dann
dieſer Kerl konte aller Thier Stimme nachmachen/
und wann er wolte/ ſo natuͤrlich heulen/ als ob ein
gantzer Hauffen Woͤlff beyeinander geweſen waͤre.
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Zitationshilfe: | German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/262>, abgerufen am 23.07.2024. |