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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Deß Abentheurl. Simplicissimi

Auff die Sechste/ zu Hanau bey dem Gubernator,
und bey einem Croaten Obrist Corpes genant.

Auff die Stebende/ bey den Croaten hab ich wä-
schen/ bachen und kochen wider meinen Willen müs-
sen lernen/ zu Hanau aber das Lauten schlagen/ weil
ich Lust darzu hatte.

Wie diese meine Außsag geschrieben war/ sagte
er: Wie kanstu leugnen und sagen/ daß du nicht
studirt habest/ da du doch/ als man dich noch vor ei-
nen Narrn bielte/ einem Priester unter währender
Meß auff die Wort/ Domine, non sum dignus, auch
in Latein geantwort/ Er dörffte solches nicht sagen/
man wisse es zuvor wol? Herr/ antwortet ich/ das
haben mich damals andere Leut gelernet/ und mich
überredet/ es seye ein Gebet/ das man bey der Meß
sprechen müsse/ wann unser Caplan den Gottesdienst
verrichte; Ja/ ja/ sagte der Regim. Schultheiß/ ich
sehe dich vor den Rechten an/ dem man die Zung mit
der Folter lösen muß. Jch gedachte/ so helff GOtt!
wanns deinem närrischen Kopff nachgebet.

Am andern Morgen früh kam Befehl vom General
Auditor
an unsern Provosen/ daß er mich wol in acht
nehmen solte/ dann er war gefinnt/ so bald die Armeen
still lägen/ mich selbst zu examiniren/ auff welchen
Fall ich ohne Zweiffel an die Folter gemüst hätte/
wann es Gott nicht anders gefügt. Jn dieser Gefan-
genschafft dachte ich stetigs an meinen Pfarrer zu
Hanau/ und den verstorbenen alten Hertzbruder/
weil sie beyde wahr gesagt/ wie mirs ergehen
würde/ wenn ich wieder auß meinem
Narrnkleid käme.

Das
Deß Abentheurl. Simpliciſſimi

Auff die Sechſte/ zu Hanau bey dem Gubernator,
und bey einem Croaten Obriſt Corpes genant.

Auff die Stebende/ bey den Croaten hab ich waͤ-
ſchen/ bachen und kochen wider meinen Willen muͤſ-
ſen lernen/ zu Hanau aber das Lauten ſchlagen/ weil
ich Luſt darzu hatte.

Wie dieſe meine Außſag geſchrieben war/ ſagte
er: Wie kanſtu leugnen und ſagen/ daß du nicht
ſtudirt habeſt/ da du doch/ als man dich noch vor ei-
nen Narꝛn bielte/ einem Prieſter unter waͤhrender
Meß auff die Wort/ Domine, non ſum dignus, auch
in Latein geantwort/ Er doͤrffte ſolches nicht ſagen/
man wiſſe es zuvor wol? Herꝛ/ antwortet ich/ das
haben mich damals andere Leut gelernet/ und mich
uͤberꝛedet/ es ſeye ein Gebet/ das man bey der Meß
ſprechen muͤſſe/ wann unſer Caplan den Gottesdienſt
verꝛichte; Ja/ ja/ ſagte der Regim. Schultheiß/ ich
ſehe dich vor den Rechten an/ dem man die Zung mit
der Folter loͤſen muß. Jch gedachte/ ſo helff GOtt!
wanns deinem naͤrꝛiſchen Kopff nachgebet.

Am andern Morgen fruͤh kam Befehl vom General
Auditor
an unſern Provoſen/ daß er mich wol in acht
nehmen ſolte/ dann er war gefinnt/ ſo bald die Armeen
ſtill laͤgen/ mich ſelbſt zu examiniren/ auff welchen
Fall ich ohne Zweiffel an die Folter gemuͤſt haͤtte/
wann es Gott nicht anders gefuͤgt. Jn dieſer Gefan-
genſchafft dachte ich ſtetigs an meinen Pfarꝛer zu
Hanau/ und den verſtorbenen alten Hertzbruder/
weil ſie beyde wahr geſagt/ wie mirs ergehen
wuͤrde/ wenn ich wieder auß meinem
Narꝛnkleid kaͤme.

Das
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[230/0236] Deß Abentheurl. Simpliciſſimi Auff die Sechſte/ zu Hanau bey dem Gubernator, und bey einem Croaten Obriſt Corpes genant. Auff die Stebende/ bey den Croaten hab ich waͤ- ſchen/ bachen und kochen wider meinen Willen muͤſ- ſen lernen/ zu Hanau aber das Lauten ſchlagen/ weil ich Luſt darzu hatte. Wie dieſe meine Außſag geſchrieben war/ ſagte er: Wie kanſtu leugnen und ſagen/ daß du nicht ſtudirt habeſt/ da du doch/ als man dich noch vor ei- nen Narꝛn bielte/ einem Prieſter unter waͤhrender Meß auff die Wort/ Domine, non ſum dignus, auch in Latein geantwort/ Er doͤrffte ſolches nicht ſagen/ man wiſſe es zuvor wol? Herꝛ/ antwortet ich/ das haben mich damals andere Leut gelernet/ und mich uͤberꝛedet/ es ſeye ein Gebet/ das man bey der Meß ſprechen muͤſſe/ wann unſer Caplan den Gottesdienſt verꝛichte; Ja/ ja/ ſagte der Regim. Schultheiß/ ich ſehe dich vor den Rechten an/ dem man die Zung mit der Folter loͤſen muß. Jch gedachte/ ſo helff GOtt! wanns deinem naͤrꝛiſchen Kopff nachgebet. Am andern Morgen fruͤh kam Befehl vom General Auditor an unſern Provoſen/ daß er mich wol in acht nehmen ſolte/ dann er war gefinnt/ ſo bald die Armeen ſtill laͤgen/ mich ſelbſt zu examiniren/ auff welchen Fall ich ohne Zweiffel an die Folter gemuͤſt haͤtte/ wann es Gott nicht anders gefuͤgt. Jn dieſer Gefan- genſchafft dachte ich ſtetigs an meinen Pfarꝛer zu Hanau/ und den verſtorbenen alten Hertzbruder/ weil ſie beyde wahr geſagt/ wie mirs ergehen wuͤrde/ wenn ich wieder auß meinem Narꝛnkleid kaͤme. Das

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/236>, abgerufen am 23.11.2024.