German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.Zweytes Buch. solte es seinen Kopff kosten; Er bekam Beyständer/weil er sagte/ daß ich sein versprochene Braut wäre/ diese trugen ein Mitleiden mit mir und ihm/ und be- gehrten ihm Hülff zu leisten/ solches war aber den Jungen/ die besser Recht zu mir zu haben vermeyn- ten/ und ein so gute Beut nicht auß Händen lassen wolten/ allerdings ungelegen/ derowegen gedachten sie Gewalt mit Gewalt abzutreiben/ da fienge man an Stöß außzutheilen von beyden Seiten her/ der Zulauff und der Lermen wurde je länger je grösser/ also daß es schier einem Turnier gleich sahe/ in wel- chem jeder umb einer schönen Damen willen das beste thut. Jhr schröcklich Geschrey lockte den Rumor- Meister herzu/ welcher eben ankam/ als sie mir die Kleider vom Leib gerissen/ und gesehen hatten/ daß ich kein Weibsbild war/ seine Gegenwart machte alles stockstill/ weil er vielmehr geförcht wurde/ als der Teuffel selbst/ auch verstoben alle die jenige/ die widereinander Hand angelegt hatten/ er informirt sich der Sach kurtz/ und in dem ich hoffte/ er würde mich erretten/ nam er mich dargegen gefangen/ weil es ungewöhnlich und fast argwöhnische Sach war/ daß sich ein Mannsbild bey einer Armee in Weiber- Kleidern solte finden lassen/ dergestalt wanderten er und seine Bursch mit mir neben den Regimentern daher (welche alle im Feld stunden/ und marchiren wolten) der Meynung/ mich dem General Auditor oder General Gewaltiger zu überliefern/ da wir aber bey meines Obristen Regiment vorbey wolten/ wur- de ich erkant/ angesprochen/ schlechtlich durch mei- nen Obristen bekleidet/ und unserm alten Provosen gefäng- K vij
Zweytes Buch. ſolte es ſeinen Kopff koſten; Er bekam Beyſtaͤnder/weil er ſagte/ daß ich ſein verſprochene Braut waͤre/ dieſe trugen ein Mitleiden mit mir und ihm/ und be- gehrten ihm Huͤlff zu leiſten/ ſolches war aber den Jungen/ die beſſer Recht zu mir zu haben vermeyn- ten/ und ein ſo gute Beut nicht auß Haͤnden laſſen wolten/ allerdings ungelegen/ derowegen gedachten ſie Gewalt mit Gewalt abzutreiben/ da fienge man an Stoͤß außzutheilen von beyden Seiten her/ der Zulauff und der Lermen wurde je laͤnger je groͤſſer/ alſo daß es ſchier einem Turnier gleich ſahe/ in wel- chem jeder umb einer ſchoͤnen Damen willen das beſte thut. Jhr ſchroͤcklich Geſchrey lockte den Rumor- Meiſter herzu/ welcher eben ankam/ als ſie mir die Kleider vom Leib geriſſen/ und geſehen hatten/ daß ich kein Weibsbild war/ ſeine Gegenwart machte alles ſtockſtill/ weil er vielmehr gefoͤrcht wurde/ als der Teuffel ſelbſt/ auch verſtoben alle die jenige/ die widereinander Hand angelegt hatten/ er informirt ſich der Sach kurtz/ und in dem ich hoffte/ er wuͤrde mich erꝛetten/ nam er mich dargegen gefangen/ weil es ungewoͤhnlich und faſt argwoͤhniſche Sach war/ daß ſich ein Mannsbild bey einer Armee in Weiber- Kleidern ſolte finden laſſen/ dergeſtalt wanderten er und ſeine Burſch mit mir neben den Regimentern daher (welche alle im Feld ſtunden/ und marchiren wolten) der Meynung/ mich dem General Auditor oder General Gewaltiger zu uͤberliefern/ da wir aber bey meines Obriſten Regiment vorbey wolten/ wur- de ich erkant/ angeſprochen/ ſchlechtlich durch mei- nen Obriſten bekleidet/ und unſerm alten Provoſen gefaͤng- K vij
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Zweytes Buch.
ſolte es ſeinen Kopff koſten; Er bekam Beyſtaͤnder/
weil er ſagte/ daß ich ſein verſprochene Braut waͤre/
dieſe trugen ein Mitleiden mit mir und ihm/ und be-
gehrten ihm Huͤlff zu leiſten/ ſolches war aber den
Jungen/ die beſſer Recht zu mir zu haben vermeyn-
ten/ und ein ſo gute Beut nicht auß Haͤnden laſſen
wolten/ allerdings ungelegen/ derowegen gedachten
ſie Gewalt mit Gewalt abzutreiben/ da fienge man
an Stoͤß außzutheilen von beyden Seiten her/ der
Zulauff und der Lermen wurde je laͤnger je groͤſſer/
alſo daß es ſchier einem Turnier gleich ſahe/ in wel-
chem jeder umb einer ſchoͤnen Damen willen das beſte
thut. Jhr ſchroͤcklich Geſchrey lockte den Rumor-
Meiſter herzu/ welcher eben ankam/ als ſie mir die
Kleider vom Leib geriſſen/ und geſehen hatten/ daß
ich kein Weibsbild war/ ſeine Gegenwart machte
alles ſtockſtill/ weil er vielmehr gefoͤrcht wurde/ als
der Teuffel ſelbſt/ auch verſtoben alle die jenige/ die
widereinander Hand angelegt hatten/ er informirt
ſich der Sach kurtz/ und in dem ich hoffte/ er wuͤrde
mich erꝛetten/ nam er mich dargegen gefangen/ weil
es ungewoͤhnlich und faſt argwoͤhniſche Sach war/
daß ſich ein Mannsbild bey einer Armee in Weiber-
Kleidern ſolte finden laſſen/ dergeſtalt wanderten er
und ſeine Burſch mit mir neben den Regimentern
daher (welche alle im Feld ſtunden/ und marchiren
wolten) der Meynung/ mich dem General Auditor
oder General Gewaltiger zu uͤberliefern/ da wir aber
bey meines Obriſten Regiment vorbey wolten/ wur-
de ich erkant/ angeſprochen/ ſchlechtlich durch mei-
nen Obriſten bekleidet/ und unſerm alten Provoſen
gefaͤng-
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Zitationshilfe: | German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/233>, abgerufen am 03.07.2024. |