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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Deß Abentheurl. Simplicissimi
gewesen) Aber ich irrete/ dann der Beleydigte zoge
von Leder/ und versetzte dem Thäter eine Wunde
davor an Kopff: Jch schrye ihm überlaut zu/ und
sagte: Ach Freund/ was machstu? Da wär einer
ein Bernheuter/ antwort jener/ ich will mich der
Teuffel hol etc. selbst rächen/ oder das Leben nicht
haben! bey/ müste doch einer ein Schelm seyn/ der
sich so coujoniren liesse. Der Lermen zwischen diesen
zweyen Duellanten ergrössert sich/ weilen beyderseits
Beyständer/ sampt dem Umbstand und Zulauff/ ein-
ander auch in die Haar kamen; da hörte ich schwö-
ren bey Gott und ihren Seelen so leichtfertig/ daß
ich nicht glauben konte/ daß sie diese vor ihr edelst
Kleinod hielten: Aber das war nur Kinderspiel/ denn
es blieb bey so geringen Kinderschwüren nicht/ son-
dern es folgte gleich hernach: Schlag mich der Don-
ner/ der Blitz/ der Hagel/ zerreiß und hol mich der etc.
ja nicht einer allein/ sondern hundert tausend/ und
führen mich in die Lüfft hinweg! Die H. Sacra-
menta musten nicht nur siebenfältig/ sondern auch
mit hundert tausenden/ ja so viel Thonnen/ Galleern
und Stattgräben voll herauß/ also daß mir abermal
alle Haar gen Berg stunden. Jch gedachte wiede-
rumb an den Befelch Christi/ da er sagt: Jhr solt
allerdings nicht schwören/ weder bey dem Himmel/
dann er ist Gottes Stul/ noch bey der Erden/ dann
sie ist seiner Füsse Schemel/ noch bey Jerusalem/
dann sie ist eines grossen Königs Statt/ auch solt du
nicht bey deinem Haupt schwören/ dann du vermagst
nicht ein einiges Haar weiß und schwartz zu machen/
euer Rede aber sey Ja Ja/ Nein Nein/ was drüber
ist/ das ist vom Ubel. Dieses alles/ und was ich sahe

und

Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
geweſen) Aber ich irꝛete/ dann der Beleydigte zoge
von Leder/ und verſetzte dem Thaͤter eine Wunde
davor an Kopff: Jch ſchrye ihm uͤberlaut zu/ und
ſagte: Ach Freund/ was machſtu? Da waͤr einer
ein Bernheuter/ antwort jener/ ich will mich der
Teuffel hol ꝛc. ſelbſt raͤchen/ oder das Leben nicht
haben! bey/ muͤſte doch einer ein Schelm ſeyn/ der
ſich ſo coujoniren lieſſe. Der Lermen zwiſchen dieſen
zweyen Duellanten ergroͤſſert ſich/ weilen beyderſeits
Beyſtaͤnder/ ſampt dem Umbſtand und Zulauff/ ein-
ander auch in die Haar kamen; da hoͤrte ich ſchwoͤ-
ren bey Gott und ihren Seelen ſo leichtfertig/ daß
ich nicht glauben konte/ daß ſie dieſe vor ihr edelſt
Kleinod hielten: Aber das war nur Kinderſpiel/ deñ
es blieb bey ſo geringen Kinderſchwüren nicht/ ſon-
dern es folgte gleich hernach: Schlag mich der Don-
ner/ der Blitz/ der Hagel/ zerꝛeiß und hol mich der ꝛc.
ja nicht einer allein/ ſondern hundert tauſend/ und
führen mich in die Luͤfft hinweg! Die H. Sacra-
menta muſten nicht nur ſiebenfaͤltig/ ſondern auch
mit hundert tauſenden/ ja ſo viel Thonnen/ Galleern
und Stattgraͤben voll herauß/ alſo daß mir abermal
alle Haar gen Berg ſtunden. Jch gedachte wiede-
rumb an den Befelch Chriſti/ da er ſagt: Jhr ſolt
allerdings nicht ſchwoͤren/ weder bey dem Himmel/
dann er iſt Gottes Stul/ noch bey der Erden/ dann
ſie iſt ſeiner Fuͤſſe Schemel/ noch bey Jeruſalem/
dann ſie iſt eines groſſen Koͤnigs Statt/ auch ſolt du
nicht bey deinem Haupt ſchwoͤren/ dann du vermagſt
nicht ein einiges Haar weiß und ſchwartz zu machen/
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iſt/ das iſt vom Ubel. Dieſes alles/ und was ich ſahe

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[92/0098] Deß Abentheurl. Simpliciſſimi geweſen) Aber ich irꝛete/ dann der Beleydigte zoge von Leder/ und verſetzte dem Thaͤter eine Wunde davor an Kopff: Jch ſchrye ihm uͤberlaut zu/ und ſagte: Ach Freund/ was machſtu? Da waͤr einer ein Bernheuter/ antwort jener/ ich will mich der Teuffel hol ꝛc. ſelbſt raͤchen/ oder das Leben nicht haben! bey/ muͤſte doch einer ein Schelm ſeyn/ der ſich ſo coujoniren lieſſe. Der Lermen zwiſchen dieſen zweyen Duellanten ergroͤſſert ſich/ weilen beyderſeits Beyſtaͤnder/ ſampt dem Umbſtand und Zulauff/ ein- ander auch in die Haar kamen; da hoͤrte ich ſchwoͤ- ren bey Gott und ihren Seelen ſo leichtfertig/ daß ich nicht glauben konte/ daß ſie dieſe vor ihr edelſt Kleinod hielten: Aber das war nur Kinderſpiel/ deñ es blieb bey ſo geringen Kinderſchwüren nicht/ ſon- dern es folgte gleich hernach: Schlag mich der Don- ner/ der Blitz/ der Hagel/ zerꝛeiß und hol mich der ꝛc. ja nicht einer allein/ ſondern hundert tauſend/ und führen mich in die Luͤfft hinweg! Die H. Sacra- menta muſten nicht nur ſiebenfaͤltig/ ſondern auch mit hundert tauſenden/ ja ſo viel Thonnen/ Galleern und Stattgraͤben voll herauß/ alſo daß mir abermal alle Haar gen Berg ſtunden. Jch gedachte wiede- rumb an den Befelch Chriſti/ da er ſagt: Jhr ſolt allerdings nicht ſchwoͤren/ weder bey dem Himmel/ dann er iſt Gottes Stul/ noch bey der Erden/ dann ſie iſt ſeiner Fuͤſſe Schemel/ noch bey Jeruſalem/ dann ſie iſt eines groſſen Koͤnigs Statt/ auch ſolt du nicht bey deinem Haupt ſchwoͤren/ dann du vermagſt nicht ein einiges Haar weiß und ſchwartz zu machen/ euer Rede aber ſey Ja Ja/ Nein Nein/ was druͤber iſt/ das iſt vom Ubel. Dieſes alles/ und was ich ſahe und

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/98>, abgerufen am 28.11.2024.