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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Erstes Buch.
der Alten Eremiten/ hierzu verleitet worden.

Jch will dir aber auch ohnverhalten/ wie er in den
Spessert und seinem Wunsch nach/ zu solchem arm-
seeligen Einsidler-Leben kommen seye/ damit du ins
künfftig auch andern Leuten etwas darvon zu erzeh-
len weist: Die zweyte Nacht hernach/ als die bluti-
ge Schlacht vor Höchst verloren worden/ kam er ei-
nig und allein vor meinen Pfarrhof/ als ich eben mit
meinem Weib und Kindern gegen dem Morgen ent-
schlaffen war/ weil wir wegen deß Lermens im Land/
den beydes die Flüchtige und Nachjagende in der-
gleichen Fällen zu erregen pflegen/ die vorige gantze/
und auch selbige halbe Nacht durch und durch ge-
wacht hatten: Er klopffte erstlich sittig an/ und fol-
gends ungestümm genug/ biß er mich und mein
Schlafftruncken Gesind erweckte/ und nachdem ich
auff sein Anhalten und wenig Wortwechseln/ wel-
ches beyderseits gar bescheiden fiele/ die Thür geöff-
net/ sahe ich den Cavallier von seinem mutigen Pferd
steigen/ sein kosibarlich Kleid war eben so sehr mit
seiner Feinde Blut besprengt/ als mit Gold und Sil-
ber verpremt; und weil er seinen blossen Degen noch
in der Faust hielte/ so kam mich Forcht und Schre-
cken an/ nachdem er ihn aber einsteckte/ und nichts als
lauter Höflichkeit vorbrachte/ hatte ich Ursach/ mich
zu verwundern/ daß ein so braver Herr einen schlech-
ten Dorff-Pfarrer so freundlich umb Herberg anre-
det: Jch sprach ihn wegen seiner schönen Person/
und seines berrlichen Ansehens halber/ vor den Mans-
felder selbst an/ Er aber sagte/ er sey demselben vor
dißmal nur in der Unglückseeligkeit nicht allein zu
vergleichen/ sondern auch vorzuziehen; drey Ding

beklag-
D jv

Erſtes Buch.
der Alten Eremiten/ hierzu verleitet worden.

Jch will dir aber auch ohnverhalten/ wie er in den
Speſſert und ſeinem Wunſch nach/ zu ſolchem arm-
ſeeligen Einſidler-Leben kommen ſeye/ damit du ins
kuͤnfftig auch andern Leuten etwas darvon zu erzeh-
len weiſt: Die zweyte Nacht hernach/ als die bluti-
ge Schlacht vor Hoͤchſt verloren worden/ kam er ei-
nig und allein vor meinen Pfarꝛhof/ als ich eben mit
meinem Weib und Kindern gegen dem Morgen ent-
ſchlaffen war/ weil wir wegen deß Lermens im Land/
den beydes die Fluͤchtige und Nachjagende in der-
gleichen Faͤllen zu erꝛegen pflegen/ die vorige gantze/
und auch ſelbige halbe Nacht durch und durch ge-
wacht hatten: Er klopffte erſtlich ſittig an/ und fol-
gends ungeſtuͤmm genug/ biß er mich und mein
Schlafftruncken Geſind erweckte/ und nachdem ich
auff ſein Anhalten und wenig Wortwechſeln/ wel-
ches beyderſeits gar beſcheiden fiele/ die Thuͤr geoͤff-
net/ ſahe ich den Cavallier von ſeinem mutigen Pferd
ſteigen/ ſein koſibarlich Kleid war eben ſo ſehr mit
ſeiner Feinde Blut beſprengt/ als mit Gold und Sil-
ber verpremt; und weil er ſeinen bloſſen Degen noch
in der Fauſt hielte/ ſo kam mich Forcht und Schre-
cken an/ nachdem er ihn aber einſteckte/ und nichts als
lauter Hoͤflichkeit vorbrachte/ hatte ich Urſach/ mich
zu verwundern/ daß ein ſo braver Herꝛ einen ſchlech-
ten Dorff-Pfarꝛer ſo freundlich umb Herberg anre-
det: Jch ſprach ihn wegen ſeiner ſchoͤnen Perſon/
und ſeines berꝛlichen Anſehens halber/ vor den Mans-
felder ſelbſt an/ Er aber ſagte/ er ſey demſelben vor
dißmal nur in der Ungluͤckſeeligkeit nicht allein zu
vergleichen/ ſondern auch vorzuziehen; drey Ding

beklag-
D jv
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[77/0083] Erſtes Buch. der Alten Eremiten/ hierzu verleitet worden. Jch will dir aber auch ohnverhalten/ wie er in den Speſſert und ſeinem Wunſch nach/ zu ſolchem arm- ſeeligen Einſidler-Leben kommen ſeye/ damit du ins kuͤnfftig auch andern Leuten etwas darvon zu erzeh- len weiſt: Die zweyte Nacht hernach/ als die bluti- ge Schlacht vor Hoͤchſt verloren worden/ kam er ei- nig und allein vor meinen Pfarꝛhof/ als ich eben mit meinem Weib und Kindern gegen dem Morgen ent- ſchlaffen war/ weil wir wegen deß Lermens im Land/ den beydes die Fluͤchtige und Nachjagende in der- gleichen Faͤllen zu erꝛegen pflegen/ die vorige gantze/ und auch ſelbige halbe Nacht durch und durch ge- wacht hatten: Er klopffte erſtlich ſittig an/ und fol- gends ungeſtuͤmm genug/ biß er mich und mein Schlafftruncken Geſind erweckte/ und nachdem ich auff ſein Anhalten und wenig Wortwechſeln/ wel- ches beyderſeits gar beſcheiden fiele/ die Thuͤr geoͤff- net/ ſahe ich den Cavallier von ſeinem mutigen Pferd ſteigen/ ſein koſibarlich Kleid war eben ſo ſehr mit ſeiner Feinde Blut beſprengt/ als mit Gold und Sil- ber verpremt; und weil er ſeinen bloſſen Degen noch in der Fauſt hielte/ ſo kam mich Forcht und Schre- cken an/ nachdem er ihn aber einſteckte/ und nichts als lauter Hoͤflichkeit vorbrachte/ hatte ich Urſach/ mich zu verwundern/ daß ein ſo braver Herꝛ einen ſchlech- ten Dorff-Pfarꝛer ſo freundlich umb Herberg anre- det: Jch ſprach ihn wegen ſeiner ſchoͤnen Perſon/ und ſeines berꝛlichen Anſehens halber/ vor den Mans- felder ſelbſt an/ Er aber ſagte/ er ſey demſelben vor dißmal nur in der Ungluͤckſeeligkeit nicht allein zu vergleichen/ ſondern auch vorzuziehen; drey Ding beklag- D jv

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/83>, abgerufen am 27.11.2024.