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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Deß Abentheurl. Simplicissimi
mit höchster Gefahr auff den untersten Aesten beholf-
fen/ durch gebissen/ und das Glück gehabt hatten/ dem
Todt biß dahin zu entlauffen/ diese sahen ernstlich und
etwas reputirlicher auß/ als die unterste/ weil sie
umb einen gradum hinauff gestiegen waren; aber
über ihnen befanden sich noch höhere/ welche auch
höhere Einbildungen hatten/ weil sie die unterste zu
commandiren/ diese nennte man Wammesklopffer/
weil sie den Picquenirern mit ihren Prügeln und
Hellenpotzmarter den Rucken so wol/ als den Kopff
abzufegen/ und den Mußquetierern Baumöl zu ge-
ben pflegten/ ihr Gewehr damit zu schmieren. Uber
diesen hatte deß Baumes Stamm einen Absatz oder
Unterscheid/ welches ein glattes Stück war/ ohne
Aest/ mit wunder barlichen Materialien und seltzamer
Saiffen deß Mißgunsts geschmieret/ also daß kein
Kerl/ er sey dann vom Adel/ weder durch Mannheit/
Geschickligkeit noch Wissenschafft hinauff steigen
konte/ Gott geb wie er auch klettern könte; dann es
war glätter polirt/ als ein marmorsteinerne Säul/
oder stählerner Spiegel; über demselben Ort sassen
die mit den Fähnlein/ deren waren theils jung/ und
theils bey zimlichen Jahren/ die Junge hatten ihre
Vettern hinauff gehoben/ die Alte aber waren zum
theil von sich selbst hinauff gestiegen/ entweder auff
einer silbernen Läiter/ die man Schmiralia nennet/
oder sonst auff einem Steg/ den ihnen das Glück auß
Mangel anderer gelegt hatte. Besser oben sassen noch
böhere/ die auch ihre Mühe/ Sorg und Anfechtung
hatten/ sie genossen aber diesen Vortheil/ daß sie ihre
Beutel mit dem jenigen Speck am besten spicken kön-
nen/ welchen sie mit einem Messer/ das sie Contribu-

tion

Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
mit hoͤchſter Gefahr auff den unterſten Aeſten beholf-
fen/ durch gebiſſen/ und das Gluͤck gehabt hatten/ dem
Todt biß dahin zu entlauffen/ dieſe ſahen ernſtlich und
etwas reputirlicher auß/ als die unterſte/ weil ſie
umb einen gradum hinauff geſtiegen waren; aber
uͤber ihnen befanden ſich noch hoͤhere/ welche auch
hoͤhere Einbildungen hatten/ weil ſie die unterſte zu
commandiren/ dieſe nennte man Wammesklopffer/
weil ſie den Picquenirern mit ihren Pruͤgeln und
Hellenpotzmarter den Rucken ſo wol/ als den Kopff
abzufegen/ und den Mußquetierern Baumoͤl zu ge-
ben pflegten/ ihr Gewehr damit zu ſchmieren. Uber
dieſen hatte deß Baumes Stamm einen Abſatz oder
Unterſcheid/ welches ein glattes Stuͤck war/ ohne
Aeſt/ mit wunder barlichen Materialien und ſeltzamer
Saiffen deß Mißgunſts geſchmieret/ alſo daß kein
Kerl/ er ſey dann vom Adel/ weder durch Mannheit/
Geſchickligkeit noch Wiſſenſchafft hinauff ſteigen
konte/ Gott geb wie er auch klettern koͤnte; dann es
war glaͤtter polirt/ als ein marmorſteinerne Saͤul/
oder ſtaͤhlerner Spiegel; uͤber demſelben Ort ſaſſen
die mit den Faͤhnlein/ deren waren theils jung/ und
theils bey zimlichen Jahren/ die Junge hatten ihre
Vettern hinauff gehoben/ die Alte aber waren zum
theil von ſich ſelbſt hinauff geſtiegen/ entweder auff
einer ſilbernen Laͤiter/ die man Schmiralia nennet/
oder ſonſt auff einem Steg/ den ihnen das Gluͤck auß
Mangel anderer gelegt hatte. Beſſer oben ſaſſen noch
boͤhere/ die auch ihre Muͤhe/ Sorg und Anfechtung
hatten/ ſie genoſſen aber dieſen Vortheil/ daß ſie ihre
Beutel mit dem jenigen Speck am beſten ſpicken koͤn-
nen/ welchen ſie mit einem Meſſer/ das ſie Contribu-

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[56/0062] Deß Abentheurl. Simpliciſſimi mit hoͤchſter Gefahr auff den unterſten Aeſten beholf- fen/ durch gebiſſen/ und das Gluͤck gehabt hatten/ dem Todt biß dahin zu entlauffen/ dieſe ſahen ernſtlich und etwas reputirlicher auß/ als die unterſte/ weil ſie umb einen gradum hinauff geſtiegen waren; aber uͤber ihnen befanden ſich noch hoͤhere/ welche auch hoͤhere Einbildungen hatten/ weil ſie die unterſte zu commandiren/ dieſe nennte man Wammesklopffer/ weil ſie den Picquenirern mit ihren Pruͤgeln und Hellenpotzmarter den Rucken ſo wol/ als den Kopff abzufegen/ und den Mußquetierern Baumoͤl zu ge- ben pflegten/ ihr Gewehr damit zu ſchmieren. Uber dieſen hatte deß Baumes Stamm einen Abſatz oder Unterſcheid/ welches ein glattes Stuͤck war/ ohne Aeſt/ mit wunder barlichen Materialien und ſeltzamer Saiffen deß Mißgunſts geſchmieret/ alſo daß kein Kerl/ er ſey dann vom Adel/ weder durch Mannheit/ Geſchickligkeit noch Wiſſenſchafft hinauff ſteigen konte/ Gott geb wie er auch klettern koͤnte; dann es war glaͤtter polirt/ als ein marmorſteinerne Saͤul/ oder ſtaͤhlerner Spiegel; uͤber demſelben Ort ſaſſen die mit den Faͤhnlein/ deren waren theils jung/ und theils bey zimlichen Jahren/ die Junge hatten ihre Vettern hinauff gehoben/ die Alte aber waren zum theil von ſich ſelbſt hinauff geſtiegen/ entweder auff einer ſilbernen Laͤiter/ die man Schmiralia nennet/ oder ſonſt auff einem Steg/ den ihnen das Gluͤck auß Mangel anderer gelegt hatte. Beſſer oben ſaſſen noch boͤhere/ die auch ihre Muͤhe/ Sorg und Anfechtung hatten/ ſie genoſſen aber dieſen Vortheil/ daß ſie ihre Beutel mit dem jenigen Speck am beſten ſpicken koͤn- nen/ welchen ſie mit einem Meſſer/ das ſie Contribu- tion

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/62>, abgerufen am 28.11.2024.