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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Erstes Buch.
hatte/ nemlich daß ich die Leut nur vor Spötter Chri-
sti und seines Worts/ und vor keine Christen hielte/
mit Bitt/ er wolte mir doch auß dem Traum helffen/
damit ich wisse/ worvor ich meine Neben-Menschen
halten solte; Der Pfarrer antwortet/ freylich sind
sie Christen/ und wolt ich dir nicht rathen/ daß du sie
anderst nennen soltest; Mein GOtt! sagte ich/ wie
kans seyn? dann wann ich einem oder dem andern
seinen Fehler/ den er wider GOtt begehet/ verweise/
so werde ich verspottet und außgelacht: Dessen ver-
wundere dich nicht/ antwortet der Pfarrer/ ich
glaube/ wenn unsere erste fromme Christen/ die zu
Christi Zeiten gelebt/ ja die Apostel selbst/ anjetzo
aufferstehen/ und in die Welt kommen solten/ daß sie
mit dir ein gleiche Frag thun/ und endlich auch so
wol als du/ von jedermänniglich vor Narren gehal-
ten würden; das/ was du bißher sihest und hörest/ ist
ein gemeine Sach/ und nur Kinderspiel gegen dem
jenigen/ das sonsten so heimlich als offentlich und
mit Gewalt/ wider GOtt und den Menschen vorge-
het/ und in der Welt verübet wird/ aber laß dich das
nicht ärgern/ du wirst wenig Christen finden/ wie Herr
Samuel sel. einer gewesen ist.

Jn dem als wir so miteinander redeten/ führet
man etliche/ so vom Gegentheil gefangen waren
worden/ übern Platz/ welches unsern Discurs zerstö-
ret/ weil wir die Gefangene auch beschauten: Da
vername ich eine Unsinnigkeit/ dergleichen ich mir
nicht hätte träumen dörffen lassen: Es war aber ein
neue Mode einander zu grüssen und zu bewillkommen/
dann einer von unserer Guarnison, welcher hiebevor
dem Käiser auch gedient hatte/ kante einen von den

Gefan-
E

Erſtes Buch.
hatte/ nemlich daß ich die Leut nur vor Spoͤtter Chri-
ſti und ſeines Worts/ und vor keine Chriſten hielte/
mit Bitt/ er wolte mir doch auß dem Traum helffen/
damit ich wiſſe/ worvor ich meine Neben-Menſchen
halten ſolte; Der Pfarꝛer antwortet/ freylich ſind
ſie Chriſten/ und wolt ich dir nicht rathen/ daß du ſie
anderſt nennen ſolteſt; Mein GOtt! ſagte ich/ wie
kans ſeyn? dann wann ich einem oder dem andern
ſeinen Fehler/ den er wider GOtt begehet/ verweiſe/
ſo werde ich verſpottet und außgelacht: Deſſen ver-
wundere dich nicht/ antwortet der Pfarꝛer/ ich
glaube/ wenn unſere erſte fromme Chriſten/ die zu
Chriſti Zeiten gelebt/ ja die Apoſtel ſelbſt/ anjetzo
aufferſtehen/ und in die Welt kommen ſolten/ daß ſie
mit dir ein gleiche Frag thun/ und endlich auch ſo
wol als du/ von jedermaͤnniglich vor Narꝛen gehal-
ten wuͤrden; das/ was du bißher ſiheſt und hoͤreſt/ iſt
ein gemeine Sach/ und nur Kinderſpiel gegen dem
jenigen/ das ſonſten ſo heimlich als offentlich und
mit Gewalt/ wider GOtt und den Menſchen vorge-
het/ und in der Welt veruͤbet wird/ aber laß dich das
nicht aͤrgern/ du wirſt wenig Chriſten finden/ wie Herꝛ
Samuel ſel. einer geweſen iſt.

Jn dem als wir ſo miteinander redeten/ fuͤhret
man etliche/ ſo vom Gegentheil gefangen waren
worden/ uͤbern Platz/ welches unſern Diſcurs zerſtoͤ-
ret/ weil wir die Gefangene auch beſchauten: Da
vername ich eine Unſinnigkeit/ dergleichen ich mir
nicht haͤtte traͤumen doͤrffen laſſen: Es war aber ein
neue Mode einander zu gruͤſſen und zu bewillkom̃en/
dann einer von unſerer Guarniſon, welcher hiebevor
dem Kaͤiſer auch gedient hatte/ kante einen von den

Gefan-
E
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[95/0101] Erſtes Buch. hatte/ nemlich daß ich die Leut nur vor Spoͤtter Chri- ſti und ſeines Worts/ und vor keine Chriſten hielte/ mit Bitt/ er wolte mir doch auß dem Traum helffen/ damit ich wiſſe/ worvor ich meine Neben-Menſchen halten ſolte; Der Pfarꝛer antwortet/ freylich ſind ſie Chriſten/ und wolt ich dir nicht rathen/ daß du ſie anderſt nennen ſolteſt; Mein GOtt! ſagte ich/ wie kans ſeyn? dann wann ich einem oder dem andern ſeinen Fehler/ den er wider GOtt begehet/ verweiſe/ ſo werde ich verſpottet und außgelacht: Deſſen ver- wundere dich nicht/ antwortet der Pfarꝛer/ ich glaube/ wenn unſere erſte fromme Chriſten/ die zu Chriſti Zeiten gelebt/ ja die Apoſtel ſelbſt/ anjetzo aufferſtehen/ und in die Welt kommen ſolten/ daß ſie mit dir ein gleiche Frag thun/ und endlich auch ſo wol als du/ von jedermaͤnniglich vor Narꝛen gehal- ten wuͤrden; das/ was du bißher ſiheſt und hoͤreſt/ iſt ein gemeine Sach/ und nur Kinderſpiel gegen dem jenigen/ das ſonſten ſo heimlich als offentlich und mit Gewalt/ wider GOtt und den Menſchen vorge- het/ und in der Welt veruͤbet wird/ aber laß dich das nicht aͤrgern/ du wirſt wenig Chriſten finden/ wie Herꝛ Samuel ſel. einer geweſen iſt. Jn dem als wir ſo miteinander redeten/ fuͤhret man etliche/ ſo vom Gegentheil gefangen waren worden/ uͤbern Platz/ welches unſern Diſcurs zerſtoͤ- ret/ weil wir die Gefangene auch beſchauten: Da vername ich eine Unſinnigkeit/ dergleichen ich mir nicht haͤtte traͤumen doͤrffen laſſen: Es war aber ein neue Mode einander zu gruͤſſen und zu bewillkom̃en/ dann einer von unſerer Guarniſon, welcher hiebevor dem Kaͤiſer auch gedient hatte/ kante einen von den Gefan- E

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/101>, abgerufen am 28.11.2024.