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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Viertes Buch.
biß ich mich besser vorzusehen lernte; so begehrte ich
solches auch nit/ denn ich fand an meinen Mit-Con-
sort
en eine so angenehme Gesellschafft/ daß ich mir
biß an die Winter- Quartier keinen bessern Handel
wünschte.

Jch muß nur ein wenig erzehlen/ was die Merode-
Brüder vor Leut sind/ weilen sich ohn Zweiffel etli-
che finden/ sonderlich die Kriegs Unerfahrne/ so nichts
davon wissen: So hab ich bißher noch keinen Scriben-
t
en angetroffen/ der etwas von ihren Gebräuchen/
Gewonheiten/ Rechten und Privilegien/ seinen
Schrifften einverleibt hätte/ ohnangesehen es wol
werth ist/ daß nit allein die jetzige Feldherrn/ sondern
auch der Baursmann wisse/ was es vor ein Zunfft
seye. Betreffend nun erstlich ihren Nahmen/ will ich
nit hoffen/ daß es dem jenigen dapffern Cavallier, un-
ter dem sie solchen bekommen/ ein Schimpff sey/ sonst
wolte ichs nit einem jeden so offentlich auff die Nas
binden: Jch hab eine Art Schuh gesehen/ die hatten
an statt der Löcher krumme Näht/ damit sie desto bes-
ser durch den Koth stampffen solten; solte nun einer
deßwegen den Mansfelder selbst vor einen Pechfartzer
schelten/ den wolte ich vor einen Phantasten halten.
Eben so muß man diesen Nahmen auch verstehen/ der
nicht abgehen wird/ so lang die Teutsche kriegen/ es
hat aber ein solche Beschaffenheit damit: Als dieser
Cavallier einsmals ein neugeworben Regiment zur
Armee brachte/ waren die Kerl so schwacher baufäl-
liger Natur/ wie die Frantzösische Britanier/ daß sie
also das Marchirn und ander Ungemach/ das ein Sol-
dat im Feld außstehen muß/ nit erleiden konten/ dero-
wegen denn ihre Brigade zeitlich so schwach wurde/

daß
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Viertes Buch.
biß ich mich beſſer vorzuſehen lernte; ſo begehrte ich
ſolches auch nit/ denn ich fand an meinen Mit-Con-
ſort
en eine ſo angenehme Geſellſchafft/ daß ich mir
biß an die Winter- Quartier keinen beſſern Handel
wuͤnſchte.

Jch muß nur ein wenig erzehlen/ was die Merode-
Bruͤder vor Leut ſind/ weilen ſich ohn Zweiffel etli-
che finden/ ſonderlich die Kriegs Unerfahrne/ ſo nichts
davon wiſſen: So hab ich bißher noch keinen Scriben-
t
en angetroffen/ der etwas von ihren Gebraͤuchen/
Gewonheiten/ Rechten und Privilegien/ ſeinen
Schrifften einverleibt haͤtte/ ohnangeſehen es wol
werth iſt/ daß nit allein die jetzige Feldherꝛn/ ſondern
auch der Baursmann wiſſe/ was es vor ein Zunfft
ſeye. Betreffend nun erſtlich ihren Nahmen/ will ich
nit hoffen/ daß es dem jenigen dapffern Cavallier, un-
ter dem ſie ſolchen bekommen/ ein Schimpff ſey/ ſonſt
wolte ichs nit einem jeden ſo offentlich auff die Nas
binden: Jch hab eine Art Schuh geſehen/ die hatten
an ſtatt der Loͤcher krumme Naͤht/ damit ſie deſto beſ-
ſer durch den Koth ſtampffen ſolten; ſolte nun einer
deßwegen den Mansfelder ſelbſt vor einen Pechfartzer
ſchelten/ den wolte ich vor einen Phantaſten halten.
Eben ſo muß man dieſen Nahmen auch verſtehen/ der
nicht abgehen wird/ ſo lang die Teutſche kriegen/ es
hat aber ein ſolche Beſchaffenheit damit: Als dieſer
Cavallier einsmals ein neugeworben Regiment zur
Armee brachte/ waren die Kerl ſo ſchwacher baufaͤl-
liger Natur/ wie die Frantzoͤſiſche Britanier/ daß ſie
alſo das Marchirn und ander Ungemach/ das ein Sol-
dat im Feld außſtehen muß/ nit erleiden konten/ dero-
wegen denn ihre Brigade zeitlich ſo ſchwach wurde/

daß
T v
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[439/0445] Viertes Buch. biß ich mich beſſer vorzuſehen lernte; ſo begehrte ich ſolches auch nit/ denn ich fand an meinen Mit-Con- ſorten eine ſo angenehme Geſellſchafft/ daß ich mir biß an die Winter- Quartier keinen beſſern Handel wuͤnſchte. Jch muß nur ein wenig erzehlen/ was die Merode- Bruͤder vor Leut ſind/ weilen ſich ohn Zweiffel etli- che finden/ ſonderlich die Kriegs Unerfahrne/ ſo nichts davon wiſſen: So hab ich bißher noch keinen Scriben- ten angetroffen/ der etwas von ihren Gebraͤuchen/ Gewonheiten/ Rechten und Privilegien/ ſeinen Schrifften einverleibt haͤtte/ ohnangeſehen es wol werth iſt/ daß nit allein die jetzige Feldherꝛn/ ſondern auch der Baursmann wiſſe/ was es vor ein Zunfft ſeye. Betreffend nun erſtlich ihren Nahmen/ will ich nit hoffen/ daß es dem jenigen dapffern Cavallier, un- ter dem ſie ſolchen bekommen/ ein Schimpff ſey/ ſonſt wolte ichs nit einem jeden ſo offentlich auff die Nas binden: Jch hab eine Art Schuh geſehen/ die hatten an ſtatt der Loͤcher krumme Naͤht/ damit ſie deſto beſ- ſer durch den Koth ſtampffen ſolten; ſolte nun einer deßwegen den Mansfelder ſelbſt vor einen Pechfartzer ſchelten/ den wolte ich vor einen Phantaſten halten. Eben ſo muß man dieſen Nahmen auch verſtehen/ der nicht abgehen wird/ ſo lang die Teutſche kriegen/ es hat aber ein ſolche Beſchaffenheit damit: Als dieſer Cavallier einsmals ein neugeworben Regiment zur Armee brachte/ waren die Kerl ſo ſchwacher baufaͤl- liger Natur/ wie die Frantzoͤſiſche Britanier/ daß ſie alſo das Marchirn und ander Ungemach/ das ein Sol- dat im Feld außſtehen muß/ nit erleiden konten/ dero- wegen denn ihre Brigade zeitlich ſo ſchwach wurde/ daß T v

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/445>, abgerufen am 30.11.2024.