Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669.wann die Geister weiß gehen/ so pflegen die Mägd Als es nun umb Mitternacht wurde/ öffnete sich folgten
wann die Geiſter weiß gehen/ ſo pflegen die Maͤgd Als es nun umb Mitternacht wurde/ oͤffnete ſich folgten
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0097"/> wann die Geiſter weiß gehen/ ſo pflegen die Maͤgd<lb/> wie man ſagt/ zu Weibern zu werden; aber hier<lb/> wird der Herꝛ Geiſt jrꝛ ſeyn gangen/ ſchlug damit<lb/> tapffer zu/ biß er ſich entlich von mir entriſſe und<lb/> die Thier traff. Da ich nun an dieſe Hiſtorj ge-<lb/> dachte/ und meines Gaſt-Herꝛen laͤſtere Wort be-<lb/> trachtete/ konte ich mir ohnſchwer einbilden/ was<lb/> die Glocke geſchlagen; ich ſagte zu mir ſelber/<lb/> haben ſie von den forchterlichen Geſpaͤnſtern in<lb/> ihres Vatters Hauß die Warheit geſagt/ ſo ligſtu<lb/> ohn zweiffel in eben dem Jenigen Zimmer/ darin<lb/> ſie am alleraͤrgſten poldern; haben ſie aber nur vor<lb/> die lange weil auffgeſchnitten/ ſo werden ſie dich<lb/> gewißlich wider Karbaitſchen laſſen/ daß du ein weil<lb/> dran zu tauen haben wirſt; in ſolchen Gedancken<lb/> ſtunde ich auff/ der Meinung jrgents zum Fenſter<lb/> hinauß zuſpringen/ es war aber uͤberall mit Eyſen<lb/> ſo wol vergittert/ daß mirs ohnmuͤglich ins Werck<lb/> zuſetzen/ und was das aͤrgſte war/ ſo hatte ich auch<lb/> kein Gewaͤhr: Ja auffs euſſerſt auch meinen kraͤffti-<lb/> gen Pilgerſtab nit bey mir/ mit welchem ich mich<lb/> auff den Nothfall trefflich gewehrt haben wolte;<lb/> legte mich derowegen wider ins Bette/ wiewol ich<lb/> nicht ſchlaffen konte/ mit Sorg und Angſt erwar-<lb/> tende/ wie mir diſe herbe Nacht gedeyen wuͤrde.</p><lb/> <p>Als es nun umb Mitternacht wurde/ oͤffnete ſich<lb/> die Thier/ wiewol ich ſie inwendig wol verrigelt<lb/> hatte/ der erſte ſo hinein tratte/ war ein anſehenliche<lb/> gravitetiſche Perſohn/ mit einem langen weiſſen<lb/> Bart auff die <hi rendition="#aq">antiquiteli</hi>ſche Manier mit einem<lb/> langen Talar von weiſſen Atlas und guldenen<lb/> Blummen mit Genet gefuͤttert/ beklaidet; ihm<lb/> <fw place="bottom" type="catch">folgten</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0097]
wann die Geiſter weiß gehen/ ſo pflegen die Maͤgd
wie man ſagt/ zu Weibern zu werden; aber hier
wird der Herꝛ Geiſt jrꝛ ſeyn gangen/ ſchlug damit
tapffer zu/ biß er ſich entlich von mir entriſſe und
die Thier traff. Da ich nun an dieſe Hiſtorj ge-
dachte/ und meines Gaſt-Herꝛen laͤſtere Wort be-
trachtete/ konte ich mir ohnſchwer einbilden/ was
die Glocke geſchlagen; ich ſagte zu mir ſelber/
haben ſie von den forchterlichen Geſpaͤnſtern in
ihres Vatters Hauß die Warheit geſagt/ ſo ligſtu
ohn zweiffel in eben dem Jenigen Zimmer/ darin
ſie am alleraͤrgſten poldern; haben ſie aber nur vor
die lange weil auffgeſchnitten/ ſo werden ſie dich
gewißlich wider Karbaitſchen laſſen/ daß du ein weil
dran zu tauen haben wirſt; in ſolchen Gedancken
ſtunde ich auff/ der Meinung jrgents zum Fenſter
hinauß zuſpringen/ es war aber uͤberall mit Eyſen
ſo wol vergittert/ daß mirs ohnmuͤglich ins Werck
zuſetzen/ und was das aͤrgſte war/ ſo hatte ich auch
kein Gewaͤhr: Ja auffs euſſerſt auch meinen kraͤffti-
gen Pilgerſtab nit bey mir/ mit welchem ich mich
auff den Nothfall trefflich gewehrt haben wolte;
legte mich derowegen wider ins Bette/ wiewol ich
nicht ſchlaffen konte/ mit Sorg und Angſt erwar-
tende/ wie mir diſe herbe Nacht gedeyen wuͤrde.
Als es nun umb Mitternacht wurde/ oͤffnete ſich
die Thier/ wiewol ich ſie inwendig wol verrigelt
hatte/ der erſte ſo hinein tratte/ war ein anſehenliche
gravitetiſche Perſohn/ mit einem langen weiſſen
Bart auff die antiquiteliſche Manier mit einem
langen Talar von weiſſen Atlas und guldenen
Blummen mit Genet gefuͤttert/ beklaidet; ihm
folgten
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