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Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669.

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sagte er; nun wolan Herr Simplici! er schlaffe wol;
ich weiß zwar daß er kein Gespänst zu förchten
pflegt/ aber ich versichere ihn/ daß die jenige so in
disem Zimmer gehen/ sich mit keiner Karbatsch
verjagen lassen; damit schlosse er daß Zimmer zu/
und liese mich in Sorg und Angst ligen.

Jch gedachte hin und her und konte lang nit er-
sinnen woher mich diser Herr kennen müste/ oder
gekant haben möchte/ daß er mich so äigentlich mit
meinen vorigen Nammen nennete; aber nach
langem Nachdencken fiele mir ein/ daß ich eins-
mals/ nach dem mein freund Hertzbruder gestor-
ben/ im Saur-Brunnen von den Nachtgeistern
mit etlichen Cavallieren und Studenten zu reden
kommen; unter welchen zween Schweitzer/ so ge-
brüder gewesen/ wunder erzehlt/ welcher Gestalt
es in ihres Vattern Hause nicht nur bey Nacht son-
der auch offt bey Tag romore, denen ich aber wider-
part gehalten/ und mehr als vermessen behaubtet/
daß der jenige so sich vor Nachtgeistern förchte/
sonst ein faiger Tropff sey; darauff sich der eine auß
ihnen weiß angezogen/ sich bey Nacht in mein
Zimmer practicirt- und angefangen zu rumpeln/ der
Meinung mich zu ängstigen und alsdann/ wann ich
mich entsetzen: und auß Forcht still ligen bleiben
würde/ mir die Decke zu nemmen/ nachgehents aber
wann der Paß solcher Gestalt abgehe/ mich schreck-
lich zu vexiren und also meine Vermessenheit zu-
straffen; aber wie diser anfieng zu agiren, also daß
ich drüber erwachte/ wischte ich auß dem Bette und
erdapte ohngefehr eine Karbatsch/ Kriegte auch
gleich den Geist beym Flügel und sagte/ holla Kerl/

wann

ſagte er; nun wolan Herꝛ Simplici! er ſchlaffe wol;
ich weiß zwar daß er kein Geſpaͤnſt zu foͤrchten
pflegt/ aber ich verſichere ihn/ daß die jenige ſo in
diſem Zimmer gehen/ ſich mit keiner Karbatſch
verjagen laſſen; damit ſchloſſe er daß Zimmer zu/
und lieſe mich in Sorg und Angſt ligen.

Jch gedachte hin und her und konte lang nit er-
ſinnen woher mich diſer Herꝛ kennen muͤſte/ oder
gekant haben moͤchte/ daß er mich ſo aͤigentlich mit
meinen vorigen Nammen nennete; aber nach
langem Nachdencken fiele mir ein/ daß ich eins-
mals/ nach dem mein freund Hertzbruder geſtor-
ben/ im Saur-Brunnen von den Nachtgeiſtern
mit etlichen Cavallieren und Studenten zu reden
kommen; unter welchen zween Schweitzer/ ſo ge-
bruͤder geweſen/ wunder erzehlt/ welcher Geſtalt
es in ihres Vattern Hauſe nicht nur bey Nacht ſon-
der auch offt bey Tag romore, denen ich aber wider-
part gehalten/ und mehr als vermeſſen behaubtet/
daß der jenige ſo ſich vor Nachtgeiſtern foͤrchte/
ſonſt ein faiger Tropff ſey; darauff ſich der eine auß
ihnen weiß angezogen/ ſich bey Nacht in mein
Zim̃er practicirt- und angefangen zu rumpeln/ der
Meinung mich zu aͤngſtigen und alsdann/ wann ich
mich entſetzen: und auß Forcht ſtill ligen bleiben
wuͤrde/ mir die Decke zu nem̃en/ nachgehents aber
wann der Paß ſolcher Geſtalt abgehe/ mich ſchreck-
lich zu vexiren und alſo meine Vermeſſenheit zu-
ſtraffen; aber wie diſer anfieng zu agiren, alſo daß
ich druͤber erwachte/ wiſchte ich auß dem Bette und
erdapte ohngefehr eine Karbatſch/ Kriegte auch
gleich den Geiſt beym Fluͤgel und ſagte/ holla Kerl/

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[0096] ſagte er; nun wolan Herꝛ Simplici! er ſchlaffe wol; ich weiß zwar daß er kein Geſpaͤnſt zu foͤrchten pflegt/ aber ich verſichere ihn/ daß die jenige ſo in diſem Zimmer gehen/ ſich mit keiner Karbatſch verjagen laſſen; damit ſchloſſe er daß Zimmer zu/ und lieſe mich in Sorg und Angſt ligen. Jch gedachte hin und her und konte lang nit er- ſinnen woher mich diſer Herꝛ kennen muͤſte/ oder gekant haben moͤchte/ daß er mich ſo aͤigentlich mit meinen vorigen Nammen nennete; aber nach langem Nachdencken fiele mir ein/ daß ich eins- mals/ nach dem mein freund Hertzbruder geſtor- ben/ im Saur-Brunnen von den Nachtgeiſtern mit etlichen Cavallieren und Studenten zu reden kommen; unter welchen zween Schweitzer/ ſo ge- bruͤder geweſen/ wunder erzehlt/ welcher Geſtalt es in ihres Vattern Hauſe nicht nur bey Nacht ſon- der auch offt bey Tag romore, denen ich aber wider- part gehalten/ und mehr als vermeſſen behaubtet/ daß der jenige ſo ſich vor Nachtgeiſtern foͤrchte/ ſonſt ein faiger Tropff ſey; darauff ſich der eine auß ihnen weiß angezogen/ ſich bey Nacht in mein Zim̃er practicirt- und angefangen zu rumpeln/ der Meinung mich zu aͤngſtigen und alsdann/ wann ich mich entſetzen: und auß Forcht ſtill ligen bleiben wuͤrde/ mir die Decke zu nem̃en/ nachgehents aber wann der Paß ſolcher Geſtalt abgehe/ mich ſchreck- lich zu vexiren und alſo meine Vermeſſenheit zu- ſtraffen; aber wie diſer anfieng zu agiren, alſo daß ich druͤber erwachte/ wiſchte ich auß dem Bette und erdapte ohngefehr eine Karbatſch/ Kriegte auch gleich den Geiſt beym Fluͤgel und ſagte/ holla Kerl/ wann

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Zitationshilfe: Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669/96>, abgerufen am 03.05.2024.