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Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669.

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Taschen abgabe/ das jenig so ich etwan erbettlen
möchte darinnen zuverwahren; und weil ich keinen
proportionirlichen Jacobs Stab mit feinen getreh-
ten Knöpffen haben konte/ überkam ich einen wilten
Aepffel-Stammen/ damit ich einem/ wann er gleich-
wol Degen in der Faust gehabt/ gar wol schlaffen zu-
leichten getraut; welchen bömischen Ohrleffel mir
folgents ein frommer Schlosser auff meiner Wan-
derschafft mit einem starcken Spitz trefflich verse-
hen/ damit ich mich vor den Wölffen die mir etwann
unterwegs begegnen möchten/ erwöhren konte;

Solcher gestalt außstaffirt/ machte ich mich in
das wilde Schappach/ und erbettle von selbigen
Pastor einen Schein oder Urkunt/ daß ich mich
ohnweit seiner Pfarr als ein Eremit erzeigt und ge-
lebt hätte nunmehr aber Willens wäre/ die heilige
Oerter hin und wider andächtig zubesuchen; ohnan-
gesehen mir derselbe vorhielte/ daß er mir nit recht
traue; ich schätzte/ mein Freund/ sagt er/ du habest
entweder ein schlim Stück begangen/ daß du deine
Wohnung so urplätzlich verläst/ oder habest im
Sinn einen anderen Empedoclem Agrigentinum
abzugeben/ welcher sich in den Feuerberg AEtnam
stürtzte/ damit man glauben solte/ er wäre/ weil man
ihn sonst nirgends finden köndte/ gen Himmel ge-
fahren; wie wäre es/ wann es mit die eine von sol-
chen Meinungen hätte/ und ich die Mit-Ertheilung
meiner besseren Zeugnus darin hülffe? ich wuste
ihm aber mit meinen guten Maul-Leder unter dem
Schein frommer einfalt und heiliger auffrichtiger
Meinung dergestalt zubegegnen/ daß er mir gleich-
wol angeregten Urkundt mittheilete/ und bedunckte
mich ich spürete einen heiligen Neyd oder Eyfer an

ihm
C 5

Taſchen abgabe/ das jenig ſo ich etwan erbettlen
moͤchte darinnen zuverwahren; und weil ich keinen
proportionirlichen Jacobs Stab mit feinen getreh-
ten Knoͤpffen haben konte/ uͤberkam ich einen wilten
Aepffel-Stammen/ damit ich einem/ wann er gleich-
wol Degen in der Fauſt gehabt/ gar wol ſchlaffen zu-
leichten getraut; welchen boͤmiſchen Ohrleffel mir
folgents ein frommer Schloſſer auff meiner Wan-
derſchafft mit einem ſtarcken Spitz trefflich verſe-
hen/ damit ich mich vor den Woͤlffen die mir etwann
unterwegs begegnen moͤchten/ erwoͤhren konte;

Solcher geſtalt außſtaffirt/ machte ich mich in
das wilde Schappach/ und erbettle von ſelbigen
Paſtor einen Schein oder Urkunt/ daß ich mich
ohnweit ſeiner Pfarꝛ als ein Eremit erzeigt und ge-
lebt haͤtte nunmehr aber Willens waͤre/ die heilige
Oerter hin und wider andaͤchtig zubeſuchen; ohnan-
geſehen mir derſelbe vorhielte/ daß er mir nit recht
traue; ich ſchaͤtzte/ mein Freund/ ſagt er/ du habeſt
entweder ein ſchlim Stuͤck begangen/ daß du deine
Wohnung ſo urplaͤtzlich verlaͤſt/ oder habeſt im
Sinn einen anderen Empedoclem Agrigentinum
abzugeben/ welcher ſich in den Feuerberg Ætnam
ſtuͤrtzte/ damit man glauben ſolte/ er waͤre/ weil man
ihn ſonſt nirgends finden koͤndte/ gen Himmel ge-
fahren; wie waͤre es/ wann es mit die eine von ſol-
chen Meinungen haͤtte/ und ich die Mit-Ertheilung
meiner beſſeren Zeugnus darin huͤlffe? ich wuſte
ihm aber mit meinen guten Maul-Leder unter dem
Schein frommer einfalt und heiliger auffrichtiger
Meinung dergeſtalt zubegegnen/ daß er mir gleich-
wol angeregten Urkundt mittheilete/ und bedunckte
mich ich ſpuͤrete einen heiligen Neyd oder Eyfer an

ihm
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[0061] Taſchen abgabe/ das jenig ſo ich etwan erbettlen moͤchte darinnen zuverwahren; und weil ich keinen proportionirlichen Jacobs Stab mit feinen getreh- ten Knoͤpffen haben konte/ uͤberkam ich einen wilten Aepffel-Stammen/ damit ich einem/ wann er gleich- wol Degen in der Fauſt gehabt/ gar wol ſchlaffen zu- leichten getraut; welchen boͤmiſchen Ohrleffel mir folgents ein frommer Schloſſer auff meiner Wan- derſchafft mit einem ſtarcken Spitz trefflich verſe- hen/ damit ich mich vor den Woͤlffen die mir etwann unterwegs begegnen moͤchten/ erwoͤhren konte; Solcher geſtalt außſtaffirt/ machte ich mich in das wilde Schappach/ und erbettle von ſelbigen Paſtor einen Schein oder Urkunt/ daß ich mich ohnweit ſeiner Pfarꝛ als ein Eremit erzeigt und ge- lebt haͤtte nunmehr aber Willens waͤre/ die heilige Oerter hin und wider andaͤchtig zubeſuchen; ohnan- geſehen mir derſelbe vorhielte/ daß er mir nit recht traue; ich ſchaͤtzte/ mein Freund/ ſagt er/ du habeſt entweder ein ſchlim Stuͤck begangen/ daß du deine Wohnung ſo urplaͤtzlich verlaͤſt/ oder habeſt im Sinn einen anderen Empedoclem Agrigentinum abzugeben/ welcher ſich in den Feuerberg Ætnam ſtuͤrtzte/ damit man glauben ſolte/ er waͤre/ weil man ihn ſonſt nirgends finden koͤndte/ gen Himmel ge- fahren; wie waͤre es/ wann es mit die eine von ſol- chen Meinungen haͤtte/ und ich die Mit-Ertheilung meiner beſſeren Zeugnus darin huͤlffe? ich wuſte ihm aber mit meinen guten Maul-Leder unter dem Schein frommer einfalt und heiliger auffrichtiger Meinung dergeſtalt zubegegnen/ daß er mir gleich- wol angeregten Urkundt mittheilete/ und bedunckte mich ich ſpuͤrete einen heiligen Neyd oder Eyfer an ihm C 5

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Zitationshilfe: Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669/61>, abgerufen am 03.05.2024.