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Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669.

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be nimmermehr zugeschriben werden können; Er
rucket mir auff/ daß ich mich bißweilen vor die Frey-
gebigkeit außgebe/ und unter solchem Schein meine
Geschäffte verrichte; ach einfältiges Anbringen ei-
nes alten Gecken! welches mehr zuverlachen als
meine Handlungen zu bestraffen; weiß der alte Narr
nicht/ daß keiner vnder allen höllischen Geistern ist/
der sich zu Zeiten nit nach gestaltsame der Sach und
erheischender Nothdurfft nach in ein Engel deß
Liechts verstelle? zwar mein ehrbarer Herr Aehne
nehme sich bey der Nasen; überredet er nit die Men-
schen wann er anklopfft Herberg bey ihnen zusu-
chen/ er seye die Gesparrsamkeit? solte ich ihn drum
deßwegen tadeln oder gar verklagen? Nein mit nich-
ten; ich bin ihm deßwegen nit einmal gehässig! sin-
temalen wie sich alle mit dergleichen Vörtheln und
Betrügereyen behelffen müssen/ biß wir bey den
Menschen ein Zutritt bekommen/ und sich unver-
merckt eingeschleicht haben; und möchte ich mir wol
einen rechtschaffenen frommen Menschen (die wir
aber allein zu hindergehen haben/ dann die Gottlose
werden uns ohne das nit entlauffen) hören was er
sagte/ wann einer von uns angestochen käme/ und
sagten ich bin der Geitz/ ich will dich zur Höllen brin-
gen! ich bin die Verschwendung/ ich will dich ver-
derben; Jch bin der Neid/ folg mir so kombstu in
die ewige Verdambnuß; ich bin die Hoffart/ lasse
mich bey dir einkehren/ so mache ich dich dem Teuf-
sel gleich/ der von GOttes Angesicht verstossen wor-
den; ich bin dieser oder der/ wann du mir nachäh-
mest/ so wird es dich viel zu spat reuen/ weil du alß-
dann der ewigen Pein nimmermehr wirst entrinnen
können; meinestu nit/ sagte sie zum Lucifer/ groß

mäch-

be nimmermehr zugeſchriben werden koͤnnen; Er
rucket mir auff/ daß ich mich bißweilen vor die Frey-
gebigkeit außgebe/ und unter ſolchem Schein meine
Geſchaͤffte verrichte; ach einfaͤltiges Anbringen ei-
nes alten Gecken! welches mehr zuverlachen als
meine Handlungen zu beſtraffen; weiß der alte Narꝛ
nicht/ daß keiner vnder allen hoͤlliſchen Geiſtern iſt/
der ſich zu Zeiten nit nach geſtaltſame der Sach und
erheiſchender Nothdurfft nach in ein Engel deß
Liechts verſtelle? zwar mein ehrbarer Herꝛ Aehne
nehme ſich bey der Naſen; uͤberredet er nit die Men-
ſchen wann er anklopfft Herberg bey ihnen zuſu-
chen/ er ſeye die Geſparꝛſamkeit? ſolte ich ihn drum
deßwegen tadeln oder gar verklagen? Nein mit nich-
ten; ich bin ihm deßwegen nit einmal gehaͤſſig! ſin-
temalen wie ſich alle mit dergleichen Voͤrtheln und
Betruͤgereyen behelffen muͤſſen/ biß wir bey den
Menſchen ein Zutritt bekommen/ und ſich unver-
merckt eingeſchleicht haben; und moͤchte ich mir wol
einen rechtſchaffenen frommen Menſchen (die wir
aber allein zu hindergehen haben/ dann die Gottloſe
werden uns ohne das nit entlauffen) hoͤren was er
ſagte/ wann einer von uns angeſtochen kaͤme/ und
ſagten ich bin der Geitz/ ich will dich zur Hoͤllen brin-
gen! ich bin die Verſchwendung/ ich will dich ver-
derben; Jch bin der Neid/ folg mir ſo kombſtu in
die ewige Verdambnuß; ich bin die Hoffart/ laſſe
mich bey dir einkehren/ ſo mache ich dich dem Teuf-
ſel gleich/ der von GOttes Angeſicht verſtoſſen wor-
den; ich bin dieſer oder der/ wann du mir nachaͤh-
meſt/ ſo wird es dich viel zu ſpat reuen/ weil du alß-
dann der ewigen Pein nimmermehr wirſt entrinnen
koͤnnen; meineſtu nit/ ſagte ſie zum Lucifer/ groß

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Zitationshilfe: Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669/23>, abgerufen am 02.05.2024.