Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Diese Schilderung ist aus Klosternachrichten gezogen. Götz von Berlichingen nennt aber in seiner selbst geschriebenen Lebensbeschreibung seine Theilnahme am Bauernkriege "widerwillig geleistete Dienste." Es scheint, dass ihm solche Vorwürfe zu Ohren gekommen, wie sie ihm jene Klosternachrichten bei dieser Gelegenheit machen. Denn er sagt darüber: "Ich weiss nichts, das ich gethan hab, denn dass ich manchen Chur- und Fürsten, Geistlichen und Weltlichen, auch Grafen, Herren und Rittern und Knechten, hohen und niedern Standes, grossen merklichen Schaden, so viel nur möglich gewest, verhüt hab.... Und kann mir auch keiner, er sei, wer er will, uflegen, dass ich je einem eines Nestels werth genommen, entwendt oder begehrt hab.... Und ist auch die Wahrheit, dass der Abt und das Convent zu Amorbach den Hauptleuten, wer sie denn waren, jedlichen ein oder zween Becher gaben, und wollten mir auch zween geben. Das merkt ich wohl, dass ein Betrug dahinter war. Aber die andern nahmen ihr all; allein ich gab ihnen meine zween wieder, und liess ufm Tisch stehn, und wollt ihr nit. Nit weiss ich, wo sie hinkommen sind. Ich habe ihr kein in mein Haus gebracht.... Der Abt von Amorbach sich auch hat hören lassen, er habe viel Silbergeschirr verloren, und der Meinung, ob es ihm entwendt ward, deren ich dann bei der göttlichen Wahrheit nicht weiss zu sagen.... Auch hat man dasselbig Silbergeschirr, das der Mönch klaget, darnach, da er sterben wollt, hinter ihm selber unter seinem Bett, darauf er gestorben ist, funden.... Das hat mir mein Pfarrherr, der ein frommer ehrlicher Mann, und freilich nie keine Lügen von ihm gehört worden, anzeigt, mit Namen Friedrich Wollfarth.... der es von etlichen Mönchen aus dem Convent zu Schönthal gehört, dahin es ohne Zweifel von den Mönchen zu Amorbach kommen, wie denn die Mönche einander nichts verhehlen. Das habe ich zu Entschuldigung meiner Ehren und andern, die der Sach auch unschuldig sein, nit unangezeigt lassen wollen."

Wir haben absichtlich beide Nachrichten hier zusammen gestellt, um unsere Leser in den Stand zu setzen, sich selbst ein Urtheil darüber zu bilden. Uns will bedünken, dass man der treuherzigen Erzählung des sonst zwar derben aber biedern Ritters, der sein strenges Rechtgefühl nie verläugnete, wohl Glauben

Diese Schilderung ist aus Klosternachrichten gezogen. Götz von Berlichingen nennt aber in seiner selbst geschriebenen Lebensbeschreibung seine Theilnahme am Bauernkriege „widerwillig geleistete Dienste.“ Es scheint, dass ihm solche Vorwürfe zu Ohren gekommen, wie sie ihm jene Klosternachrichten bei dieser Gelegenheit machen. Denn er sagt darüber: „Ich weiss nichts, das ich gethan hab, denn dass ich manchen Chur- und Fürsten, Geistlichen und Weltlichen, auch Grafen, Herren und Rittern und Knechten, hohen und niedern Standes, grossen merklichen Schaden, so viel nur möglich gewest, verhüt hab.… Und kann mir auch keiner, er sei, wer er will, uflegen, dass ich je einem eines Nestels werth genommen, entwendt oder begehrt hab.… Und ist auch die Wahrheit, dass der Abt und das Convent zu Amorbach den Hauptleuten, wer sie denn waren, jedlichen ein oder zween Becher gaben, und wollten mir auch zween geben. Das merkt ich wohl, dass ein Betrug dahinter war. Aber die andern nahmen ihr all; allein ich gab ihnen meine zween wieder, und liess ufm Tisch stehn, und wollt ihr nit. Nit weiss ich, wo sie hinkommen sind. Ich habe ihr kein in mein Haus gebracht.… Der Abt von Amorbach sich auch hat hören lassen, er habe viel Silbergeschirr verloren, und der Meinung, ob es ihm entwendt ward, deren ich dann bei der göttlichen Wahrheit nicht weiss zu sagen.… Auch hat man dasselbig Silbergeschirr, das der Mönch klaget, darnach, da er sterben wollt, hinter ihm selber unter seinem Bett, darauf er gestorben ist, funden.… Das hat mir mein Pfarrherr, der ein frommer ehrlicher Mann, und freilich nie keine Lügen von ihm gehört worden, anzeigt, mit Namen Friedrich Wollfarth.… der es von etlichen Mönchen aus dem Convent zu Schönthal gehört, dahin es ohne Zweifel von den Mönchen zu Amorbach kommen, wie denn die Mönche einander nichts verhehlen. Das habe ich zu Entschuldigung meiner Ehren und andern, die der Sach auch unschuldig sein, nit unangezeigt lassen wollen.“

Wir haben absichtlich beide Nachrichten hier zusammen gestellt, um unsere Leser in den Stand zu setzen, sich selbst ein Urtheil darüber zu bilden. Uns will bedünken, dass man der treuherzigen Erzählung des sonst zwar derben aber biedern Ritters, der sein strenges Rechtgefühl nie verläugnete, wohl Glauben

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0086" n="86"/>
          <p>Diese Schilderung ist aus Klosternachrichten gezogen. Götz von Berlichingen nennt aber in seiner selbst geschriebenen Lebensbeschreibung seine Theilnahme am Bauernkriege &#x201E;widerwillig geleistete Dienste.&#x201C; Es scheint, dass ihm solche Vorwürfe zu Ohren gekommen, wie sie ihm jene Klosternachrichten bei dieser Gelegenheit machen. Denn er sagt darüber: &#x201E;Ich weiss nichts, das ich gethan hab, denn dass ich manchen Chur- und Fürsten, Geistlichen und Weltlichen, auch Grafen, Herren und Rittern und Knechten, hohen und niedern Standes, grossen merklichen Schaden, so viel nur möglich gewest, verhüt hab.&#x2026; Und kann mir auch keiner, er sei, wer er will, uflegen, dass ich je einem eines Nestels werth genommen, entwendt oder begehrt hab.&#x2026; Und ist auch die Wahrheit, dass der Abt und das Convent zu Amorbach den Hauptleuten, wer sie denn waren, jedlichen ein oder zween Becher gaben, und wollten mir auch zween geben. Das merkt ich wohl, dass ein Betrug dahinter war. Aber die andern nahmen ihr all; allein ich gab ihnen meine zween wieder, und liess ufm Tisch stehn, und wollt ihr nit. Nit weiss ich, wo sie hinkommen sind. Ich habe ihr kein in mein Haus gebracht.&#x2026; Der Abt von Amorbach sich auch hat hören lassen, er habe viel Silbergeschirr verloren, und der Meinung, ob es ihm entwendt ward, deren ich dann bei der göttlichen Wahrheit nicht weiss zu sagen.&#x2026; Auch hat man dasselbig Silbergeschirr, das der Mönch klaget, darnach, da er sterben wollt, hinter ihm selber unter seinem Bett, darauf er gestorben ist, funden.&#x2026; Das <choice><sic>hat hat</sic><corr>hat</corr></choice> mir mein Pfarrherr, der ein frommer ehrlicher Mann, und freilich nie keine Lügen von ihm gehört worden, anzeigt, mit Namen Friedrich Wollfarth.&#x2026; der es von etlichen Mönchen aus dem Convent zu Schönthal gehört, dahin es ohne Zweifel von den Mönchen zu Amorbach kommen, wie denn die Mönche einander nichts verhehlen. Das habe ich zu Entschuldigung meiner Ehren und andern, die der Sach auch unschuldig sein, nit unangezeigt lassen wollen.&#x201C;</p>
          <p>Wir haben absichtlich beide Nachrichten hier zusammen gestellt, um unsere Leser in den Stand zu setzen, sich selbst ein Urtheil darüber zu bilden. Uns will bedünken, dass man der treuherzigen Erzählung des sonst zwar derben aber biedern Ritters, der sein strenges Rechtgefühl nie verläugnete, wohl Glauben
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[86/0086] Diese Schilderung ist aus Klosternachrichten gezogen. Götz von Berlichingen nennt aber in seiner selbst geschriebenen Lebensbeschreibung seine Theilnahme am Bauernkriege „widerwillig geleistete Dienste.“ Es scheint, dass ihm solche Vorwürfe zu Ohren gekommen, wie sie ihm jene Klosternachrichten bei dieser Gelegenheit machen. Denn er sagt darüber: „Ich weiss nichts, das ich gethan hab, denn dass ich manchen Chur- und Fürsten, Geistlichen und Weltlichen, auch Grafen, Herren und Rittern und Knechten, hohen und niedern Standes, grossen merklichen Schaden, so viel nur möglich gewest, verhüt hab.… Und kann mir auch keiner, er sei, wer er will, uflegen, dass ich je einem eines Nestels werth genommen, entwendt oder begehrt hab.… Und ist auch die Wahrheit, dass der Abt und das Convent zu Amorbach den Hauptleuten, wer sie denn waren, jedlichen ein oder zween Becher gaben, und wollten mir auch zween geben. Das merkt ich wohl, dass ein Betrug dahinter war. Aber die andern nahmen ihr all; allein ich gab ihnen meine zween wieder, und liess ufm Tisch stehn, und wollt ihr nit. Nit weiss ich, wo sie hinkommen sind. Ich habe ihr kein in mein Haus gebracht.… Der Abt von Amorbach sich auch hat hören lassen, er habe viel Silbergeschirr verloren, und der Meinung, ob es ihm entwendt ward, deren ich dann bei der göttlichen Wahrheit nicht weiss zu sagen.… Auch hat man dasselbig Silbergeschirr, das der Mönch klaget, darnach, da er sterben wollt, hinter ihm selber unter seinem Bett, darauf er gestorben ist, funden.… Das hat mir mein Pfarrherr, der ein frommer ehrlicher Mann, und freilich nie keine Lügen von ihm gehört worden, anzeigt, mit Namen Friedrich Wollfarth.… der es von etlichen Mönchen aus dem Convent zu Schönthal gehört, dahin es ohne Zweifel von den Mönchen zu Amorbach kommen, wie denn die Mönche einander nichts verhehlen. Das habe ich zu Entschuldigung meiner Ehren und andern, die der Sach auch unschuldig sein, nit unangezeigt lassen wollen.“ Wir haben absichtlich beide Nachrichten hier zusammen gestellt, um unsere Leser in den Stand zu setzen, sich selbst ein Urtheil darüber zu bilden. Uns will bedünken, dass man der treuherzigen Erzählung des sonst zwar derben aber biedern Ritters, der sein strenges Rechtgefühl nie verläugnete, wohl Glauben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-01-11T17:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-11T17:54:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-01-11T17:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_odenwald_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_odenwald_1843/86
Zitationshilfe: Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_odenwald_1843/86>, abgerufen am 23.11.2024.