Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843.in Mosbach von derselben doch ergriffen worden. Die Sage nennt die Krankheit, an der er gestorben, die Pest. Von dieser Zeit an gerieth die Burg in Verfall. Da die Sandsteine in der Gegend selten sind, so wurden die gehauenen Steine theils bei dem Baue der Pächterwohnung, theils an dem zum Gute gehörigen Hause in Fränkisch-Crumbach verwendet, und das Ganze hat daher das Ansehen gewaltsamer Zerstörung, so dass man glauben möchte, ein feindlicher Heerhaufe habe seine Wuth daran ausgelassen. Das Hofgut und das Haus in Bensheim kam nach dem Erlöschen der Rodensteinischen Familie an die Familie Ueberbruck, die seitdem auch den Rodensteinischen Namen dem ihrigen beigefügt hat. Die zerfallene Burg mit dem umliegenden Gute und Fränkisch-Crumbach kam an die Familie von Gemmingen und von Pretlack. Unser Bild zeigt die Burg Rodenstein in ihrer ernsten Wildniss und von der malerischsten Seite. Wir sehen hier die verrufene Waldburg in der schauerlichen Einsamkeit ihrer Vorzeit. Die beiden darunter liegenden Häuser sind der oben bezeichnete Pachthof. Wir dürfen von der Burg Rodenstein nicht scheiden, ohne auch der Sage zu gedenken, die am Ende des vorigen und im Anfange des jetzigen Jahrhunderts so viel Aufsehen gemacht hat. Man behauptete nämlich, meist eine Stunde nach dem Anbruche der Nacht ziehe aus den wenigen Mauertrümmern der uralten Burg Schnellerts oder Schnellert der Burggeist Rodenstein aus, oder kehre, wenn er ausgezogen war, nach denselben zurück. Die Ruinen des Schnellerts liegen etwa anderthalb Stunden vom Rodenstein östlich bei Oberkeinsbach, auf der rechten Seite des Gersprenzthales in einem Seitenthälchen desselben. Sichtbar erscheint der Geisterzug des Rodensteiners und seines Gefolges nicht, aber dem Ohre desto vernehmlicher. Er gleicht darin dem bekannten Spucke des wilden Jägers, mit dem er auch häufig in Norddeutschland verwechselt wurde. Man wollte dabei deutlich Pferdegetrab, das Knarren fahrender Wagen, das Bellen grosser und kleiner Hunde, den ermunternden Ruf "Hou! Hou!" Krachen, Posthornklang und Peitschenknall gehört haben. Der Auszug, wie der Einzug, geschieht nicht auf dem nächsten Wege, auf welchem er nur Nieder-Gersprenz, in Mosbach von derselben doch ergriffen worden. Die Sage nennt die Krankheit, an der er gestorben, die Pest. Von dieser Zeit an gerieth die Burg in Verfall. Da die Sandsteine in der Gegend selten sind, so wurden die gehauenen Steine theils bei dem Baue der Pächterwohnung, theils an dem zum Gute gehörigen Hause in Fränkisch-Crumbach verwendet, und das Ganze hat daher das Ansehen gewaltsamer Zerstörung, so dass man glauben möchte, ein feindlicher Heerhaufe habe seine Wuth daran ausgelassen. Das Hofgut und das Haus in Bensheim kam nach dem Erlöschen der Rodensteinischen Familie an die Familie Ueberbruck, die seitdem auch den Rodensteinischen Namen dem ihrigen beigefügt hat. Die zerfallene Burg mit dem umliegenden Gute und Fränkisch-Crumbach kam an die Familie von Gemmingen und von Pretlack. Unser Bild zeigt die Burg Rodenstein in ihrer ernsten Wildniss und von der malerischsten Seite. Wir sehen hier die verrufene Waldburg in der schauerlichen Einsamkeit ihrer Vorzeit. Die beiden darunter liegenden Häuser sind der oben bezeichnete Pachthof. Wir dürfen von der Burg Rodenstein nicht scheiden, ohne auch der Sage zu gedenken, die am Ende des vorigen und im Anfange des jetzigen Jahrhunderts so viel Aufsehen gemacht hat. Man behauptete nämlich, meist eine Stunde nach dem Anbruche der Nacht ziehe aus den wenigen Mauertrümmern der uralten Burg Schnellerts oder Schnellert der Burggeist Rodenstein aus, oder kehre, wenn er ausgezogen war, nach denselben zurück. Die Ruinen des Schnellerts liegen etwa anderthalb Stunden vom Rodenstein östlich bei Oberkeinsbach, auf der rechten Seite des Gersprenzthales in einem Seitenthälchen desselben. Sichtbar erscheint der Geisterzug des Rodensteiners und seines Gefolges nicht, aber dem Ohre desto vernehmlicher. Er gleicht darin dem bekannten Spucke des wilden Jägers, mit dem er auch häufig in Norddeutschland verwechselt wurde. Man wollte dabei deutlich Pferdegetrab, das Knarren fahrender Wagen, das Bellen grosser und kleiner Hunde, den ermunternden Ruf „Hou! Hou!“ Krachen, Posthornklang und Peitschenknall gehört haben. Der Auszug, wie der Einzug, geschieht nicht auf dem nächsten Wege, auf welchem er nur Nieder-Gersprenz, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0031" n="31"/> in Mosbach von derselben doch ergriffen worden. Die Sage nennt die Krankheit, an der er gestorben, die Pest. Von dieser Zeit an gerieth die Burg in Verfall. Da die Sandsteine in der Gegend selten sind, so wurden die gehauenen Steine theils bei dem Baue der Pächterwohnung, theils an dem zum Gute gehörigen Hause in Fränkisch-Crumbach verwendet, und das Ganze hat daher das Ansehen gewaltsamer Zerstörung, so dass man glauben möchte, ein feindlicher Heerhaufe habe seine Wuth daran ausgelassen.</p> <p>Das Hofgut und das Haus in Bensheim kam nach dem Erlöschen der Rodensteinischen Familie an die Familie Ueberbruck, die seitdem auch den Rodensteinischen Namen dem ihrigen beigefügt hat. Die zerfallene Burg mit dem umliegenden Gute und Fränkisch-Crumbach kam an die Familie von Gemmingen und von Pretlack.</p> <p>Unser Bild zeigt die Burg Rodenstein in ihrer ernsten Wildniss und von der malerischsten Seite. Wir sehen hier die verrufene Waldburg in der schauerlichen Einsamkeit ihrer Vorzeit. Die beiden darunter liegenden Häuser sind der oben bezeichnete Pachthof.</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Wir dürfen von der Burg Rodenstein nicht scheiden, ohne auch der Sage zu gedenken, die am Ende des vorigen und im Anfange des jetzigen Jahrhunderts so viel Aufsehen gemacht hat. Man behauptete nämlich, meist eine Stunde nach dem Anbruche der Nacht ziehe aus den wenigen Mauertrümmern der uralten Burg <hi rendition="#g">Schnellerts</hi> oder <hi rendition="#g">Schnellert</hi> der Burggeist Rodenstein aus, oder kehre, wenn er ausgezogen war, nach denselben zurück. Die Ruinen des Schnellerts liegen etwa anderthalb Stunden vom Rodenstein östlich bei <hi rendition="#g">Oberkeinsbach</hi>, auf der rechten Seite des Gersprenzthales in einem Seitenthälchen desselben. Sichtbar erscheint der Geisterzug des Rodensteiners und seines Gefolges nicht, aber dem Ohre desto vernehmlicher. Er gleicht darin dem bekannten Spucke des wilden Jägers, mit dem er auch häufig in Norddeutschland verwechselt wurde. Man wollte dabei deutlich Pferdegetrab, das Knarren fahrender Wagen, das Bellen grosser und kleiner Hunde, den ermunternden Ruf „Hou! Hou!“ Krachen, Posthornklang und Peitschenknall gehört haben. Der Auszug, wie der Einzug, geschieht nicht auf dem nächsten Wege, auf welchem er nur Nieder-Gersprenz, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [31/0031]
in Mosbach von derselben doch ergriffen worden. Die Sage nennt die Krankheit, an der er gestorben, die Pest. Von dieser Zeit an gerieth die Burg in Verfall. Da die Sandsteine in der Gegend selten sind, so wurden die gehauenen Steine theils bei dem Baue der Pächterwohnung, theils an dem zum Gute gehörigen Hause in Fränkisch-Crumbach verwendet, und das Ganze hat daher das Ansehen gewaltsamer Zerstörung, so dass man glauben möchte, ein feindlicher Heerhaufe habe seine Wuth daran ausgelassen.
Das Hofgut und das Haus in Bensheim kam nach dem Erlöschen der Rodensteinischen Familie an die Familie Ueberbruck, die seitdem auch den Rodensteinischen Namen dem ihrigen beigefügt hat. Die zerfallene Burg mit dem umliegenden Gute und Fränkisch-Crumbach kam an die Familie von Gemmingen und von Pretlack.
Unser Bild zeigt die Burg Rodenstein in ihrer ernsten Wildniss und von der malerischsten Seite. Wir sehen hier die verrufene Waldburg in der schauerlichen Einsamkeit ihrer Vorzeit. Die beiden darunter liegenden Häuser sind der oben bezeichnete Pachthof.
Wir dürfen von der Burg Rodenstein nicht scheiden, ohne auch der Sage zu gedenken, die am Ende des vorigen und im Anfange des jetzigen Jahrhunderts so viel Aufsehen gemacht hat. Man behauptete nämlich, meist eine Stunde nach dem Anbruche der Nacht ziehe aus den wenigen Mauertrümmern der uralten Burg Schnellerts oder Schnellert der Burggeist Rodenstein aus, oder kehre, wenn er ausgezogen war, nach denselben zurück. Die Ruinen des Schnellerts liegen etwa anderthalb Stunden vom Rodenstein östlich bei Oberkeinsbach, auf der rechten Seite des Gersprenzthales in einem Seitenthälchen desselben. Sichtbar erscheint der Geisterzug des Rodensteiners und seines Gefolges nicht, aber dem Ohre desto vernehmlicher. Er gleicht darin dem bekannten Spucke des wilden Jägers, mit dem er auch häufig in Norddeutschland verwechselt wurde. Man wollte dabei deutlich Pferdegetrab, das Knarren fahrender Wagen, das Bellen grosser und kleiner Hunde, den ermunternden Ruf „Hou! Hou!“ Krachen, Posthornklang und Peitschenknall gehört haben. Der Auszug, wie der Einzug, geschieht nicht auf dem nächsten Wege, auf welchem er nur Nieder-Gersprenz,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2013-01-11T17:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-01-11T17:54:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-01-11T17:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |