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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1857.

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Morgen, bei Anbruch des Tags, giengen sie zusammen hinaus in den Wald. Der Sohn half dem Vater und war ganz munter und frisch dabei. Als nun die Sonne über ihnen stand, sprach der Vater 'wir wollen rasten und Mittag halten, hernach gehts noch einmal so gut.' Der Sohn nahm sein Brot in die Hand und sprach 'ruht euch nur aus, Vater, ich bin nicht müde, ich will in dem Wald ein wenig auf und abgehen und Vogelnester suchen.' 'O du Geck,' sprach der Vater, 'was willst du da herum laufen, hernach bist du müde und kannst den Arm nicht mehr aufheben; bleib hier und setze dich zu mir.'

Der Sohn aber gieng in den Wald, aß sein Brot, war ganz fröhlich und sah in die grünen Zweige hinein, ob er etwa ein Nest entdeckte. So gieng er hin und her, bis er endlich zu einer großen gefährlichen Eiche kam, die gewiß schon viele hundert Jahre alt war und die keine fünf Menschen umspannt hätten. Er blieb stehen und sah sie an und dachte 'es muß doch mancher Vogel sein Nest hinein gebaut haben.' Da däuchte ihn auf einmal als hörte er eine Stimme. Er horchte und vernahm wie es mit so einem recht dumpfen Ton rief 'laß mich heraus, laß mich heraus.' Er sah sich rings um, konnte aber nichts entdecken, doch es war ihm als ob die Stimme unten aus der Erde hervor käme. Da rief er 'wo bist du?' Die Stimme antwortete 'ich stecke da unten bei den Eichwurzeln. Laß mich heraus, laß mich heraus.' Der Schüler fieng an unter dem Baum aufzuräumen und bei den Wurzeln zu suchen, bis er endlich in einer kleinen Höhlung eine Glasflasche entdeckte. Er hob sie in die Höhe und hielt sie gegen das Licht, da sah er ein Ding, gleich einem Frosch gestaltet, das sprang darin auf und nieder. 'Laß mich heraus, laß mich heraus,' riefs von neuem, und der Schüler, der an nichts Böses dachte, nahm den Pfropfen von der Flasche ab. Alsbald stieg ein Geist heraus und fieng an zu wachsen, und wuchs so schnell, daß er in wenigen

Morgen, bei Anbruch des Tags, giengen sie zusammen hinaus in den Wald. Der Sohn half dem Vater und war ganz munter und frisch dabei. Als nun die Sonne über ihnen stand, sprach der Vater ‘wir wollen rasten und Mittag halten, hernach gehts noch einmal so gut.’ Der Sohn nahm sein Brot in die Hand und sprach ‘ruht euch nur aus, Vater, ich bin nicht müde, ich will in dem Wald ein wenig auf und abgehen und Vogelnester suchen.’ ‘O du Geck,’ sprach der Vater, ‘was willst du da herum laufen, hernach bist du müde und kannst den Arm nicht mehr aufheben; bleib hier und setze dich zu mir.’

Der Sohn aber gieng in den Wald, aß sein Brot, war ganz fröhlich und sah in die grünen Zweige hinein, ob er etwa ein Nest entdeckte. So gieng er hin und her, bis er endlich zu einer großen gefährlichen Eiche kam, die gewiß schon viele hundert Jahre alt war und die keine fünf Menschen umspannt hätten. Er blieb stehen und sah sie an und dachte ‘es muß doch mancher Vogel sein Nest hinein gebaut haben.’ Da däuchte ihn auf einmal als hörte er eine Stimme. Er horchte und vernahm wie es mit so einem recht dumpfen Ton rief ‘laß mich heraus, laß mich heraus.’ Er sah sich rings um, konnte aber nichts entdecken, doch es war ihm als ob die Stimme unten aus der Erde hervor käme. Da rief er ‘wo bist du?’ Die Stimme antwortete ‘ich stecke da unten bei den Eichwurzeln. Laß mich heraus, laß mich heraus.’ Der Schüler fieng an unter dem Baum aufzuräumen und bei den Wurzeln zu suchen, bis er endlich in einer kleinen Höhlung eine Glasflasche entdeckte. Er hob sie in die Höhe und hielt sie gegen das Licht, da sah er ein Ding, gleich einem Frosch gestaltet, das sprang darin auf und nieder. ‘Laß mich heraus, laß mich heraus,’ riefs von neuem, und der Schüler, der an nichts Böses dachte, nahm den Pfropfen von der Flasche ab. Alsbald stieg ein Geist heraus und fieng an zu wachsen, und wuchs so schnell, daß er in wenigen

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[73/0085] Morgen, bei Anbruch des Tags, giengen sie zusammen hinaus in den Wald. Der Sohn half dem Vater und war ganz munter und frisch dabei. Als nun die Sonne über ihnen stand, sprach der Vater ‘wir wollen rasten und Mittag halten, hernach gehts noch einmal so gut.’ Der Sohn nahm sein Brot in die Hand und sprach ‘ruht euch nur aus, Vater, ich bin nicht müde, ich will in dem Wald ein wenig auf und abgehen und Vogelnester suchen.’ ‘O du Geck,’ sprach der Vater, ‘was willst du da herum laufen, hernach bist du müde und kannst den Arm nicht mehr aufheben; bleib hier und setze dich zu mir.’ Der Sohn aber gieng in den Wald, aß sein Brot, war ganz fröhlich und sah in die grünen Zweige hinein, ob er etwa ein Nest entdeckte. So gieng er hin und her, bis er endlich zu einer großen gefährlichen Eiche kam, die gewiß schon viele hundert Jahre alt war und die keine fünf Menschen umspannt hätten. Er blieb stehen und sah sie an und dachte ‘es muß doch mancher Vogel sein Nest hinein gebaut haben.’ Da däuchte ihn auf einmal als hörte er eine Stimme. Er horchte und vernahm wie es mit so einem recht dumpfen Ton rief ‘laß mich heraus, laß mich heraus.’ Er sah sich rings um, konnte aber nichts entdecken, doch es war ihm als ob die Stimme unten aus der Erde hervor käme. Da rief er ‘wo bist du?’ Die Stimme antwortete ‘ich stecke da unten bei den Eichwurzeln. Laß mich heraus, laß mich heraus.’ Der Schüler fieng an unter dem Baum aufzuräumen und bei den Wurzeln zu suchen, bis er endlich in einer kleinen Höhlung eine Glasflasche entdeckte. Er hob sie in die Höhe und hielt sie gegen das Licht, da sah er ein Ding, gleich einem Frosch gestaltet, das sprang darin auf und nieder. ‘Laß mich heraus, laß mich heraus,’ riefs von neuem, und der Schüler, der an nichts Böses dachte, nahm den Pfropfen von der Flasche ab. Alsbald stieg ein Geist heraus und fieng an zu wachsen, und wuchs so schnell, daß er in wenigen

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1857, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1857/85>, abgerufen am 23.11.2024.