Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1857.kannst du mir nur, wenn du auf den Glasberg steigst und mich aus der Gewalt der Hexe befreist. Aber zu dem Glasberg kommst du nicht, und wenn du auch ganz nahe daran wärst, so kannst du nicht hinauf.' 'Was ich will, das kann ich,' sagte der Trommler, 'ich habe Mitleid mit dir und ich fürchte mich vor nichts. Aber ich weiß den Weg nicht, der nach dem Glasberge führt.' 'Der Weg geht durch den großen Wald, in dem die Menschenfresser hausen,' antwortete sie, 'mehr darf ich dir nicht sagen.' Darauf hörte er wie sie fortschwirrte. Bei Anbruch des Tags machte sich der Trommler auf, hieng seine Trommel um und gieng ohne Furcht geradezu in den Wald hinein. Als er ein Weilchen gegangen war und keinen Riesen erblickte, so dachte er 'ich muß die Langeschläfer aufwecken,' hieng die Trommel vor und schlug einen Wirbel, daß die Vögel aus den Bäumen mit Geschrei aufflogen. Nicht lange so erhob sich auch ein Riese in die Höhe, der im Gras gelegen und geschlafen hatte, und war so groß wie eine Tanne. 'Du Wicht,' rief er ihm zu, 'was trommelst du hier und weckst mich aus dem besten Schlaf?' 'Jch trommle,' antwortete er, 'weil viele tausende hinter mir herkommen, damit sie den Weg wissen.' 'Was wollen die hier in meinem Wald?' fragte der Riese. 'Sie wollen dir den Garaus machen und den Wald von einem Ungethüm, wie du bist, säubern.' 'Oho,' sagte der Riese, 'ich trete euch wie Ameisen todt.' 'Meinst du, du könntest gegen sie etwas ausrichten?' sprach der Trommler, 'wenn du dich bückst, um einen zu packen, so springt er fort und versteckt sich: wie du dich aber niederlegst und schläfst, so kommen sie aus allen Gebüschen herbei, und kriechen an dir hinauf. Jeder hat einen Hammer von Stahl am Gürtel stecken, damit schlagen sie dir den Schädel ein.' Der Riese ward verdrießlich und dachte 'wenn ich mich mit dem listigen Volk befasse, so könnte es doch zu meinem Schaden ausschlagen. Wölfen und kannst du mir nur, wenn du auf den Glasberg steigst und mich aus der Gewalt der Hexe befreist. Aber zu dem Glasberg kommst du nicht, und wenn du auch ganz nahe daran wärst, so kannst du nicht hinauf.’ ‘Was ich will, das kann ich,’ sagte der Trommler, ‘ich habe Mitleid mit dir und ich fürchte mich vor nichts. Aber ich weiß den Weg nicht, der nach dem Glasberge führt.’ ‘Der Weg geht durch den großen Wald, in dem die Menschenfresser hausen,’ antwortete sie, ‘mehr darf ich dir nicht sagen.’ Darauf hörte er wie sie fortschwirrte. Bei Anbruch des Tags machte sich der Trommler auf, hieng seine Trommel um und gieng ohne Furcht geradezu in den Wald hinein. Als er ein Weilchen gegangen war und keinen Riesen erblickte, so dachte er ‘ich muß die Langeschläfer aufwecken,’ hieng die Trommel vor und schlug einen Wirbel, daß die Vögel aus den Bäumen mit Geschrei aufflogen. Nicht lange so erhob sich auch ein Riese in die Höhe, der im Gras gelegen und geschlafen hatte, und war so groß wie eine Tanne. ‘Du Wicht,’ rief er ihm zu, ‘was trommelst du hier und weckst mich aus dem besten Schlaf?’ ‘Jch trommle,’ antwortete er, ‘weil viele tausende hinter mir herkommen, damit sie den Weg wissen.’ ‘Was wollen die hier in meinem Wald?’ fragte der Riese. ‘Sie wollen dir den Garaus machen und den Wald von einem Ungethüm, wie du bist, säubern.’ ‘Oho,’ sagte der Riese, ‘ich trete euch wie Ameisen todt.’ ‘Meinst du, du könntest gegen sie etwas ausrichten?’ sprach der Trommler, ‘wenn du dich bückst, um einen zu packen, so springt er fort und versteckt sich: wie du dich aber niederlegst und schläfst, so kommen sie aus allen Gebüschen herbei, und kriechen an dir hinauf. Jeder hat einen Hammer von Stahl am Gürtel stecken, damit schlagen sie dir den Schädel ein.’ Der Riese ward verdrießlich und dachte ‘wenn ich mich mit dem listigen Volk befasse, so könnte es doch zu meinem Schaden ausschlagen. Wölfen und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0440" n="428"/> kannst du mir nur, wenn du auf den Glasberg steigst und mich aus der Gewalt der Hexe befreist. Aber zu dem Glasberg kommst du nicht, und wenn du auch ganz nahe daran wärst, so kannst du nicht hinauf.’ ‘Was ich will, das kann ich,’ sagte der Trommler, ‘ich habe Mitleid mit dir und ich fürchte mich vor nichts. Aber ich weiß den Weg nicht, der nach dem Glasberge führt.’ ‘Der Weg geht durch den großen Wald, in dem die Menschenfresser hausen,’ antwortete sie, ‘mehr darf ich dir nicht sagen.’ Darauf hörte er wie sie fortschwirrte.</p><lb/> <p>Bei Anbruch des Tags machte sich der Trommler auf, hieng seine Trommel um und gieng ohne Furcht geradezu in den Wald hinein. 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Nicht lange so erhob sich auch ein Riese in die Höhe, der im Gras gelegen und geschlafen hatte, und war so groß wie eine Tanne. ‘Du Wicht,’ rief er ihm zu, ‘was trommelst du hier und weckst mich aus dem besten Schlaf?’ ‘Jch trommle,’ antwortete er, ‘weil viele tausende hinter mir herkommen, damit sie den Weg wissen.’ ‘Was wollen die hier in meinem Wald?’ fragte der Riese. ‘Sie wollen dir den Garaus machen und den Wald von einem Ungethüm, wie du bist, säubern.’ ‘Oho,’ sagte der Riese, ‘ich trete euch wie Ameisen todt.’ ‘Meinst du, du könntest gegen sie etwas ausrichten?’ sprach der Trommler, ‘wenn du dich bückst, um einen zu packen, so springt er fort und versteckt sich: wie du dich aber niederlegst und schläfst, so kommen sie aus allen Gebüschen herbei, und kriechen an dir hinauf. Jeder hat einen Hammer von Stahl am Gürtel stecken, damit schlagen sie dir den Schädel ein.’ Der Riese ward verdrießlich und dachte ‘wenn ich mich mit dem listigen Volk befasse, so könnte es doch zu meinem Schaden ausschlagen. Wölfen und </p> </div> </body> </text> </TEI> [428/0440]
kannst du mir nur, wenn du auf den Glasberg steigst und mich aus der Gewalt der Hexe befreist. Aber zu dem Glasberg kommst du nicht, und wenn du auch ganz nahe daran wärst, so kannst du nicht hinauf.’ ‘Was ich will, das kann ich,’ sagte der Trommler, ‘ich habe Mitleid mit dir und ich fürchte mich vor nichts. Aber ich weiß den Weg nicht, der nach dem Glasberge führt.’ ‘Der Weg geht durch den großen Wald, in dem die Menschenfresser hausen,’ antwortete sie, ‘mehr darf ich dir nicht sagen.’ Darauf hörte er wie sie fortschwirrte.
Bei Anbruch des Tags machte sich der Trommler auf, hieng seine Trommel um und gieng ohne Furcht geradezu in den Wald hinein. Als er ein Weilchen gegangen war und keinen Riesen erblickte, so dachte er ‘ich muß die Langeschläfer aufwecken,’ hieng die Trommel vor und schlug einen Wirbel, daß die Vögel aus den Bäumen mit Geschrei aufflogen. Nicht lange so erhob sich auch ein Riese in die Höhe, der im Gras gelegen und geschlafen hatte, und war so groß wie eine Tanne. ‘Du Wicht,’ rief er ihm zu, ‘was trommelst du hier und weckst mich aus dem besten Schlaf?’ ‘Jch trommle,’ antwortete er, ‘weil viele tausende hinter mir herkommen, damit sie den Weg wissen.’ ‘Was wollen die hier in meinem Wald?’ fragte der Riese. ‘Sie wollen dir den Garaus machen und den Wald von einem Ungethüm, wie du bist, säubern.’ ‘Oho,’ sagte der Riese, ‘ich trete euch wie Ameisen todt.’ ‘Meinst du, du könntest gegen sie etwas ausrichten?’ sprach der Trommler, ‘wenn du dich bückst, um einen zu packen, so springt er fort und versteckt sich: wie du dich aber niederlegst und schläfst, so kommen sie aus allen Gebüschen herbei, und kriechen an dir hinauf. Jeder hat einen Hammer von Stahl am Gürtel stecken, damit schlagen sie dir den Schädel ein.’ Der Riese ward verdrießlich und dachte ‘wenn ich mich mit dem listigen Volk befasse, so könnte es doch zu meinem Schaden ausschlagen. Wölfen und
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