Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

Morgen wurden sie vor Gericht geführt: da sprach der Richter 'seid ihr die Mörder?' 'Wir alle drei.' 'Warum habt ihr den Kaufmann erschlagen?' 'Ums Geld.' 'Jhr Bösewichter,' sagte der Richter, 'habt ihr euch nicht der Sünde gescheut?' 'Und das was Recht.' 'Sie haben bekannt und sind noch halsstarrig dazu' sprach der Richter, 'führt sie gleich zum Tod.' Also wurden sie hinausgebracht, und der Wirth mußte mit in den Kreiß treten. Wie sie nun von den Henkersknechten gefaßt und oben aufs Gerüst geführt wurden, wo der Scharfrichter mit bloßem Schwerte stand, kam auf einmal eine Kutsche mit vier blutrothen Füchsen bespannt, und fuhr daß das Feuer aus den Steinen sprang, aus dem Fenster aber winkte einer mit einem weißen Tuche. Da sprach der Scharfrichter 'es kommt Gnade,' und ward auch aus dem Wagen 'Gnade! Gnade!' gerufen. Da trat der Teufel heraus, als ein sehr vornehmer Herr, prächtig gekleidet und sprach 'ihr drei seid unschuldig; ihr dürft nun sprechen, sagt heraus was ihr gesehen und gehört habt.' Da sprach der älteste 'wir haben den Kaufmann nicht getödtet, der Mörder steht da im Kreiß' und deutete auf den Wirth, 'zum Wahrzeichen geht hin in seinen Keller, da hängen noch viele andere, die er ums Leben gebracht.' Da schickte der Richter die Henkersknechte hin, die fanden es, wies gesagt war, und als sie dem Richter das berichtet hatten, ließ er den Wirth hinauf führen und ihm das Haupt abschlagen. Da sprach der Teufel zu den dreien 'nun hab ich die Seele, die ich haben wollte, ihr seid aber frei und habt Geld für euer Lebtag.'



Morgen wurden sie vor Gericht geführt: da sprach der Richter ‘seid ihr die Mörder?’ ‘Wir alle drei.’ ‘Warum habt ihr den Kaufmann erschlagen?’ ‘Ums Geld.’ ‘Jhr Bösewichter,’ sagte der Richter, ‘habt ihr euch nicht der Sünde gescheut?’ ‘Und das was Recht.’ ‘Sie haben bekannt und sind noch halsstarrig dazu’ sprach der Richter, ‘führt sie gleich zum Tod.’ Also wurden sie hinausgebracht, und der Wirth mußte mit in den Kreiß treten. Wie sie nun von den Henkersknechten gefaßt und oben aufs Gerüst geführt wurden, wo der Scharfrichter mit bloßem Schwerte stand, kam auf einmal eine Kutsche mit vier blutrothen Füchsen bespannt, und fuhr daß das Feuer aus den Steinen sprang, aus dem Fenster aber winkte einer mit einem weißen Tuche. Da sprach der Scharfrichter ‘es kommt Gnade,’ und ward auch aus dem Wagen ‘Gnade! Gnade!’ gerufen. Da trat der Teufel heraus, als ein sehr vornehmer Herr, prächtig gekleidet und sprach ‘ihr drei seid unschuldig; ihr dürft nun sprechen, sagt heraus was ihr gesehen und gehört habt.’ Da sprach der älteste ‘wir haben den Kaufmann nicht getödtet, der Mörder steht da im Kreiß’ und deutete auf den Wirth, ‘zum Wahrzeichen geht hin in seinen Keller, da hängen noch viele andere, die er ums Leben gebracht.’ Da schickte der Richter die Henkersknechte hin, die fanden es, wies gesagt war, und als sie dem Richter das berichtet hatten, ließ er den Wirth hinauf führen und ihm das Haupt abschlagen. Da sprach der Teufel zu den dreien ‘nun hab ich die Seele, die ich haben wollte, ihr seid aber frei und habt Geld für euer Lebtag.’



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0206" n="194"/>
Morgen wurden sie vor Gericht geführt: da sprach der Richter &#x2018;seid ihr die Mörder?&#x2019; &#x2018;Wir alle drei.&#x2019; &#x2018;Warum habt ihr den Kaufmann erschlagen?&#x2019; &#x2018;Ums Geld.&#x2019; &#x2018;Jhr Bösewichter,&#x2019; sagte der Richter, &#x2018;habt ihr euch nicht der Sünde gescheut?&#x2019; &#x2018;Und das was Recht.&#x2019; &#x2018;Sie haben bekannt und sind noch halsstarrig dazu&#x2019; sprach der Richter, &#x2018;führt sie gleich zum Tod.&#x2019; Also wurden sie hinausgebracht, und der Wirth mußte mit in den Kreiß treten. Wie sie nun von den Henkersknechten gefaßt und oben aufs Gerüst geführt wurden, wo der Scharfrichter mit bloßem Schwerte stand, kam auf einmal eine Kutsche mit vier blutrothen Füchsen bespannt, und fuhr daß das Feuer aus den Steinen sprang, aus dem Fenster aber winkte einer mit einem weißen Tuche. Da sprach der Scharfrichter &#x2018;es kommt Gnade,&#x2019; und ward auch aus dem Wagen &#x2018;Gnade! Gnade!&#x2019; gerufen. Da trat der Teufel heraus, als ein sehr vornehmer Herr, prächtig gekleidet und sprach &#x2018;ihr drei seid unschuldig; ihr dürft nun sprechen, sagt heraus was ihr gesehen und gehört habt.&#x2019; Da sprach der älteste &#x2018;wir haben den Kaufmann nicht getödtet, der Mörder steht da im Kreiß&#x2019; und deutete auf den Wirth, &#x2018;zum Wahrzeichen geht hin in seinen Keller, da hängen noch viele andere, die er ums Leben gebracht.&#x2019; Da schickte der Richter die Henkersknechte hin, die fanden es, wies gesagt war, und als sie dem Richter das berichtet hatten, ließ er den Wirth hinauf führen und ihm das Haupt abschlagen. Da sprach der Teufel zu den dreien &#x2018;nun hab ich die Seele, die ich haben wollte, ihr seid aber frei und habt Geld für euer Lebtag.&#x2019;</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[194/0206] Morgen wurden sie vor Gericht geführt: da sprach der Richter ‘seid ihr die Mörder?’ ‘Wir alle drei.’ ‘Warum habt ihr den Kaufmann erschlagen?’ ‘Ums Geld.’ ‘Jhr Bösewichter,’ sagte der Richter, ‘habt ihr euch nicht der Sünde gescheut?’ ‘Und das was Recht.’ ‘Sie haben bekannt und sind noch halsstarrig dazu’ sprach der Richter, ‘führt sie gleich zum Tod.’ Also wurden sie hinausgebracht, und der Wirth mußte mit in den Kreiß treten. Wie sie nun von den Henkersknechten gefaßt und oben aufs Gerüst geführt wurden, wo der Scharfrichter mit bloßem Schwerte stand, kam auf einmal eine Kutsche mit vier blutrothen Füchsen bespannt, und fuhr daß das Feuer aus den Steinen sprang, aus dem Fenster aber winkte einer mit einem weißen Tuche. Da sprach der Scharfrichter ‘es kommt Gnade,’ und ward auch aus dem Wagen ‘Gnade! Gnade!’ gerufen. Da trat der Teufel heraus, als ein sehr vornehmer Herr, prächtig gekleidet und sprach ‘ihr drei seid unschuldig; ihr dürft nun sprechen, sagt heraus was ihr gesehen und gehört habt.’ Da sprach der älteste ‘wir haben den Kaufmann nicht getödtet, der Mörder steht da im Kreiß’ und deutete auf den Wirth, ‘zum Wahrzeichen geht hin in seinen Keller, da hängen noch viele andere, die er ums Leben gebracht.’ Da schickte der Richter die Henkersknechte hin, die fanden es, wies gesagt war, und als sie dem Richter das berichtet hatten, ließ er den Wirth hinauf führen und ihm das Haupt abschlagen. Da sprach der Teufel zu den dreien ‘nun hab ich die Seele, die ich haben wollte, ihr seid aber frei und habt Geld für euer Lebtag.’

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-03T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1850/206
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1850, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1850/206>, abgerufen am 22.11.2024.