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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.

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Hugdieterich droht ihm aber:

"und laß dich willig finden, wann ich im Willen bin:
du hast sechszehn Kinder, die häng ich an die Zinn
dazu dich und dein Fraue zu allervorderst an!"

Er heißt ihn vor seine Kammer kommen: wenn alles entschlafen sey, wolle er ihm das Kind geben.

der König ging zu seim Bette, da lag das Messer sein,
das Kind aufheben er thäte, er sprach: "und thust du wein',
Vers 32.ich stoß dirs in dein Herze, du unreines Kind!"
doch behüt' es Gott vor Schmerze, daß es schlief; gar geschwind
wohl aus der Kemenate der König sein Kind ihm gab.
Puntung eilt dannen drate (schnell), thät von der Burg hin trab'.
Vers 33.Da er kam weit hin danne, das Kind thät rühren sich,
es sah den Tag gar schöne, sprach: "Mutter, decke mich!"
Puntung der sprach: "schweig stille!" wie bald es da geschwieg!
thät an seim Harnisch spielen. Sie vermieden die rechten Stieg
Vers 34.und kamen auf ein Heide, da niemand bei ihnen was:
Puntung zog aus der Scheide, setzt das Kind auf das Gras.
Da es das Schwert sah glitzen, das Kind, so wohl gethan,
vor Freuden nimmer wollt sitzen, wollt das Schwert greifen an.

Da erbarmt ihn des Kindes und sein Herz wird weich, daß er, der allein hundert Männern den Tod schon gegeben, selbst nicht

Hugdieterich droht ihm aber:

„und laß dich willig finden, wann ich im Willen bin:
du hast sechszehn Kinder, die haͤng ich an die Zinn
dazu dich und dein Fraue zu allervorderst an!“

Er heißt ihn vor seine Kammer kommen: wenn alles entschlafen sey, wolle er ihm das Kind geben.

der Koͤnig ging zu seim Bette, da lag das Messer sein,
das Kind aufheben er thaͤte, er sprach: „und thust du wein’,
Vers 32.ich stoß dirs in dein Herze, du unreines Kind!“
doch behuͤt’ es Gott vor Schmerze, daß es schlief; gar geschwind
wohl aus der Kemenate der Koͤnig sein Kind ihm gab.
Puntung eilt dannen drate (schnell), thaͤt von der Burg hin trab’.
Vers 33.Da er kam weit hin danne, das Kind thaͤt ruͤhren sich,
es sah den Tag gar schoͤne, sprach: „Mutter, decke mich!“
Puntung der sprach: „schweig stille!“ wie bald es da geschwieg!
thaͤt an seim Harnisch spielen. Sie vermieden die rechten Stieg
Vers 34.und kamen auf ein Heide, da niemand bei ihnen was:
Puntung zog aus der Scheide, setzt das Kind auf das Gras.
Da es das Schwert sah glitzen, das Kind, so wohl gethan,
vor Freuden nimmer wollt sitzen, wollt das Schwert greifen an.

Da erbarmt ihn des Kindes und sein Herz wird weich, daß er, der allein hundert Maͤnnern den Tod schon gegeben, selbst nicht

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[LIV/0060] Hugdieterich droht ihm aber: „und laß dich willig finden, wann ich im Willen bin: du hast sechszehn Kinder, die haͤng ich an die Zinn dazu dich und dein Fraue zu allervorderst an!“ Er heißt ihn vor seine Kammer kommen: wenn alles entschlafen sey, wolle er ihm das Kind geben. der Koͤnig ging zu seim Bette, da lag das Messer sein, das Kind aufheben er thaͤte, er sprach: „und thust du wein’, ich stoß dirs in dein Herze, du unreines Kind!“ doch behuͤt’ es Gott vor Schmerze, daß es schlief; gar geschwind wohl aus der Kemenate der Koͤnig sein Kind ihm gab. Puntung eilt dannen drate (schnell), thaͤt von der Burg hin trab’. Da er kam weit hin danne, das Kind thaͤt ruͤhren sich, es sah den Tag gar schoͤne, sprach: „Mutter, decke mich!“ Puntung der sprach: „schweig stille!“ wie bald es da geschwieg! thaͤt an seim Harnisch spielen. Sie vermieden die rechten Stieg und kamen auf ein Heide, da niemand bei ihnen was: Puntung zog aus der Scheide, setzt das Kind auf das Gras. Da es das Schwert sah glitzen, das Kind, so wohl gethan, vor Freuden nimmer wollt sitzen, wollt das Schwert greifen an. Da erbarmt ihn des Kindes und sein Herz wird weich, daß er, der allein hundert Maͤnnern den Tod schon gegeben, selbst nicht

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Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12546-6) in Bd. 2, S. 305–308 ein Wörterverzeichnis mit Begriffserläuterungen.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819, S. LIV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/60>, abgerufen am 02.05.2024.