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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.

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Als sie zu ihm kam, lag er da und schlief fest, sie rüttelte ihn und rief ihn, aber sie konnt' ihn nicht aufwecken, er schlief in einem fort. Da legte sie ein Brot neben ihn hin, davon konnte er so viel essen, als er wollte, es wurde nicht all'; dann ein Stück Fleisch, davon konnt' er auch so viel essen, als er wollte, es wurde nicht all'; zum dritten eine Flasche Wein, davon konnt' er trinken, so viel er wollte, es wurde nicht all'. Darnach nahm sie ihren goldenen Ring vom Finger und steckt ihm den an und war ihr Name darein gegraben, und endlich legte sie einen Brief hin, darin stand, was sie ihm gegeben hatte und daß es nie all' würde und es stand auch darin: "ich sehe wohl, daß du mich hier nicht erlösen kannst, willst du mich aber noch erlösen, so komm nach dem goldenen Schloß von Stromberg, da kannst du es, das weiß ich gewiß." Und wie sie ihm das alles gegeben hatte, setzte sie sich in ihren Wagen und fuhr weg in das goldene Schloß von Stromberg.

Als der Mann aufwachte und sah, daß er geschlafen hatte, ward er von Herzen traurig und sprach: "gewiß nun ist sie vorbei gefahren und ich habe sie nicht erlöst." Da fielen ihm die Dinge in die Augen, die neben ihm lagen, und er las den Brief, darin geschrieben stand, wie es zugegangen war. Also machte er sich auf und ging fort und wollte nach dem goldenen Schloß von Stromberg, aber er wußte nicht, wo es lag. Nun war er schon lange in der Welt herumgegangen, da kam er in einen dunkeln Wald und ging vierzehn Tage darin fort, und konnte sich nicht herausfinden. Da ward es wieder Abend, und er war so müde,

Als sie zu ihm kam, lag er da und schlief fest, sie ruͤttelte ihn und rief ihn, aber sie konnt’ ihn nicht aufwecken, er schlief in einem fort. Da legte sie ein Brot neben ihn hin, davon konnte er so viel essen, als er wollte, es wurde nicht all’; dann ein Stuͤck Fleisch, davon konnt’ er auch so viel essen, als er wollte, es wurde nicht all’; zum dritten eine Flasche Wein, davon konnt’ er trinken, so viel er wollte, es wurde nicht all’. Darnach nahm sie ihren goldenen Ring vom Finger und steckt ihm den an und war ihr Name darein gegraben, und endlich legte sie einen Brief hin, darin stand, was sie ihm gegeben hatte und daß es nie all’ wuͤrde und es stand auch darin: „ich sehe wohl, daß du mich hier nicht erloͤsen kannst, willst du mich aber noch erloͤsen, so komm nach dem goldenen Schloß von Stromberg, da kannst du es, das weiß ich gewiß.“ Und wie sie ihm das alles gegeben hatte, setzte sie sich in ihren Wagen und fuhr weg in das goldene Schloß von Stromberg.

Als der Mann aufwachte und sah, daß er geschlafen hatte, ward er von Herzen traurig und sprach: „gewiß nun ist sie vorbei gefahren und ich habe sie nicht erloͤst.“ Da fielen ihm die Dinge in die Augen, die neben ihm lagen, und er las den Brief, darin geschrieben stand, wie es zugegangen war. Also machte er sich auf und ging fort und wollte nach dem goldenen Schloß von Stromberg, aber er wußte nicht, wo es lag. Nun war er schon lange in der Welt herumgegangen, da kam er in einen dunkeln Wald und ging vierzehn Tage darin fort, und konnte sich nicht herausfinden. Da ward es wieder Abend, und er war so muͤde,

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[49/0127] Als sie zu ihm kam, lag er da und schlief fest, sie ruͤttelte ihn und rief ihn, aber sie konnt’ ihn nicht aufwecken, er schlief in einem fort. Da legte sie ein Brot neben ihn hin, davon konnte er so viel essen, als er wollte, es wurde nicht all’; dann ein Stuͤck Fleisch, davon konnt’ er auch so viel essen, als er wollte, es wurde nicht all’; zum dritten eine Flasche Wein, davon konnt’ er trinken, so viel er wollte, es wurde nicht all’. Darnach nahm sie ihren goldenen Ring vom Finger und steckt ihm den an und war ihr Name darein gegraben, und endlich legte sie einen Brief hin, darin stand, was sie ihm gegeben hatte und daß es nie all’ wuͤrde und es stand auch darin: „ich sehe wohl, daß du mich hier nicht erloͤsen kannst, willst du mich aber noch erloͤsen, so komm nach dem goldenen Schloß von Stromberg, da kannst du es, das weiß ich gewiß.“ Und wie sie ihm das alles gegeben hatte, setzte sie sich in ihren Wagen und fuhr weg in das goldene Schloß von Stromberg. Als der Mann aufwachte und sah, daß er geschlafen hatte, ward er von Herzen traurig und sprach: „gewiß nun ist sie vorbei gefahren und ich habe sie nicht erloͤst.“ Da fielen ihm die Dinge in die Augen, die neben ihm lagen, und er las den Brief, darin geschrieben stand, wie es zugegangen war. Also machte er sich auf und ging fort und wollte nach dem goldenen Schloß von Stromberg, aber er wußte nicht, wo es lag. Nun war er schon lange in der Welt herumgegangen, da kam er in einen dunkeln Wald und ging vierzehn Tage darin fort, und konnte sich nicht herausfinden. Da ward es wieder Abend, und er war so muͤde,

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Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12546-6) in Bd. 2, S. 305–308 ein Wörterverzeichnis mit Begriffserläuterungen.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/127>, abgerufen am 09.05.2024.