Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815.

Bild:
<< vorherige Seite

verdanken wir besonderer Güte und Freund-
schaft; das Zutrauliche der Mundart ist ihnen
bei der innern Vollständigkeit besonders gün-
stig. Dort, in altberühmten Gegenden deut-
scher Freiheit, haben sich an manchen Orten
die Sagen als eine fast regelmäßige Vergnü-
gung der Sonntage erhalten: auf den Bergen
erzählten die Hirten jene, am Harz auch be-
kannte und vielleicht jedem großen Gebirge
eigene, vom Kaiser Rothbart, der mit seinen
Schätzen darin wohne; dann von den Hüh-
nen, wie sie ihre Hämmer stundenweit von
den Gipfeln sich zugeworfen; manches, was
wir an einem andern Orte mitzutheilen den-
ken. Das Land ist noch reich an ererbten Ge-
bräuchen und Liedern.

Einer jener guten Zufälle aber war die
Bekanntschaft mit einer Bäuerin aus dem
nah bei Cassel gelegenen Dorfe Zwehrn, durch
welche wir einen ansehnlichen Theil der hier
mitgetheilten, darum ächt hessischen, Mär-
chen, so wie mancherlei Nachträge zum ersten
Band erhalten haben. Diese Frau, noch rüstig
und nicht viel über funfzig Jahr alt, heißt

verdanken wir beſonderer Guͤte und Freund-
ſchaft; das Zutrauliche der Mundart iſt ihnen
bei der innern Vollſtaͤndigkeit beſonders guͤn-
ſtig. Dort, in altberuͤhmten Gegenden deut-
ſcher Freiheit, haben ſich an manchen Orten
die Sagen als eine faſt regelmaͤßige Vergnuͤ-
gung der Sonntage erhalten: auf den Bergen
erzaͤhlten die Hirten jene, am Harz auch be-
kannte und vielleicht jedem großen Gebirge
eigene, vom Kaiſer Rothbart, der mit ſeinen
Schaͤtzen darin wohne; dann von den Huͤh-
nen, wie ſie ihre Haͤmmer ſtundenweit von
den Gipfeln ſich zugeworfen; manches, was
wir an einem andern Orte mitzutheilen den-
ken. Das Land iſt noch reich an ererbten Ge-
braͤuchen und Liedern.

Einer jener guten Zufaͤlle aber war die
Bekanntſchaft mit einer Baͤuerin aus dem
nah bei Caſſel gelegenen Dorfe Zwehrn, durch
welche wir einen anſehnlichen Theil der hier
mitgetheilten, darum aͤcht heſſiſchen, Maͤr-
chen, ſo wie mancherlei Nachtraͤge zum erſten
Band erhalten haben. Dieſe Frau, noch ruͤſtig
und nicht viel uͤber funfzig Jahr alt, heißt

<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0009" n="IV"/>
verdanken wir be&#x017F;onderer Gu&#x0364;te und Freund-<lb/>
&#x017F;chaft; das Zutrauliche der Mundart i&#x017F;t ihnen<lb/>
bei der innern Voll&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit be&#x017F;onders gu&#x0364;n-<lb/>
&#x017F;tig. Dort, in altberu&#x0364;hmten Gegenden deut-<lb/>
&#x017F;cher Freiheit, haben &#x017F;ich an manchen Orten<lb/>
die Sagen als eine fa&#x017F;t regelma&#x0364;ßige Vergnu&#x0364;-<lb/>
gung der Sonntage erhalten: auf den Bergen<lb/>
erza&#x0364;hlten die Hirten jene, am Harz auch be-<lb/>
kannte und vielleicht jedem großen Gebirge<lb/>
eigene, vom Kai&#x017F;er Rothbart, der mit &#x017F;einen<lb/>
Scha&#x0364;tzen darin wohne; dann von den Hu&#x0364;h-<lb/>
nen, wie &#x017F;ie ihre Ha&#x0364;mmer &#x017F;tundenweit von<lb/>
den Gipfeln &#x017F;ich zugeworfen; manches, was<lb/>
wir an einem andern Orte mitzutheilen den-<lb/>
ken. Das Land i&#x017F;t noch reich an ererbten Ge-<lb/>
bra&#x0364;uchen und Liedern.</p><lb/>
        <p>Einer jener guten Zufa&#x0364;lle aber war die<lb/>
Bekannt&#x017F;chaft mit einer Ba&#x0364;uerin aus dem<lb/>
nah bei Ca&#x017F;&#x017F;el gelegenen Dorfe Zwehrn, durch<lb/>
welche wir einen an&#x017F;ehnlichen Theil der hier<lb/>
mitgetheilten, darum a&#x0364;cht he&#x017F;&#x017F;i&#x017F;chen, Ma&#x0364;r-<lb/>
chen, &#x017F;o wie mancherlei Nachtra&#x0364;ge zum er&#x017F;ten<lb/>
Band erhalten haben. Die&#x017F;e Frau, noch ru&#x0364;&#x017F;tig<lb/>
und nicht viel u&#x0364;ber funfzig Jahr alt, heißt<lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[IV/0009] verdanken wir beſonderer Guͤte und Freund- ſchaft; das Zutrauliche der Mundart iſt ihnen bei der innern Vollſtaͤndigkeit beſonders guͤn- ſtig. Dort, in altberuͤhmten Gegenden deut- ſcher Freiheit, haben ſich an manchen Orten die Sagen als eine faſt regelmaͤßige Vergnuͤ- gung der Sonntage erhalten: auf den Bergen erzaͤhlten die Hirten jene, am Harz auch be- kannte und vielleicht jedem großen Gebirge eigene, vom Kaiſer Rothbart, der mit ſeinen Schaͤtzen darin wohne; dann von den Huͤh- nen, wie ſie ihre Haͤmmer ſtundenweit von den Gipfeln ſich zugeworfen; manches, was wir an einem andern Orte mitzutheilen den- ken. Das Land iſt noch reich an ererbten Ge- braͤuchen und Liedern. Einer jener guten Zufaͤlle aber war die Bekanntſchaft mit einer Baͤuerin aus dem nah bei Caſſel gelegenen Dorfe Zwehrn, durch welche wir einen anſehnlichen Theil der hier mitgetheilten, darum aͤcht heſſiſchen, Maͤr- chen, ſo wie mancherlei Nachtraͤge zum erſten Band erhalten haben. Dieſe Frau, noch ruͤſtig und nicht viel uͤber funfzig Jahr alt, heißt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/9
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. IV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/9>, abgerufen am 07.10.2024.