schen sollte. Wenn er meinte, er hätte etwas, da schien's ihm hernach doch viel zu wenig und gering. Da kam's ihm so in die Gedanken, was es seine Frau jetzt gut habe, die sitze daheim in einer kühlen Stube und lasse sich's wohlschmecken. Das ärgerte ihn ordentlich und ohne daß er's wußte, sprach er so hin: "ich wollt' die säß da- heim auf dem Sattel und könnt' nicht herunter, statt daß ich ihn da auf dem Rücken schleppe." Und wie die Worte zu End' waren, da war der Sattel von seinem Rücken fort, und merkte er, daß sein zweiter Wunsch auch in Erfüllung gegan- gen war. Da ward ihm erst recht heiß und er fing an zu laufen und wollte sich daheim ganz ein- sam hinsetzen und auf was Großes für den letzten Wunsch nachdenken. Wie er aber ankam und seine Stubenthür aufmachte, saß da seine Frau mittendrin auf dem Sattel und kann nicht her- unter, jammert und schreit. Da sprach er: "gib dich zufrieden, ich will dir alle Reichthümer der Welt herbei wünschen, nur bleib da sitzen." Sie sagte aber: "was helfen mir alle Reichthümer der Welt, wenn ich auf dem Sattel sitze, du hast mich darauf gewünscht, du mußt mir auch wieder herunter helfen." Er mochte wollen oder nicht, er mußte den dritten Wunsch thun, daß sie vom Sattel ledig wär' und heruntersteigen könnt', und der ward auch erfüllt. Also hatte er nichts davon als Aerger, Müh' und ein verlorenes Pferd; die
ſchen ſollte. Wenn er meinte, er haͤtte etwas, da ſchien’s ihm hernach doch viel zu wenig und gering. Da kam’s ihm ſo in die Gedanken, was es ſeine Frau jetzt gut habe, die ſitze daheim in einer kuͤhlen Stube und laſſe ſich’s wohlſchmecken. Das aͤrgerte ihn ordentlich und ohne daß er’s wußte, ſprach er ſo hin: „ich wollt’ die ſaͤß da- heim auf dem Sattel und koͤnnt’ nicht herunter, ſtatt daß ich ihn da auf dem Ruͤcken ſchleppe.“ Und wie die Worte zu End’ waren, da war der Sattel von ſeinem Ruͤcken fort, und merkte er, daß ſein zweiter Wunſch auch in Erfuͤllung gegan- gen war. Da ward ihm erſt recht heiß und er fing an zu laufen und wollte ſich daheim ganz ein- ſam hinſetzen und auf was Großes fuͤr den letzten Wunſch nachdenken. Wie er aber ankam und ſeine Stubenthuͤr aufmachte, ſaß da ſeine Frau mittendrin auf dem Sattel und kann nicht her- unter, jammert und ſchreit. Da ſprach er: „gib dich zufrieden, ich will dir alle Reichthuͤmer der Welt herbei wuͤnſchen, nur bleib da ſitzen.“ Sie ſagte aber: „was helfen mir alle Reichthuͤmer der Welt, wenn ich auf dem Sattel ſitze, du haſt mich darauf gewuͤnſcht, du mußt mir auch wieder herunter helfen.“ Er mochte wollen oder nicht, er mußte den dritten Wunſch thun, daß ſie vom Sattel ledig waͤr’ und herunterſteigen koͤnnt’, und der ward auch erfuͤllt. Alſo hatte er nichts davon als Aerger, Muͤh’ und ein verlorenes Pferd; die
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ſchen ſollte. Wenn er meinte, er haͤtte etwas,
da ſchien’s ihm hernach doch viel zu wenig und
gering. Da kam’s ihm ſo in die Gedanken, was
es ſeine Frau jetzt gut habe, die ſitze daheim in
einer kuͤhlen Stube und laſſe ſich’s wohlſchmecken.
Das aͤrgerte ihn ordentlich und ohne daß er’s
wußte, ſprach er ſo hin: „ich wollt’ die ſaͤß da-
heim auf dem Sattel und koͤnnt’ nicht herunter,
ſtatt daß ich ihn da auf dem Ruͤcken ſchleppe.“
Und wie die Worte zu End’ waren, da war der
Sattel von ſeinem Ruͤcken fort, und merkte er,
daß ſein zweiter Wunſch auch in Erfuͤllung gegan-
gen war. Da ward ihm erſt recht heiß und er
fing an zu laufen und wollte ſich daheim ganz ein-
ſam hinſetzen und auf was Großes fuͤr den letzten
Wunſch nachdenken. Wie er aber ankam und
ſeine Stubenthuͤr aufmachte, ſaß da ſeine Frau
mittendrin auf dem Sattel und kann nicht her-
unter, jammert und ſchreit. Da ſprach er: „gib
dich zufrieden, ich will dir alle Reichthuͤmer der
Welt herbei wuͤnſchen, nur bleib da ſitzen.“ Sie
ſagte aber: „was helfen mir alle Reichthuͤmer der
Welt, wenn ich auf dem Sattel ſitze, du haſt
mich darauf gewuͤnſcht, du mußt mir auch wieder
herunter helfen.“ Er mochte wollen oder nicht,
er mußte den dritten Wunſch thun, daß ſie vom
Sattel ledig waͤr’ und herunterſteigen koͤnnt’, und
der ward auch erfuͤllt. Alſo hatte er nichts davon
als Aerger, Muͤh’ und ein verlorenes Pferd; die
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/27>, abgerufen am 10.10.2024.
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