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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1843.

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ein großes Wasser queer über den Weg floß, und sie hindurch mußten. Sprach der heil. Petrus 'geh du nur voran.' 'Nein,' antwortete der Bruder Lustig, 'geh du voran,' und dachte 'wenn dem das Wasser zu tief ist, so bleib ich zurück.' Da schritt der heil. Petrus hindurch, und das Wasser gieng ihm nur bis ans Knie; nun wollte Bruder Lustig auch hindurch, aber das Wasser wurde größer, und stieg ihm an den Hals. Da rief er 'Bruder, hilf mir.' Sagte der heil. Petrus 'willst du auch gestehen daß du das Herz von dem Lamm gegessen hast?' 'Nein,' antwortete er, 'ich hab es nicht gegessen.' Da ward das Wasser noch größer, und stieg ihm bis an den Mund: 'hilf mir, Bruder,' rief der Soldat. Sprach der heil. Petrus noch einmal 'willst du auch gestehen daß du das Herz vom Lamm gegessen hast?' 'Nein,' antwortete er, 'ich hab es nicht gegessen.' Der heil. Petrus wollte ihn doch nicht ertrinken lassen, ließ das Wasser wieder fallen, und half ihm hinüber.

Nun zogen sie weiter, und kamen in ein Reich, da hörten sie daß die Königstochter todtkrank liege. 'Holla, Bruder,' sprach der Soldat zum heil. Petrus, 'da ist ein Fang für uns, wenn wir die gesund machen, so ist uns auf ewige Zeiten geholfen.' Da war ihm der heil. Petrus nicht geschwind genug: 'nun, heb die Beine auf, Bruderherz,' sprach er zu ihm, 'daß wir noch zu rechter Zeit hin kommen.' Der heil. Petrus gieng aber immer langsamer, wie auch der Bruder Lustig ihn trieb und schob, bis sie endlich hörten die Königstochtrr wäre gestorben. 'Da haben wirs,' sprach der Bruder Lustig, 'das kommt von deinem schläfrigen Gang.' 'Sei nur still,' antwortete

ein großes Wasser queer über den Weg floß, und sie hindurch mußten. Sprach der heil. Petrus ‘geh du nur voran.’ ‘Nein,’ antwortete der Bruder Lustig, ‘geh du voran,’ und dachte ‘wenn dem das Wasser zu tief ist, so bleib ich zurück.’ Da schritt der heil. Petrus hindurch, und das Wasser gieng ihm nur bis ans Knie; nun wollte Bruder Lustig auch hindurch, aber das Wasser wurde größer, und stieg ihm an den Hals. Da rief er ‘Bruder, hilf mir.’ Sagte der heil. Petrus ‘willst du auch gestehen daß du das Herz von dem Lamm gegessen hast?’ ‘Nein,’ antwortete er, ‘ich hab es nicht gegessen.’ Da ward das Wasser noch größer, und stieg ihm bis an den Mund: ‘hilf mir, Bruder,’ rief der Soldat. Sprach der heil. Petrus noch einmal ‘willst du auch gestehen daß du das Herz vom Lamm gegessen hast?’ ‘Nein,’ antwortete er, ‘ich hab es nicht gegessen.’ Der heil. Petrus wollte ihn doch nicht ertrinken lassen, ließ das Wasser wieder fallen, und half ihm hinüber.

Nun zogen sie weiter, und kamen in ein Reich, da hörten sie daß die Königstochter todtkrank liege. ‘Holla, Bruder,’ sprach der Soldat zum heil. Petrus, ‘da ist ein Fang für uns, wenn wir die gesund machen, so ist uns auf ewige Zeiten geholfen.’ Da war ihm der heil. Petrus nicht geschwind genug: ‘nun, heb die Beine auf, Bruderherz,’ sprach er zu ihm, ‘daß wir noch zu rechter Zeit hin kommen.’ Der heil. Petrus gieng aber immer langsamer, wie auch der Bruder Lustig ihn trieb und schob, bis sie endlich hörten die Königstochtrr wäre gestorben. ‘Da haben wirs,’ sprach der Bruder Lustig, ‘das kommt von deinem schläfrigen Gang.’ ‘Sei nur still,’ antwortete

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[474/0512] ein großes Wasser queer über den Weg floß, und sie hindurch mußten. Sprach der heil. Petrus ‘geh du nur voran.’ ‘Nein,’ antwortete der Bruder Lustig, ‘geh du voran,’ und dachte ‘wenn dem das Wasser zu tief ist, so bleib ich zurück.’ Da schritt der heil. Petrus hindurch, und das Wasser gieng ihm nur bis ans Knie; nun wollte Bruder Lustig auch hindurch, aber das Wasser wurde größer, und stieg ihm an den Hals. Da rief er ‘Bruder, hilf mir.’ Sagte der heil. Petrus ‘willst du auch gestehen daß du das Herz von dem Lamm gegessen hast?’ ‘Nein,’ antwortete er, ‘ich hab es nicht gegessen.’ Da ward das Wasser noch größer, und stieg ihm bis an den Mund: ‘hilf mir, Bruder,’ rief der Soldat. Sprach der heil. Petrus noch einmal ‘willst du auch gestehen daß du das Herz vom Lamm gegessen hast?’ ‘Nein,’ antwortete er, ‘ich hab es nicht gegessen.’ Der heil. Petrus wollte ihn doch nicht ertrinken lassen, ließ das Wasser wieder fallen, und half ihm hinüber. Nun zogen sie weiter, und kamen in ein Reich, da hörten sie daß die Königstochter todtkrank liege. ‘Holla, Bruder,’ sprach der Soldat zum heil. Petrus, ‘da ist ein Fang für uns, wenn wir die gesund machen, so ist uns auf ewige Zeiten geholfen.’ Da war ihm der heil. Petrus nicht geschwind genug: ‘nun, heb die Beine auf, Bruderherz,’ sprach er zu ihm, ‘daß wir noch zu rechter Zeit hin kommen.’ Der heil. Petrus gieng aber immer langsamer, wie auch der Bruder Lustig ihn trieb und schob, bis sie endlich hörten die Königstochtrr wäre gestorben. ‘Da haben wirs,’ sprach der Bruder Lustig, ‘das kommt von deinem schläfrigen Gang.’ ‘Sei nur still,’ antwortete

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1843, S. 474. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1843/512>, abgerufen am 28.04.2024.