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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1843.

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und als er den höchsten Gipfel erreicht hatte, so saß da ein gewaltiger Riese, und schaute sich ganz gemächlich um. Das Schneiderlein gieng beherzt auf ihn zu, redete ihn an, und sprach 'guten Tag, Kamerad, gelt, du sitzest da, und besiehst dir die weitläuftige Welt? ich bin eben auf dem Wege dahin, und will mich versuchen. Hast du Lust mit zu gehen?' Der Riese sah den Schneider verächtlich an, und sprach 'du miserabler Kerl!' 'Das wäre!' antwortete das Schneiderlein, knöpfte den Rock auf, und zeigte dem Riesen den Gürtel, 'da kannst du lesen was ich für ein Mann bin.' Der Riese las 'sieben auf einen Streich,' meinte das wären Menschen gewesen, die der Schneider erschlagen hätte, und kriegte ein wenig Respekt vor dem kleinen Kerl. Doch wollte er ihn erst prüfen, nahm einen Stein in die Hand, und drückte ihn zusammen daß das Wasser heraus tropfte. 'Das mach mir nach,' sprach der Riese, 'wenn du Stärke hast.' 'Jsts weiter nichts?' sagte das Schneiderlein, 'das ist bei unser einem Spielwerk,' griff in die Tasche, holte den weichen Käs, und drückte ihn daß der Saft heraus lief. 'Gelt,' sprach er, 'das war ein wenig besser?' Der Riese wußte nicht was er sagen sollte, und konnte es von dem Männlein nicht glauben. Da hob der Riese einen Stein auf, und warf ihn so hoch, daß man ihn mit Augen kaum noch sehen konnte: 'nun, du Erpelmännchen, das thu mir nach.' 'Gut geworfen,' sagte der Schneider, 'aber der Stein hat doch wieder zur Erde herabfallen müssen, ich will dir einen werfen, der soll gar nicht wieder kommen;' griff in die Tasche, nahm den Vogel und warf ihn in die Luft. Der Vogel, froh über seine Freiheit, stieg auf, flog

und als er den höchsten Gipfel erreicht hatte, so saß da ein gewaltiger Riese, und schaute sich ganz gemächlich um. Das Schneiderlein gieng beherzt auf ihn zu, redete ihn an, und sprach ‘guten Tag, Kamerad, gelt, du sitzest da, und besiehst dir die weitläuftige Welt? ich bin eben auf dem Wege dahin, und will mich versuchen. Hast du Lust mit zu gehen?’ Der Riese sah den Schneider verächtlich an, und sprach ‘du miserabler Kerl!’ ‘Das wäre!’ antwortete das Schneiderlein, knöpfte den Rock auf, und zeigte dem Riesen den Gürtel, ‘da kannst du lesen was ich für ein Mann bin.’ Der Riese las ‘sieben auf einen Streich,’ meinte das wären Menschen gewesen, die der Schneider erschlagen hätte, und kriegte ein wenig Respekt vor dem kleinen Kerl. Doch wollte er ihn erst prüfen, nahm einen Stein in die Hand, und drückte ihn zusammen daß das Wasser heraus tropfte. ‘Das mach mir nach,’ sprach der Riese, ‘wenn du Stärke hast.’ ‘Jsts weiter nichts?’ sagte das Schneiderlein, ‘das ist bei unser einem Spielwerk,’ griff in die Tasche, holte den weichen Käs, und drückte ihn daß der Saft heraus lief. ‘Gelt,’ sprach er, ‘das war ein wenig besser?’ Der Riese wußte nicht was er sagen sollte, und konnte es von dem Männlein nicht glauben. Da hob der Riese einen Stein auf, und warf ihn so hoch, daß man ihn mit Augen kaum noch sehen konnte: ‘nun, du Erpelmännchen, das thu mir nach.’ ‘Gut geworfen,’ sagte der Schneider, ‘aber der Stein hat doch wieder zur Erde herabfallen müssen, ich will dir einen werfen, der soll gar nicht wieder kommen;’ griff in die Tasche, nahm den Vogel und warf ihn in die Luft. Der Vogel, froh über seine Freiheit, stieg auf, flog

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[128/0166] und als er den höchsten Gipfel erreicht hatte, so saß da ein gewaltiger Riese, und schaute sich ganz gemächlich um. Das Schneiderlein gieng beherzt auf ihn zu, redete ihn an, und sprach ‘guten Tag, Kamerad, gelt, du sitzest da, und besiehst dir die weitläuftige Welt? ich bin eben auf dem Wege dahin, und will mich versuchen. Hast du Lust mit zu gehen?’ Der Riese sah den Schneider verächtlich an, und sprach ‘du miserabler Kerl!’ ‘Das wäre!’ antwortete das Schneiderlein, knöpfte den Rock auf, und zeigte dem Riesen den Gürtel, ‘da kannst du lesen was ich für ein Mann bin.’ Der Riese las ‘sieben auf einen Streich,’ meinte das wären Menschen gewesen, die der Schneider erschlagen hätte, und kriegte ein wenig Respekt vor dem kleinen Kerl. Doch wollte er ihn erst prüfen, nahm einen Stein in die Hand, und drückte ihn zusammen daß das Wasser heraus tropfte. ‘Das mach mir nach,’ sprach der Riese, ‘wenn du Stärke hast.’ ‘Jsts weiter nichts?’ sagte das Schneiderlein, ‘das ist bei unser einem Spielwerk,’ griff in die Tasche, holte den weichen Käs, und drückte ihn daß der Saft heraus lief. ‘Gelt,’ sprach er, ‘das war ein wenig besser?’ Der Riese wußte nicht was er sagen sollte, und konnte es von dem Männlein nicht glauben. Da hob der Riese einen Stein auf, und warf ihn so hoch, daß man ihn mit Augen kaum noch sehen konnte: ‘nun, du Erpelmännchen, das thu mir nach.’ ‘Gut geworfen,’ sagte der Schneider, ‘aber der Stein hat doch wieder zur Erde herabfallen müssen, ich will dir einen werfen, der soll gar nicht wieder kommen;’ griff in die Tasche, nahm den Vogel und warf ihn in die Luft. Der Vogel, froh über seine Freiheit, stieg auf, flog

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1843, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1843/166>, abgerufen am 25.11.2024.