Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

nochmals sein Schwert, und hieb ihm wieder drei Köpfe ab. Nun wurde das Unthier matt, und sank nieder, und wollte doch wieder auf den Jäger los, aber er schlug ihm mit der letzten Kraft den Schweif ab, und weil er nicht mehr kämpfen konnte, rief er seine Thiere herbei, die zerrissen es in Stücke. Als der Kampf zu Ende war, schloß der Jäger die Kirche auf, und fand die Königstochter auf der Erde liegen, weil ihr die Sinne vor Angst und Schrecken bei dem Streit vergangen waren. Er trug sie heraus, und als sie wieder zu sich selbst kam, und die Augen aufschlug, zeigte er ihr den zerrissenen Drachen, und sagte ihr daß sie nun erlöst wäre, und sie freute sich, und sprach 'nun wirst du mein liebster Gemahl werden, denn mein Vater hat mich demjenigen versprochen, der den Drachen tödtet.' Darauf hieng sie ihr Halsband von Korallen ab, und vertheilte es unter die Thiere, und der Löwe erhielt das goldene Schlößchen davon. Jhr Taschentuch aber, in dem ihr Namen stand, schenkte sie dem Jäger, der gieng hin und schnitt aus den sieben Drachenköpfen die Zungen aus, wickelte sie in das Tuch, und verwahrte sie wohl.

Als das geschehen war, weil er von dem Feuer und dem Kampf so matt und müde war, sprach er zur Jungfrau, 'wir sind beide so matt und müde, wir wollen ein wenig schlafen.' Da sagte sie ja, und sie ließen sich auf die Erde nieder, und der Jäger sprach zu dem Löwen 'du sollst wachen, damit uns niemand im Schlaf überfällt,' und beide schliefen ein. Der Löwe legte sich neben sie um zu wachen, aber er war vom Kampf

nochmals sein Schwert, und hieb ihm wieder drei Köpfe ab. Nun wurde das Unthier matt, und sank nieder, und wollte doch wieder auf den Jäger los, aber er schlug ihm mit der letzten Kraft den Schweif ab, und weil er nicht mehr kämpfen konnte, rief er seine Thiere herbei, die zerrissen es in Stücke. Als der Kampf zu Ende war, schloß der Jäger die Kirche auf, und fand die Königstochter auf der Erde liegen, weil ihr die Sinne vor Angst und Schrecken bei dem Streit vergangen waren. Er trug sie heraus, und als sie wieder zu sich selbst kam, und die Augen aufschlug, zeigte er ihr den zerrissenen Drachen, und sagte ihr daß sie nun erlöst wäre, und sie freute sich, und sprach ‘nun wirst du mein liebster Gemahl werden, denn mein Vater hat mich demjenigen versprochen, der den Drachen tödtet.’ Darauf hieng sie ihr Halsband von Korallen ab, und vertheilte es unter die Thiere, und der Löwe erhielt das goldene Schlößchen davon. Jhr Taschentuch aber, in dem ihr Namen stand, schenkte sie dem Jäger, der gieng hin und schnitt aus den sieben Drachenköpfen die Zungen aus, wickelte sie in das Tuch, und verwahrte sie wohl.

Als das geschehen war, weil er von dem Feuer und dem Kampf so matt und müde war, sprach er zur Jungfrau, ‘wir sind beide so matt und müde, wir wollen ein wenig schlafen.’ Da sagte sie ja, und sie ließen sich auf die Erde nieder, und der Jäger sprach zu dem Löwen ‘du sollst wachen, damit uns niemand im Schlaf überfällt,’ und beide schliefen ein. Der Löwe legte sich neben sie um zu wachen, aber er war vom Kampf

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0426" n="377"/>
nochmals sein Schwert, und hieb ihm wieder drei Köpfe ab. Nun wurde das Unthier matt, und sank nieder, und wollte doch wieder auf den Jäger los, aber er schlug ihm mit der letzten Kraft den Schweif ab, und weil er nicht mehr kämpfen konnte, rief er seine Thiere herbei, die zerrissen es in Stücke. Als der Kampf zu Ende war, schloß der Jäger die Kirche auf, und fand die Königstochter auf der Erde liegen, weil ihr die Sinne vor Angst und Schrecken bei dem Streit vergangen waren. Er trug sie heraus, und als sie wieder zu sich selbst kam, und die Augen aufschlug, zeigte er ihr den zerrissenen Drachen, und sagte ihr daß sie nun erlöst wäre, und sie freute sich, und sprach &#x2018;nun wirst du mein liebster Gemahl werden, denn mein Vater hat mich demjenigen versprochen, der den Drachen tödtet.&#x2019; Darauf hieng sie ihr Halsband von Korallen ab, und vertheilte es unter die Thiere, und der Löwe erhielt das goldene Schlößchen davon. Jhr Taschentuch aber, in dem ihr Namen stand, schenkte sie dem Jäger, der gieng hin und schnitt aus den sieben Drachenköpfen die Zungen aus, wickelte sie in das Tuch, und verwahrte sie wohl.</p><lb/>
        <p>Als das geschehen war, weil er von dem Feuer und dem Kampf so matt und müde war, sprach er zur Jungfrau, &#x2018;wir sind beide so matt und müde, wir wollen ein wenig schlafen.&#x2019; Da sagte sie ja, und sie ließen sich auf die Erde nieder, und der Jäger sprach zu dem Löwen &#x2018;du sollst wachen, damit uns niemand im Schlaf überfällt,&#x2019; und beide schliefen ein. Der Löwe legte sich neben sie um zu wachen, aber er war vom Kampf
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[377/0426] nochmals sein Schwert, und hieb ihm wieder drei Köpfe ab. Nun wurde das Unthier matt, und sank nieder, und wollte doch wieder auf den Jäger los, aber er schlug ihm mit der letzten Kraft den Schweif ab, und weil er nicht mehr kämpfen konnte, rief er seine Thiere herbei, die zerrissen es in Stücke. Als der Kampf zu Ende war, schloß der Jäger die Kirche auf, und fand die Königstochter auf der Erde liegen, weil ihr die Sinne vor Angst und Schrecken bei dem Streit vergangen waren. Er trug sie heraus, und als sie wieder zu sich selbst kam, und die Augen aufschlug, zeigte er ihr den zerrissenen Drachen, und sagte ihr daß sie nun erlöst wäre, und sie freute sich, und sprach ‘nun wirst du mein liebster Gemahl werden, denn mein Vater hat mich demjenigen versprochen, der den Drachen tödtet.’ Darauf hieng sie ihr Halsband von Korallen ab, und vertheilte es unter die Thiere, und der Löwe erhielt das goldene Schlößchen davon. Jhr Taschentuch aber, in dem ihr Namen stand, schenkte sie dem Jäger, der gieng hin und schnitt aus den sieben Drachenköpfen die Zungen aus, wickelte sie in das Tuch, und verwahrte sie wohl. Als das geschehen war, weil er von dem Feuer und dem Kampf so matt und müde war, sprach er zur Jungfrau, ‘wir sind beide so matt und müde, wir wollen ein wenig schlafen.’ Da sagte sie ja, und sie ließen sich auf die Erde nieder, und der Jäger sprach zu dem Löwen ‘du sollst wachen, damit uns niemand im Schlaf überfällt,’ und beide schliefen ein. Der Löwe legte sich neben sie um zu wachen, aber er war vom Kampf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Herzogin Anna Amalia Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-07-24T14:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1840/426
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1840, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1840/426>, abgerufen am 18.05.2024.