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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1840.

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'Die Thüre will ich tragen, Friederchen, aber die Hutzeln und der Essigkrug werden mir zu schwer, ich hänge sie an die Thüre, die mag sie tragen.'

Nun giengen sie in den Wald, und suchten die Spitzbuben aber sie fanden sie nicht. Weils endlich dunkel ward, stiegen sie auf einen Baum, und wollten da übernachten. Kaum aber saßen sie oben, so kamen die Kerle daher, die forttragen was nicht gehen will, und Dinge finden ehe sie verloren sind. Sie ließen sich gerade unter dem Baum nieder, auf dem Frieder und Catherlieschen saßen, machten sich ein Feuer an, und wollten ihre Beute theilen. Der Frieder stieg von der andern Seite herab, und sammelte Steine, stieg damit wieder hinauf, und wollte die Diebe todt werfen. Die Steine aber trafen nicht, und die Spitzbuben riefen 'es ist bald Morgen, der Wind schüttelt die Tannäpfel herunter.' Catherlieschen hatte die Thüre noch immer auf der Schulter, und weil sie so schwer drückte, dachte es die Hutzeln wären schuld, und sprach 'Friederchen, ich muß die Hutzeln hinabwerfen.' 'Nein, Catherlieschen, jetzt nicht,' antwortete er, 'sie könnten uns verrathen.' 'Ach, Friederchen, ich muß, sie drücken mich gar zu sehr.' 'Nun so thus, ins Henkers Namen!' Da rollten die Hutzeln zwischen den Aesten herab, und die Kerle unten sprachen 'die Vögel misten.' Eine Weile darnach, weil die Thüre noch immer drückte, sprach Catherlieschen 'ach, Friederchen, ich muß den Essig ausschütten.' 'Nein, Catherlieschen, das darfst du nicht, es könnte uns verrathen.' 'Ach, Friederchen, ich muß, er drückt mich gar zu sehr.'

‘Die Thüre will ich tragen, Friederchen, aber die Hutzeln und der Essigkrug werden mir zu schwer, ich hänge sie an die Thüre, die mag sie tragen.’

Nun giengen sie in den Wald, und suchten die Spitzbuben aber sie fanden sie nicht. Weils endlich dunkel ward, stiegen sie auf einen Baum, und wollten da übernachten. Kaum aber saßen sie oben, so kamen die Kerle daher, die forttragen was nicht gehen will, und Dinge finden ehe sie verloren sind. Sie ließen sich gerade unter dem Baum nieder, auf dem Frieder und Catherlieschen saßen, machten sich ein Feuer an, und wollten ihre Beute theilen. Der Frieder stieg von der andern Seite herab, und sammelte Steine, stieg damit wieder hinauf, und wollte die Diebe todt werfen. Die Steine aber trafen nicht, und die Spitzbuben riefen ‘es ist bald Morgen, der Wind schüttelt die Tannäpfel herunter.’ Catherlieschen hatte die Thüre noch immer auf der Schulter, und weil sie so schwer drückte, dachte es die Hutzeln wären schuld, und sprach ‘Friederchen, ich muß die Hutzeln hinabwerfen.’ ‘Nein, Catherlieschen, jetzt nicht,’ antwortete er, ‘sie könnten uns verrathen.’ ‘Ach, Friederchen, ich muß, sie drücken mich gar zu sehr.’ ‘Nun so thus, ins Henkers Namen!’ Da rollten die Hutzeln zwischen den Aesten herab, und die Kerle unten sprachen ‘die Vögel misten.’ Eine Weile darnach, weil die Thüre noch immer drückte, sprach Catherlieschen ‘ach, Friederchen, ich muß den Essig ausschütten.’ ‘Nein, Catherlieschen, das darfst du nicht, es könnte uns verrathen.’ ‘Ach, Friederchen, ich muß, er drückt mich gar zu sehr.’

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[365/0414] ‘Die Thüre will ich tragen, Friederchen, aber die Hutzeln und der Essigkrug werden mir zu schwer, ich hänge sie an die Thüre, die mag sie tragen.’ Nun giengen sie in den Wald, und suchten die Spitzbuben aber sie fanden sie nicht. Weils endlich dunkel ward, stiegen sie auf einen Baum, und wollten da übernachten. Kaum aber saßen sie oben, so kamen die Kerle daher, die forttragen was nicht gehen will, und Dinge finden ehe sie verloren sind. Sie ließen sich gerade unter dem Baum nieder, auf dem Frieder und Catherlieschen saßen, machten sich ein Feuer an, und wollten ihre Beute theilen. Der Frieder stieg von der andern Seite herab, und sammelte Steine, stieg damit wieder hinauf, und wollte die Diebe todt werfen. Die Steine aber trafen nicht, und die Spitzbuben riefen ‘es ist bald Morgen, der Wind schüttelt die Tannäpfel herunter.’ Catherlieschen hatte die Thüre noch immer auf der Schulter, und weil sie so schwer drückte, dachte es die Hutzeln wären schuld, und sprach ‘Friederchen, ich muß die Hutzeln hinabwerfen.’ ‘Nein, Catherlieschen, jetzt nicht,’ antwortete er, ‘sie könnten uns verrathen.’ ‘Ach, Friederchen, ich muß, sie drücken mich gar zu sehr.’ ‘Nun so thus, ins Henkers Namen!’ Da rollten die Hutzeln zwischen den Aesten herab, und die Kerle unten sprachen ‘die Vögel misten.’ Eine Weile darnach, weil die Thüre noch immer drückte, sprach Catherlieschen ‘ach, Friederchen, ich muß den Essig ausschütten.’ ‘Nein, Catherlieschen, das darfst du nicht, es könnte uns verrathen.’ ‘Ach, Friederchen, ich muß, er drückt mich gar zu sehr.’

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1840, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1840/414>, abgerufen am 23.11.2024.