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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.

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denn bloß vor das Angesicht der Königstochter zu gelangen hielt schon so schwer. Endlich hatte er ein Mittel ausgedacht, und sprach zu dem König 'alles, was sie um sich hat, ist von Gold: Tische, Stühle, Schüsseln, Becher, Näpfe, und alles Hausgeräth: in deinem Schatze liegen fünf Tonnen Goldes, davon laß eine von den Goldschmieden des Reichs verarbeiten zu allerhand Gefäßen und Geräthschaften, zu allerhand Vögeln, Gewild und wunderbaren Thieren, damit wollen wir hinfahren und unser Glück versuchen.' Der König ließ alle Goldschmiede zusammenkommen: sie arbeiteten Tag und Nacht, bis endlich die herrlichsten Dinge fertig waren. Nun ließ der getreue Johannes alle auf ein Schiff laden, und zog Kaufmannskleider an, und der König mußte ein gleiches thun, so daß er unkenntlich war; dann fuhren sie über das Meer, und fuhren lange bis sie zu der Stadt kamen, worin die Königstochter vom goldnen Dache wohnte.

Der treue Johannes hieß den König auf dem Schiffe zurückbleiben, und auf ihn warten. 'Vielleicht,' sprach er, 'bring ich die Königstochter mit, darum sorgt daß alles in Ordnung ist, laßt die Goldgefäße aufstellen, und das ganze Schiff ausschmücken.' Darauf suchte er sich in sein Schürzchen allerlei von den Goldsachen zusammen, stieg ans Land, und gieng gerade nach dem königlichen Schloß. Und als er in den Schloßhof kam, stand da beim Brunnen ein schönes Mädchen, das hatte zwei goldene Eimer in der Hand, und schöpfte damit. Und als es das goldblinkende Wasser forttragen wollte, und sich umdrehte, sah es

denn bloß vor das Angesicht der Koͤnigstochter zu gelangen hielt schon so schwer. Endlich hatte er ein Mittel ausgedacht, und sprach zu dem Koͤnig ‘alles, was sie um sich hat, ist von Gold: Tische, Stuͤhle, Schuͤsseln, Becher, Naͤpfe, und alles Hausgeraͤth: in deinem Schatze liegen fuͤnf Tonnen Goldes, davon laß eine von den Goldschmieden des Reichs verarbeiten zu allerhand Gefaͤßen und Geraͤthschaften, zu allerhand Voͤgeln, Gewild und wunderbaren Thieren, damit wollen wir hinfahren und unser Gluͤck versuchen.’ Der Koͤnig ließ alle Goldschmiede zusammenkommen: sie arbeiteten Tag und Nacht, bis endlich die herrlichsten Dinge fertig waren. Nun ließ der getreue Johannes alle auf ein Schiff laden, und zog Kaufmannskleider an, und der Koͤnig mußte ein gleiches thun, so daß er unkenntlich war; dann fuhren sie uͤber das Meer, und fuhren lange bis sie zu der Stadt kamen, worin die Koͤnigstochter vom goldnen Dache wohnte.

Der treue Johannes hieß den Koͤnig auf dem Schiffe zuruͤckbleiben, und auf ihn warten. ‘Vielleicht,’ sprach er, ‘bring ich die Koͤnigstochter mit, darum sorgt daß alles in Ordnung ist, laßt die Goldgefaͤße aufstellen, und das ganze Schiff ausschmuͤcken.’ Darauf suchte er sich in sein Schuͤrzchen allerlei von den Goldsachen zusammen, stieg ans Land, und gieng gerade nach dem koͤniglichen Schloß. Und als er in den Schloßhof kam, stand da beim Brunnen ein schoͤnes Maͤdchen, das hatte zwei goldene Eimer in der Hand, und schoͤpfte damit. Und als es das goldblinkende Wasser forttragen wollte, und sich umdrehte, sah es

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[38/0069] denn bloß vor das Angesicht der Koͤnigstochter zu gelangen hielt schon so schwer. Endlich hatte er ein Mittel ausgedacht, und sprach zu dem Koͤnig ‘alles, was sie um sich hat, ist von Gold: Tische, Stuͤhle, Schuͤsseln, Becher, Naͤpfe, und alles Hausgeraͤth: in deinem Schatze liegen fuͤnf Tonnen Goldes, davon laß eine von den Goldschmieden des Reichs verarbeiten zu allerhand Gefaͤßen und Geraͤthschaften, zu allerhand Voͤgeln, Gewild und wunderbaren Thieren, damit wollen wir hinfahren und unser Gluͤck versuchen.’ Der Koͤnig ließ alle Goldschmiede zusammenkommen: sie arbeiteten Tag und Nacht, bis endlich die herrlichsten Dinge fertig waren. Nun ließ der getreue Johannes alle auf ein Schiff laden, und zog Kaufmannskleider an, und der Koͤnig mußte ein gleiches thun, so daß er unkenntlich war; dann fuhren sie uͤber das Meer, und fuhren lange bis sie zu der Stadt kamen, worin die Koͤnigstochter vom goldnen Dache wohnte. Der treue Johannes hieß den Koͤnig auf dem Schiffe zuruͤckbleiben, und auf ihn warten. ‘Vielleicht,’ sprach er, ‘bring ich die Koͤnigstochter mit, darum sorgt daß alles in Ordnung ist, laßt die Goldgefaͤße aufstellen, und das ganze Schiff ausschmuͤcken.’ Darauf suchte er sich in sein Schuͤrzchen allerlei von den Goldsachen zusammen, stieg ans Land, und gieng gerade nach dem koͤniglichen Schloß. Und als er in den Schloßhof kam, stand da beim Brunnen ein schoͤnes Maͤdchen, das hatte zwei goldene Eimer in der Hand, und schoͤpfte damit. Und als es das goldblinkende Wasser forttragen wollte, und sich umdrehte, sah es

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/69>, abgerufen am 27.04.2024.