Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.die Katze. 'Halbaus! was du sagst! den Namen habe ich mein Lebtag noch nicht gehört, ich wette der steht nicht in dem Kalender.' Der Katze wässerte das Maul bald wieder nach dem Leckerwerk. 'Aller guten Dinge sind drei,' sprach sie zu der Maus, 'da soll ich wieder Gevatter stehen, das Kind ist ganz schwarz und hat bloß weiße Pfoten, sonst kein weißes Haar am ganzen Leib, das trifft sich alle paar Jahr nur einmal: du lässest mich doch ausgehen?' 'Hautab! Halbaus!' antwortete die Maus, 'es sind so kuriose Namen, die machen mich so nachdenksam.' 'Da sitzest du daheim in deinem dunkelgrauen Flausrock und deinem langen Haarzopf,' sprach die Katze, 'und fängst Grillen, das kommt davon wenn man bei Tage nicht ausgeht.' Die Maus räumte während der Abwesenheit der Katze auf, und brachte das Haus in Ordnung, die naschhafte Katze aber fraß den Fetttopf rein aus. 'Wenn erst alles aufgezehrt ist, so hat man Ruhe' sagte sie zu sich selbst, und kam satt und dick erst in der Nacht nach Haus. Die Maus fragte gleich nach dem Namen, den das dritte Kind bekommen hätte. 'Er wird dir wohl auch nicht gefallen,' sagte die Katze, 'es heißt Ganzaus.' 'Ganzaus!' rief die Maus, 'das ist der allerbedenklichste Namen, gedruckt ist er mir noch nicht vorgekommen. Ganzaus! was soll das bedeuten?' Sie schüttelte den Kopf, rollte sich zusammen, und legte sich schlafen. Von nun an wollte niemand mehr die Katze zu Gevatter bitten, als aber der Winter herangekommen und draußen nichts mehr zu finden war, gedachte die Maus ihres Vorraths und die Katze. ‘Halbaus! was du sagst! den Namen habe ich mein Lebtag noch nicht gehoͤrt, ich wette der steht nicht in dem Kalender.’ Der Katze waͤsserte das Maul bald wieder nach dem Leckerwerk. ‘Aller guten Dinge sind drei,’ sprach sie zu der Maus, ‘da soll ich wieder Gevatter stehen, das Kind ist ganz schwarz und hat bloß weiße Pfoten, sonst kein weißes Haar am ganzen Leib, das trifft sich alle paar Jahr nur einmal: du laͤssest mich doch ausgehen?’ ‘Hautab! Halbaus!’ antwortete die Maus, ‘es sind so kuriose Namen, die machen mich so nachdenksam.’ ‘Da sitzest du daheim in deinem dunkelgrauen Flausrock und deinem langen Haarzopf,’ sprach die Katze, ‘und faͤngst Grillen, das kommt davon wenn man bei Tage nicht ausgeht.’ Die Maus raͤumte waͤhrend der Abwesenheit der Katze auf, und brachte das Haus in Ordnung, die naschhafte Katze aber fraß den Fetttopf rein aus. ‘Wenn erst alles aufgezehrt ist, so hat man Ruhe’ sagte sie zu sich selbst, und kam satt und dick erst in der Nacht nach Haus. Die Maus fragte gleich nach dem Namen, den das dritte Kind bekommen haͤtte. ‘Er wird dir wohl auch nicht gefallen,’ sagte die Katze, ‘es heißt Ganzaus.’ ‘Ganzaus!’ rief die Maus, ‘das ist der allerbedenklichste Namen, gedruckt ist er mir noch nicht vorgekommen. Ganzaus! was soll das bedeuten?’ Sie schuͤttelte den Kopf, rollte sich zusammen, und legte sich schlafen. Von nun an wollte niemand mehr die Katze zu Gevatter bitten, als aber der Winter herangekommen und draußen nichts mehr zu finden war, gedachte die Maus ihres Vorraths und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0040" n="9"/> die Katze. ‘Halbaus! was du sagst! den Namen habe ich mein Lebtag noch nicht gehoͤrt, ich wette der steht nicht in dem Kalender.’</p><lb/> <p>Der Katze waͤsserte das Maul bald wieder nach dem Leckerwerk. ‘Aller guten Dinge sind drei,’ sprach sie zu der Maus, ‘da soll ich wieder Gevatter stehen, das Kind ist ganz schwarz und hat bloß weiße Pfoten, sonst kein weißes Haar am ganzen Leib, das trifft sich alle paar Jahr nur einmal: du laͤssest mich doch ausgehen?’ ‘Hautab! Halbaus!’ antwortete die Maus, ‘es sind so kuriose Namen, die machen mich so nachdenksam.’ ‘Da sitzest du daheim in deinem dunkelgrauen Flausrock und deinem langen Haarzopf,’ sprach die Katze, ‘und faͤngst Grillen, das kommt davon wenn man bei Tage nicht ausgeht.’ Die Maus raͤumte waͤhrend der Abwesenheit der Katze auf, und brachte das Haus in Ordnung, die naschhafte Katze aber fraß den Fetttopf rein aus. ‘Wenn erst alles aufgezehrt ist, so hat man Ruhe’ sagte sie zu sich selbst, und kam satt und dick erst in der Nacht nach Haus. Die Maus fragte gleich nach dem Namen, den das dritte Kind bekommen haͤtte. ‘Er wird dir wohl auch nicht gefallen,’ sagte die Katze, ‘es heißt <hi rendition="#g">Ganzaus</hi>.’ ‘Ganzaus!’ rief die Maus, ‘das ist der allerbedenklichste Namen, gedruckt ist er mir noch nicht vorgekommen. Ganzaus! was soll das bedeuten?’ Sie schuͤttelte den Kopf, rollte sich zusammen, und legte sich schlafen.</p><lb/> <p>Von nun an wollte niemand mehr die Katze zu Gevatter bitten, als aber der Winter herangekommen und draußen nichts mehr zu finden war, gedachte die Maus ihres Vorraths und </p> </div> </body> </text> </TEI> [9/0040]
die Katze. ‘Halbaus! was du sagst! den Namen habe ich mein Lebtag noch nicht gehoͤrt, ich wette der steht nicht in dem Kalender.’
Der Katze waͤsserte das Maul bald wieder nach dem Leckerwerk. ‘Aller guten Dinge sind drei,’ sprach sie zu der Maus, ‘da soll ich wieder Gevatter stehen, das Kind ist ganz schwarz und hat bloß weiße Pfoten, sonst kein weißes Haar am ganzen Leib, das trifft sich alle paar Jahr nur einmal: du laͤssest mich doch ausgehen?’ ‘Hautab! Halbaus!’ antwortete die Maus, ‘es sind so kuriose Namen, die machen mich so nachdenksam.’ ‘Da sitzest du daheim in deinem dunkelgrauen Flausrock und deinem langen Haarzopf,’ sprach die Katze, ‘und faͤngst Grillen, das kommt davon wenn man bei Tage nicht ausgeht.’ Die Maus raͤumte waͤhrend der Abwesenheit der Katze auf, und brachte das Haus in Ordnung, die naschhafte Katze aber fraß den Fetttopf rein aus. ‘Wenn erst alles aufgezehrt ist, so hat man Ruhe’ sagte sie zu sich selbst, und kam satt und dick erst in der Nacht nach Haus. Die Maus fragte gleich nach dem Namen, den das dritte Kind bekommen haͤtte. ‘Er wird dir wohl auch nicht gefallen,’ sagte die Katze, ‘es heißt Ganzaus.’ ‘Ganzaus!’ rief die Maus, ‘das ist der allerbedenklichste Namen, gedruckt ist er mir noch nicht vorgekommen. Ganzaus! was soll das bedeuten?’ Sie schuͤttelte den Kopf, rollte sich zusammen, und legte sich schlafen.
Von nun an wollte niemand mehr die Katze zu Gevatter bitten, als aber der Winter herangekommen und draußen nichts mehr zu finden war, gedachte die Maus ihres Vorraths und
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Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/40>, abgerufen am 16.07.2024. |