Eine Katze hatte Bekanntschaft mit einer Maus gemacht, und ihr so viel von der großen Liebe und Freundschaft vorgesagt, die sie zu ihr trüge, daß die Maus endlich einwilligte mit ihr zusammen in einem Hause zu wohnen, und gemeinschaftliche Wirthschaft zu führen. 'Aber für den Winter müssen wir Vorsorge tragen, sonst leiden wir Hunger,' sagte die Katze, 'du Mäuschen kannst dich nicht überall hinwagen, und geräthst mir am Ende in eine Falle.' Der gute Rath ward also befolgt, und ein Töpfchen mit Fett angekauft. Sie wußten aber nicht wo sie es hinstellen sollten, endlich nach langer Überlegung sprach die Katze 'ich weiß keinen Ort, der sicherer wäre als die Kirche, da getraut sich niemand etwas wegzunehmen, wir stellen es unter den Altar, und rühren es nicht eher an als bis wir es nöthig haben.' Das Töpfchen ward also in Sicherheit gebracht, aber es dauerte nicht lange so trug die Katze Gelüsten danach, und sprach zur Maus 'was ich dir sagen wollte, Mäuschen, ich bin von meiner Base zu Gevatter gebeten: sie hat ein Söhnchen zur Welt gebracht, weiß mit braunen Flecken, daß soll ich über die Taufe halten. Laß mich ausgehen, und besorge du heute das Haus allein.' 'Ja, ja,' antwortete die Maus, 'geh in Gottes Namen
2. Katze und Maus in Gesellschaft.
Eine Katze hatte Bekanntschaft mit einer Maus gemacht, und ihr so viel von der großen Liebe und Freundschaft vorgesagt, die sie zu ihr truͤge, daß die Maus endlich einwilligte mit ihr zusammen in einem Hause zu wohnen, und gemeinschaftliche Wirthschaft zu fuͤhren. ‘Aber fuͤr den Winter muͤssen wir Vorsorge tragen, sonst leiden wir Hunger,’ sagte die Katze, ‘du Maͤuschen kannst dich nicht uͤberall hinwagen, und geraͤthst mir am Ende in eine Falle.’ Der gute Rath ward also befolgt, und ein Toͤpfchen mit Fett angekauft. Sie wußten aber nicht wo sie es hinstellen sollten, endlich nach langer Überlegung sprach die Katze ‘ich weiß keinen Ort, der sicherer waͤre als die Kirche, da getraut sich niemand etwas wegzunehmen, wir stellen es unter den Altar, und ruͤhren es nicht eher an als bis wir es noͤthig haben.’ Das Toͤpfchen ward also in Sicherheit gebracht, aber es dauerte nicht lange so trug die Katze Geluͤsten danach, und sprach zur Maus ‘was ich dir sagen wollte, Maͤuschen, ich bin von meiner Base zu Gevatter gebeten: sie hat ein Soͤhnchen zur Welt gebracht, weiß mit braunen Flecken, daß soll ich uͤber die Taufe halten. Laß mich ausgehen, und besorge du heute das Haus allein.’ ‘Ja, ja,’ antwortete die Maus, ‘geh in Gottes Namen
<TEI><text><body><pbfacs="#f0038"n="7"/><divn="1"><head><hirendition="#b">2.<lb/>
Katze und Maus in Gesellschaft.</hi></head><lb/><p><hirendition="#in">E</hi>ine Katze hatte Bekanntschaft mit einer Maus gemacht, und ihr so viel von der großen Liebe und Freundschaft vorgesagt, die sie zu ihr truͤge, daß die Maus endlich einwilligte mit ihr zusammen in einem Hause zu wohnen, und gemeinschaftliche Wirthschaft zu fuͤhren. ‘Aber fuͤr den Winter muͤssen wir Vorsorge tragen, sonst leiden wir Hunger,’ sagte die Katze, ‘du Maͤuschen kannst dich nicht uͤberall hinwagen, und geraͤthst mir am Ende in eine Falle.’ Der gute Rath ward also befolgt, und ein Toͤpfchen mit Fett angekauft. Sie wußten aber nicht wo sie es hinstellen sollten, endlich nach langer Überlegung sprach die Katze ‘ich weiß keinen Ort, der sicherer waͤre als die Kirche, da getraut sich niemand etwas wegzunehmen, wir stellen es unter den Altar, und ruͤhren es nicht eher an als bis wir es noͤthig haben.’ Das Toͤpfchen ward also in Sicherheit gebracht, aber es dauerte nicht lange so trug die Katze Geluͤsten danach, und sprach zur Maus ‘was ich dir sagen wollte, Maͤuschen, ich bin von meiner Base zu Gevatter gebeten: sie hat ein Soͤhnchen zur Welt gebracht, weiß mit braunen Flecken, daß soll ich uͤber die Taufe halten. Laß mich ausgehen, und besorge du heute das Haus allein.’‘Ja, ja,’ antwortete die Maus, ‘geh in Gottes Namen
</p></div></body></text></TEI>
[7/0038]
2.
Katze und Maus in Gesellschaft.
Eine Katze hatte Bekanntschaft mit einer Maus gemacht, und ihr so viel von der großen Liebe und Freundschaft vorgesagt, die sie zu ihr truͤge, daß die Maus endlich einwilligte mit ihr zusammen in einem Hause zu wohnen, und gemeinschaftliche Wirthschaft zu fuͤhren. ‘Aber fuͤr den Winter muͤssen wir Vorsorge tragen, sonst leiden wir Hunger,’ sagte die Katze, ‘du Maͤuschen kannst dich nicht uͤberall hinwagen, und geraͤthst mir am Ende in eine Falle.’ Der gute Rath ward also befolgt, und ein Toͤpfchen mit Fett angekauft. Sie wußten aber nicht wo sie es hinstellen sollten, endlich nach langer Überlegung sprach die Katze ‘ich weiß keinen Ort, der sicherer waͤre als die Kirche, da getraut sich niemand etwas wegzunehmen, wir stellen es unter den Altar, und ruͤhren es nicht eher an als bis wir es noͤthig haben.’ Das Toͤpfchen ward also in Sicherheit gebracht, aber es dauerte nicht lange so trug die Katze Geluͤsten danach, und sprach zur Maus ‘was ich dir sagen wollte, Maͤuschen, ich bin von meiner Base zu Gevatter gebeten: sie hat ein Soͤhnchen zur Welt gebracht, weiß mit braunen Flecken, daß soll ich uͤber die Taufe halten. Laß mich ausgehen, und besorge du heute das Haus allein.’ ‘Ja, ja,’ antwortete die Maus, ‘geh in Gottes Namen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/38>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.