Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.sprach er, tappte herum, suchte den Weg in die Kammer und schlief bei seinem Feuer ein. Am andern Morgen kam der König und sagte: "nun wirst du gelernt haben was gruseln ist?" Nein, antwortete er, was ists nur? mein todter Vetter war da, und ein bärtiger Mann ist gekommen, der hat mir da unten viel Geld gezeigt, aber das Gruseln hat mir keiner gelehrt." Der König sprach: "du hast das Schloß erlöst und sollst meine Tochter heirathen." "Das ist all recht gut, antwortete er, aber ich weiß immer noch nicht was gruseln ist." Da ward das Gold gehoben und die Hochzeit gehalten, aber der junge König, so lieb er seine Gemahlin hatte und so vergnügt er war, sagte doch immer: "wenn mir nur gruselte, wenn mir nur gruselte!" Das verdroß sie endlich. Jhr Kammermädchen sprach: "ich will Hülfe schaffen, das Gruseln soll er schon noch lernen." Und ging hinaus und ließ sich einen ganzen Eimer voll Gründlinge holen. Und Nachts als der junge König schlief, mußte seine Gemahlin ihm die Decke wegziehen und den Eimer voll kalt Wasser mit den Gründlingen über ihn herschütten, daß die kleinen Fische um ihn herum zappelten. Da wachte er auf und rief: "ach was gruselt mir, was gruselt mir! liebe Frau! Ja nun weiß ich was gruseln ist." 5.
Der Wolf und die sieben jungen Geislein. Eine Geis hatte sieben junge Geislein, die sie recht mütterlich liebte und sorgfältig vor dem Wolf hütete. Eines Tags, als sprach er, tappte herum, suchte den Weg in die Kammer und schlief bei seinem Feuer ein. Am andern Morgen kam der Koͤnig und sagte: „nun wirst du gelernt haben was gruseln ist?“ Nein, antwortete er, was ists nur? mein todter Vetter war da, und ein baͤrtiger Mann ist gekommen, der hat mir da unten viel Geld gezeigt, aber das Gruseln hat mir keiner gelehrt.“ Der Koͤnig sprach: „du hast das Schloß erloͤst und sollst meine Tochter heirathen.“ „Das ist all recht gut, antwortete er, aber ich weiß immer noch nicht was gruseln ist.“ Da ward das Gold gehoben und die Hochzeit gehalten, aber der junge Koͤnig, so lieb er seine Gemahlin hatte und so vergnuͤgt er war, sagte doch immer: „wenn mir nur gruselte, wenn mir nur gruselte!“ Das verdroß sie endlich. Jhr Kammermaͤdchen sprach: „ich will Huͤlfe schaffen, das Gruseln soll er schon noch lernen.“ Und ging hinaus und ließ sich einen ganzen Eimer voll Gruͤndlinge holen. Und Nachts als der junge Koͤnig schlief, mußte seine Gemahlin ihm die Decke wegziehen und den Eimer voll kalt Wasser mit den Gruͤndlingen uͤber ihn herschuͤtten, daß die kleinen Fische um ihn herum zappelten. Da wachte er auf und rief: „ach was gruselt mir, was gruselt mir! liebe Frau! Ja nun weiß ich was gruseln ist.“ 5.
Der Wolf und die sieben jungen Geislein. Eine Geis hatte sieben junge Geislein, die sie recht muͤtterlich liebte und sorgfaͤltig vor dem Wolf huͤtete. Eines Tags, als <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0089" n="25"/> sprach er, tappte herum, suchte den Weg in die Kammer und schlief bei seinem Feuer ein. Am andern Morgen kam der Koͤnig und sagte: „nun wirst du gelernt haben was gruseln ist?“ Nein, antwortete er, was ists nur? mein todter Vetter war da, und ein baͤrtiger Mann ist gekommen, der hat mir da unten viel Geld gezeigt, aber das Gruseln hat mir keiner gelehrt.“ Der Koͤnig sprach: „du hast das Schloß erloͤst und sollst meine Tochter heirathen.“ „Das ist all recht gut, antwortete er, aber ich weiß immer noch nicht was gruseln ist.“</p><lb/> <p>Da ward das Gold gehoben und die Hochzeit gehalten, aber der junge Koͤnig, so lieb er seine Gemahlin hatte und so vergnuͤgt er war, sagte doch immer: „wenn mir nur gruselte, wenn mir nur gruselte!“ Das verdroß sie endlich. Jhr Kammermaͤdchen sprach: „ich will Huͤlfe schaffen, das Gruseln soll er schon noch lernen.“ Und ging hinaus und ließ sich einen ganzen Eimer voll Gruͤndlinge holen. Und Nachts als der junge Koͤnig schlief, mußte seine Gemahlin ihm die Decke wegziehen und den Eimer voll kalt Wasser mit den Gruͤndlingen uͤber ihn herschuͤtten, daß die kleinen Fische um ihn herum zappelten. Da wachte er auf und rief: „ach was gruselt mir, was gruselt mir! liebe Frau! Ja nun weiß ich was gruseln ist.“</p> </div><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">5.<lb/> Der Wolf und die sieben jungen Geislein.</hi> </head><lb/> <p>Eine Geis hatte sieben junge Geislein, die sie recht muͤtterlich liebte und sorgfaͤltig vor dem Wolf huͤtete. Eines Tags, als </p> </div> </body> </text> </TEI> [25/0089]
sprach er, tappte herum, suchte den Weg in die Kammer und schlief bei seinem Feuer ein. Am andern Morgen kam der Koͤnig und sagte: „nun wirst du gelernt haben was gruseln ist?“ Nein, antwortete er, was ists nur? mein todter Vetter war da, und ein baͤrtiger Mann ist gekommen, der hat mir da unten viel Geld gezeigt, aber das Gruseln hat mir keiner gelehrt.“ Der Koͤnig sprach: „du hast das Schloß erloͤst und sollst meine Tochter heirathen.“ „Das ist all recht gut, antwortete er, aber ich weiß immer noch nicht was gruseln ist.“
Da ward das Gold gehoben und die Hochzeit gehalten, aber der junge Koͤnig, so lieb er seine Gemahlin hatte und so vergnuͤgt er war, sagte doch immer: „wenn mir nur gruselte, wenn mir nur gruselte!“ Das verdroß sie endlich. Jhr Kammermaͤdchen sprach: „ich will Huͤlfe schaffen, das Gruseln soll er schon noch lernen.“ Und ging hinaus und ließ sich einen ganzen Eimer voll Gruͤndlinge holen. Und Nachts als der junge Koͤnig schlief, mußte seine Gemahlin ihm die Decke wegziehen und den Eimer voll kalt Wasser mit den Gruͤndlingen uͤber ihn herschuͤtten, daß die kleinen Fische um ihn herum zappelten. Da wachte er auf und rief: „ach was gruselt mir, was gruselt mir! liebe Frau! Ja nun weiß ich was gruseln ist.“
5.
Der Wolf und die sieben jungen Geislein.
Eine Geis hatte sieben junge Geislein, die sie recht muͤtterlich liebte und sorgfaͤltig vor dem Wolf huͤtete. Eines Tags, als
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Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/89>, abgerufen am 27.07.2024. |