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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.

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so blieb sie an ihr festhängen. Endlich kam auch die dritte und wollte eine Feder, da schrieen die andern: "bleib weg! ums Himmelswillen, bleib weg!" aber sie begriff nicht, warum und dachte: sind die dabei, so kann ich auch dabei seyn, sprang herzu, aber wie sie ihre Schwester angerührt hatte, so blieb sie an ihr fest hängen. So mußten sie die Nacht bei der Gans zubringen.

Am andern Morgen nahm der Dummling die Gans in den Arm, ging fort und bekümmerte sich nicht um die drei Mädchen, die daran hingen. Die mußten immer hinter ihm drein laufen, links und rechts, wie's ihm in die Beine kam. Mitten auf dem Felde begegnete ihnen der Pfarrer und als er den Aufzug sah, sprach er: "ei so schämt euch, ihr garstigen Mädchen, was lauft ihr dem jungen Bursch durchs Feld nach, schickt sich das?" Damit faßte er die jüngste an die Hand und wollte sie zurückziehen, wie er sie aber anrührte, blieb er gleichfalls hängen und mußte selber hinten drein laufen. Nicht lange, so kam der Küster und sah den Herrn Pfarrer drei Mädchen auf dem Fuß folgen, da verwunderte er sich und rief: "ei! Herr Pfarrer! wo hinaus so geschwind? heut ist noch eine Kindtaufe!" lief auf ihn zu und faßte ihn am Ermel und blieb auch fest hängen. Wie die fünf so hinter einander her trabten, kamen zwei Bauern mit ihren Hacken vom Feld, da rief der Pfarrer ihnen zu, sie sollten sie doch los machen. Kaum aber hatten sie den Küster angerührt, so blieben sie hängen und waren ihrer nun siebene, die dem Dummling mit der Gans nachliefen.


so blieb sie an ihr festhaͤngen. Endlich kam auch die dritte und wollte eine Feder, da schrieen die andern: „bleib weg! ums Himmelswillen, bleib weg!“ aber sie begriff nicht, warum und dachte: sind die dabei, so kann ich auch dabei seyn, sprang herzu, aber wie sie ihre Schwester angeruͤhrt hatte, so blieb sie an ihr fest haͤngen. So mußten sie die Nacht bei der Gans zubringen.

Am andern Morgen nahm der Dummling die Gans in den Arm, ging fort und bekuͤmmerte sich nicht um die drei Maͤdchen, die daran hingen. Die mußten immer hinter ihm drein laufen, links und rechts, wie’s ihm in die Beine kam. Mitten auf dem Felde begegnete ihnen der Pfarrer und als er den Aufzug sah, sprach er: „ei so schaͤmt euch, ihr garstigen Maͤdchen, was lauft ihr dem jungen Bursch durchs Feld nach, schickt sich das?“ Damit faßte er die juͤngste an die Hand und wollte sie zuruͤckziehen, wie er sie aber anruͤhrte, blieb er gleichfalls haͤngen und mußte selber hinten drein laufen. Nicht lange, so kam der Kuͤster und sah den Herrn Pfarrer drei Maͤdchen auf dem Fuß folgen, da verwunderte er sich und rief: „ei! Herr Pfarrer! wo hinaus so geschwind? heut ist noch eine Kindtaufe!“ lief auf ihn zu und faßte ihn am Ermel und blieb auch fest haͤngen. Wie die fuͤnf so hinter einander her trabten, kamen zwei Bauern mit ihren Hacken vom Feld, da rief der Pfarrer ihnen zu, sie sollten sie doch los machen. Kaum aber hatten sie den Kuͤster angeruͤhrt, so blieben sie haͤngen und waren ihrer nun siebene, die dem Dummling mit der Gans nachliefen.


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[353/0417] so blieb sie an ihr festhaͤngen. Endlich kam auch die dritte und wollte eine Feder, da schrieen die andern: „bleib weg! ums Himmelswillen, bleib weg!“ aber sie begriff nicht, warum und dachte: sind die dabei, so kann ich auch dabei seyn, sprang herzu, aber wie sie ihre Schwester angeruͤhrt hatte, so blieb sie an ihr fest haͤngen. So mußten sie die Nacht bei der Gans zubringen. Am andern Morgen nahm der Dummling die Gans in den Arm, ging fort und bekuͤmmerte sich nicht um die drei Maͤdchen, die daran hingen. Die mußten immer hinter ihm drein laufen, links und rechts, wie’s ihm in die Beine kam. Mitten auf dem Felde begegnete ihnen der Pfarrer und als er den Aufzug sah, sprach er: „ei so schaͤmt euch, ihr garstigen Maͤdchen, was lauft ihr dem jungen Bursch durchs Feld nach, schickt sich das?“ Damit faßte er die juͤngste an die Hand und wollte sie zuruͤckziehen, wie er sie aber anruͤhrte, blieb er gleichfalls haͤngen und mußte selber hinten drein laufen. Nicht lange, so kam der Kuͤster und sah den Herrn Pfarrer drei Maͤdchen auf dem Fuß folgen, da verwunderte er sich und rief: „ei! Herr Pfarrer! wo hinaus so geschwind? heut ist noch eine Kindtaufe!“ lief auf ihn zu und faßte ihn am Ermel und blieb auch fest haͤngen. Wie die fuͤnf so hinter einander her trabten, kamen zwei Bauern mit ihren Hacken vom Feld, da rief der Pfarrer ihnen zu, sie sollten sie doch los machen. Kaum aber hatten sie den Kuͤster angeruͤhrt, so blieben sie haͤngen und waren ihrer nun siebene, die dem Dummling mit der Gans nachliefen.

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Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/417>, abgerufen am 24.05.2024.