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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.

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Wasser in der Asche gebacken und eine Flasche saueres Bier. Als er in den Wald kam, begegnete ihm gleichfalls das alte, graue Männchen und grüßte ihn und sprach: "gib mir ein Stück von deinem Kuchen und einen Trunk aus deiner Flasche, ich bin so hungrig und durstig." Antwortete der Dummling: "ich habe aber nur Aschenkuchen und saures Bier, wenn dir das recht ist, so wollen wir uns setzen und essen." Da setzten sie sich, und als der Dummling seinen Aschenkuchen herausholte, so wars ein feiner Eierkuchen, und das saure Bier war ein guter Wein. Nun aßen und tranken sie, und darnach sprach das Männlein: "weil du ein gutes Herz hast und das Deine gern mittheilst, so will ich dir Glück bescheeren. Dort steht ein alter Baum, den hau ab, so wirst du in den Wurzeln etwas finden." Und darauf nahm es Abschied.

Der Dummling ging hin und hieb den Baum um, und wie er fiel, saß in den Wurzeln eine Gans, die hatte Federn von reinem Gold. Er hob sie heraus, nahm sie mit sich und ging in ein Wirthshaus, da wollte er übernachten. Der Wirth hatte aber drei Töchter, die sahen die Gans, waren neugierig, was das für ein wunderlicher Vogel wäre und hätten gar gern eine von seinen goldenen Federn gehabt. Endlich dachte die älteste: "ich soll und muß eine Feder haben!" wartete bis der Dummling hinausgegangen war und faßte die Gans beim Flügel, aber Finger und Hand blieben ihr daran festhängen. Bald darnach kam die zweite und hatte keinen andern Gedanken, als sich eine Feder zu holen, ging heran, kaum aber hatte sie ihre Schwester angerührt,

Wasser in der Asche gebacken und eine Flasche saueres Bier. Als er in den Wald kam, begegnete ihm gleichfalls das alte, graue Maͤnnchen und gruͤßte ihn und sprach: „gib mir ein Stuͤck von deinem Kuchen und einen Trunk aus deiner Flasche, ich bin so hungrig und durstig.“ Antwortete der Dummling: „ich habe aber nur Aschenkuchen und saures Bier, wenn dir das recht ist, so wollen wir uns setzen und essen.“ Da setzten sie sich, und als der Dummling seinen Aschenkuchen herausholte, so wars ein feiner Eierkuchen, und das saure Bier war ein guter Wein. Nun aßen und tranken sie, und darnach sprach das Maͤnnlein: „weil du ein gutes Herz hast und das Deine gern mittheilst, so will ich dir Gluͤck bescheeren. Dort steht ein alter Baum, den hau ab, so wirst du in den Wurzeln etwas finden.“ Und darauf nahm es Abschied.

Der Dummling ging hin und hieb den Baum um, und wie er fiel, saß in den Wurzeln eine Gans, die hatte Federn von reinem Gold. Er hob sie heraus, nahm sie mit sich und ging in ein Wirthshaus, da wollte er uͤbernachten. Der Wirth hatte aber drei Toͤchter, die sahen die Gans, waren neugierig, was das fuͤr ein wunderlicher Vogel waͤre und haͤtten gar gern eine von seinen goldenen Federn gehabt. Endlich dachte die aͤlteste: „ich soll und muß eine Feder haben!“ wartete bis der Dummling hinausgegangen war und faßte die Gans beim Fluͤgel, aber Finger und Hand blieben ihr daran festhaͤngen. Bald darnach kam die zweite und hatte keinen andern Gedanken, als sich eine Feder zu holen, ging heran, kaum aber hatte sie ihre Schwester angeruͤhrt,

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[352/0416] Wasser in der Asche gebacken und eine Flasche saueres Bier. Als er in den Wald kam, begegnete ihm gleichfalls das alte, graue Maͤnnchen und gruͤßte ihn und sprach: „gib mir ein Stuͤck von deinem Kuchen und einen Trunk aus deiner Flasche, ich bin so hungrig und durstig.“ Antwortete der Dummling: „ich habe aber nur Aschenkuchen und saures Bier, wenn dir das recht ist, so wollen wir uns setzen und essen.“ Da setzten sie sich, und als der Dummling seinen Aschenkuchen herausholte, so wars ein feiner Eierkuchen, und das saure Bier war ein guter Wein. Nun aßen und tranken sie, und darnach sprach das Maͤnnlein: „weil du ein gutes Herz hast und das Deine gern mittheilst, so will ich dir Gluͤck bescheeren. Dort steht ein alter Baum, den hau ab, so wirst du in den Wurzeln etwas finden.“ Und darauf nahm es Abschied. Der Dummling ging hin und hieb den Baum um, und wie er fiel, saß in den Wurzeln eine Gans, die hatte Federn von reinem Gold. Er hob sie heraus, nahm sie mit sich und ging in ein Wirthshaus, da wollte er uͤbernachten. Der Wirth hatte aber drei Toͤchter, die sahen die Gans, waren neugierig, was das fuͤr ein wunderlicher Vogel waͤre und haͤtten gar gern eine von seinen goldenen Federn gehabt. Endlich dachte die aͤlteste: „ich soll und muß eine Feder haben!“ wartete bis der Dummling hinausgegangen war und faßte die Gans beim Fluͤgel, aber Finger und Hand blieben ihr daran festhaͤngen. Bald darnach kam die zweite und hatte keinen andern Gedanken, als sich eine Feder zu holen, ging heran, kaum aber hatte sie ihre Schwester angeruͤhrt,

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Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/416>, abgerufen am 18.05.2024.