Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.am andern Morgen aber, als er dachte ein Goldstück unter seinem Kopfkissen zu holen, war so wenig wie sonst, etwas zu finden. Die beiden Kinder aber wußten nicht, was ihnen für ein Glück war zu Theil geworden. Am andern Morgen, wie sie aufstanden, fiel etwas klingelnd auf die Erde und da warens zwei Goldstücke. Sie hoben sie auf, und gaben sie ihrem Vater, der wunderte sich und sprach: "wie sollte das zugegangen seyn!" Als sie aber am andern Morgen wieder zwei fanden und so jeden Tag, da ging er zu seinem Bruder und erzählte ihm die seltsame Geschichte. Der Goldschmied merkte gleich, wie es gekommen war und daß die Kinder Herz und Leber von dem Goldvogel gegessen hatten, und um sich zu rächen und weil er neidisch und bös war, sprach er zu dem Vater: "deine Kinder sind mit dem Bösen im Spiel, nimm das Gold nicht und schick sie fort, denn er hat Macht über sie und kann dich sonst auch noch ins Verderben bringen." Der Vater fürchtete den Bösen, und so schwer es ihm ankam, führte er doch die Zwillinge hinaus in den Wald und verließ sie da mit traurigem Herzen. Nun liefen die zwei Kinder im Wald umher und suchten den Weg nach Haus, konnten ihn aber nicht finden, sondern verirrten sich immer mehr. Endlich begegneten sie einem Jäger, der fragte: "wem gehört ihr Kinder?" " Wir sind des armen Besenbinders Jungen," antworteten sie und erzählten ihm, daß sie ihr Vater verlassen hätte, weil alle Morgen ein Goldstück unter ihrem Kopfkissen liege. Nun war der Jäger ein guter Mann und weil ihm die Kinder gefielen und er selbst keine hatte, nahm er sie mit am andern Morgen aber, als er dachte ein Goldstuͤck unter seinem Kopfkissen zu holen, war so wenig wie sonst, etwas zu finden. Die beiden Kinder aber wußten nicht, was ihnen fuͤr ein Gluͤck war zu Theil geworden. Am andern Morgen, wie sie aufstanden, fiel etwas klingelnd auf die Erde und da warens zwei Goldstuͤcke. Sie hoben sie auf, und gaben sie ihrem Vater, der wunderte sich und sprach: „wie sollte das zugegangen seyn!“ Als sie aber am andern Morgen wieder zwei fanden und so jeden Tag, da ging er zu seinem Bruder und erzaͤhlte ihm die seltsame Geschichte. Der Goldschmied merkte gleich, wie es gekommen war und daß die Kinder Herz und Leber von dem Goldvogel gegessen hatten, und um sich zu raͤchen und weil er neidisch und boͤs war, sprach er zu dem Vater: „deine Kinder sind mit dem Boͤsen im Spiel, nimm das Gold nicht und schick sie fort, denn er hat Macht uͤber sie und kann dich sonst auch noch ins Verderben bringen.“ Der Vater fuͤrchtete den Boͤsen, und so schwer es ihm ankam, fuͤhrte er doch die Zwillinge hinaus in den Wald und verließ sie da mit traurigem Herzen. Nun liefen die zwei Kinder im Wald umher und suchten den Weg nach Haus, konnten ihn aber nicht finden, sondern verirrten sich immer mehr. Endlich begegneten sie einem Jaͤger, der fragte: „wem gehoͤrt ihr Kinder?“ „ Wir sind des armen Besenbinders Jungen,“ antworteten sie und erzaͤhlten ihm, daß sie ihr Vater verlassen haͤtte, weil alle Morgen ein Goldstuͤck unter ihrem Kopfkissen liege. Nun war der Jaͤger ein guter Mann und weil ihm die Kinder gefielen und er selbst keine hatte, nahm er sie mit <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0376" n="312"/> am andern Morgen aber, als er dachte ein Goldstuͤck unter seinem Kopfkissen zu holen, war so wenig wie sonst, etwas zu finden.</p><lb/> <p>Die beiden Kinder aber wußten nicht, was ihnen fuͤr ein Gluͤck war zu Theil geworden. Am andern Morgen, wie sie aufstanden, fiel etwas klingelnd auf die Erde und da warens zwei Goldstuͤcke. Sie hoben sie auf, und gaben sie ihrem Vater, der wunderte sich und sprach: „wie sollte das zugegangen seyn!“ Als sie aber am andern Morgen wieder zwei fanden und so jeden Tag, da ging er zu seinem Bruder und erzaͤhlte ihm die seltsame Geschichte. Der Goldschmied merkte gleich, wie es gekommen war und daß die Kinder Herz und Leber von dem Goldvogel gegessen hatten, und um sich zu raͤchen und weil er neidisch und boͤs war, sprach er zu dem Vater: „deine Kinder sind mit dem Boͤsen im Spiel, nimm das Gold nicht und schick sie fort, denn er hat Macht uͤber sie und kann dich sonst auch noch ins Verderben bringen.“ Der Vater fuͤrchtete den Boͤsen, und so schwer es ihm ankam, fuͤhrte er doch die Zwillinge hinaus in den Wald und verließ sie da mit traurigem Herzen.</p><lb/> <p>Nun liefen die zwei Kinder im Wald umher und suchten den Weg nach Haus, konnten ihn aber nicht finden, sondern verirrten sich immer mehr. Endlich begegneten sie einem Jaͤger, der fragte: „wem gehoͤrt ihr Kinder?“ „ Wir sind des armen Besenbinders Jungen,“ antworteten sie und erzaͤhlten ihm, daß sie ihr Vater verlassen haͤtte, weil alle Morgen ein Goldstuͤck unter ihrem Kopfkissen liege. Nun war der Jaͤger ein guter Mann und weil ihm die Kinder gefielen und er selbst keine hatte, nahm er sie mit </p> </div> </body> </text> </TEI> [312/0376]
am andern Morgen aber, als er dachte ein Goldstuͤck unter seinem Kopfkissen zu holen, war so wenig wie sonst, etwas zu finden.
Die beiden Kinder aber wußten nicht, was ihnen fuͤr ein Gluͤck war zu Theil geworden. Am andern Morgen, wie sie aufstanden, fiel etwas klingelnd auf die Erde und da warens zwei Goldstuͤcke. Sie hoben sie auf, und gaben sie ihrem Vater, der wunderte sich und sprach: „wie sollte das zugegangen seyn!“ Als sie aber am andern Morgen wieder zwei fanden und so jeden Tag, da ging er zu seinem Bruder und erzaͤhlte ihm die seltsame Geschichte. Der Goldschmied merkte gleich, wie es gekommen war und daß die Kinder Herz und Leber von dem Goldvogel gegessen hatten, und um sich zu raͤchen und weil er neidisch und boͤs war, sprach er zu dem Vater: „deine Kinder sind mit dem Boͤsen im Spiel, nimm das Gold nicht und schick sie fort, denn er hat Macht uͤber sie und kann dich sonst auch noch ins Verderben bringen.“ Der Vater fuͤrchtete den Boͤsen, und so schwer es ihm ankam, fuͤhrte er doch die Zwillinge hinaus in den Wald und verließ sie da mit traurigem Herzen.
Nun liefen die zwei Kinder im Wald umher und suchten den Weg nach Haus, konnten ihn aber nicht finden, sondern verirrten sich immer mehr. Endlich begegneten sie einem Jaͤger, der fragte: „wem gehoͤrt ihr Kinder?“ „ Wir sind des armen Besenbinders Jungen,“ antworteten sie und erzaͤhlten ihm, daß sie ihr Vater verlassen haͤtte, weil alle Morgen ein Goldstuͤck unter ihrem Kopfkissen liege. Nun war der Jaͤger ein guter Mann und weil ihm die Kinder gefielen und er selbst keine hatte, nahm er sie mit
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-06-15T16:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |