Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.hätte wollen umbringen, der Jäger ihm aber das Leben geschenkt, und da wär es gelaufen den ganzen Tag bis es endlich ihr Häuslein gefunden. Die Zwerge sprachen: "willst du unsern Haushalt versehen: kochen, betten, waschen, nähen und stricken, und willst du alles ordentlich und reinlich halten, so kannst du bei uns bleiben und es soll dir an nichts fehlen." Das versprach ihnen Sneewittchen. Da hielt es ihnen Haus, Morgens gingen sie in die Berge und suchten Erz und Gold, Abends kamen sie nach Haus und da mußte ihr Essen bereitet seyn. Den Tag über war das Mädchen allein, da warnten es die guten Zwerglein und sprachen: "hüt dich vor deiner Stiefmutter, die wird bald wissen daß du hier bist, und laß niemand herein." Die Königin aber, nachdem sie Sneewittchens Lunge und Leber glaubte gegessen zu haben, dachte nicht anders, als wieder die erste und allerschönste zu seyn, und trat vor ihren Spiegel und sprach: "Spieglein, Spieglein an der Wand,
wer ist die schönste im ganzen Land?" da antwortete der Spiegel: "Frau Königin, ihr seyd die schönste hier;
aber Sneewittchen über den Bergen bei den sieben Zwergen ist noch tausendmal schöner als ihr!" Da erschrak sie, denn sie wußte, daß der Spiegel keine Unwahrheit sprach und merkte, daß der Jäger sie betrogen hatte und Sneewittchen noch im Leben war. Und da sie hörte, daß es über den haͤtte wollen umbringen, der Jaͤger ihm aber das Leben geschenkt, und da waͤr es gelaufen den ganzen Tag bis es endlich ihr Haͤuslein gefunden. Die Zwerge sprachen: „willst du unsern Haushalt versehen: kochen, betten, waschen, naͤhen und stricken, und willst du alles ordentlich und reinlich halten, so kannst du bei uns bleiben und es soll dir an nichts fehlen.“ Das versprach ihnen Sneewittchen. Da hielt es ihnen Haus, Morgens gingen sie in die Berge und suchten Erz und Gold, Abends kamen sie nach Haus und da mußte ihr Essen bereitet seyn. Den Tag uͤber war das Maͤdchen allein, da warnten es die guten Zwerglein und sprachen: „huͤt dich vor deiner Stiefmutter, die wird bald wissen daß du hier bist, und laß niemand herein.“ Die Koͤnigin aber, nachdem sie Sneewittchens Lunge und Leber glaubte gegessen zu haben, dachte nicht anders, als wieder die erste und allerschoͤnste zu seyn, und trat vor ihren Spiegel und sprach: „Spieglein, Spieglein an der Wand,
wer ist die schoͤnste im ganzen Land?“ da antwortete der Spiegel: „Frau Koͤnigin, ihr seyd die schoͤnste hier;
aber Sneewittchen uͤber den Bergen bei den sieben Zwergen ist noch tausendmal schoͤner als ihr!“ Da erschrak sie, denn sie wußte, daß der Spiegel keine Unwahrheit sprach und merkte, daß der Jaͤger sie betrogen hatte und Sneewittchen noch im Leben war. Und da sie hoͤrte, daß es uͤber den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0331" n="267"/> haͤtte wollen umbringen, der Jaͤger ihm aber das Leben geschenkt, und da waͤr es gelaufen den ganzen Tag bis es endlich ihr Haͤuslein gefunden. Die Zwerge sprachen: „willst du unsern Haushalt versehen: kochen, betten, waschen, naͤhen und stricken, und willst du alles ordentlich und reinlich halten, so kannst du bei uns bleiben und es soll dir an nichts fehlen.“ Das versprach ihnen Sneewittchen. Da hielt es ihnen Haus, Morgens gingen sie in die Berge und suchten Erz und Gold, Abends kamen sie nach Haus und da mußte ihr Essen bereitet seyn. Den Tag uͤber war das Maͤdchen allein, da warnten es die guten Zwerglein und sprachen: „huͤt dich vor deiner Stiefmutter, die wird bald wissen daß du hier bist, und laß niemand herein.“</p><lb/> <p>Die Koͤnigin aber, nachdem sie Sneewittchens Lunge und Leber glaubte gegessen zu haben, dachte nicht anders, als wieder die erste und allerschoͤnste zu seyn, und trat vor ihren Spiegel und sprach:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Spieglein, Spieglein an der Wand,</l><lb/> <l>wer ist die schoͤnste im ganzen Land?“</l><lb/> </lg> <p>da antwortete der Spiegel:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Frau Koͤnigin, ihr seyd die schoͤnste hier;</l><lb/> <l>aber Sneewittchen uͤber den Bergen</l><lb/> <l>bei den sieben Zwergen</l><lb/> <l>ist noch tausendmal schoͤner als ihr!“</l><lb/> </lg> <p>Da erschrak sie, denn sie wußte, daß der Spiegel keine Unwahrheit sprach und merkte, daß der Jaͤger sie betrogen <choice><sic/><corr type="corrigenda">hatte</corr></choice> und Sneewittchen noch im Leben war. Und da sie hoͤrte, daß es uͤber den </p> </div> </body> </text> </TEI> [267/0331]
haͤtte wollen umbringen, der Jaͤger ihm aber das Leben geschenkt, und da waͤr es gelaufen den ganzen Tag bis es endlich ihr Haͤuslein gefunden. Die Zwerge sprachen: „willst du unsern Haushalt versehen: kochen, betten, waschen, naͤhen und stricken, und willst du alles ordentlich und reinlich halten, so kannst du bei uns bleiben und es soll dir an nichts fehlen.“ Das versprach ihnen Sneewittchen. Da hielt es ihnen Haus, Morgens gingen sie in die Berge und suchten Erz und Gold, Abends kamen sie nach Haus und da mußte ihr Essen bereitet seyn. Den Tag uͤber war das Maͤdchen allein, da warnten es die guten Zwerglein und sprachen: „huͤt dich vor deiner Stiefmutter, die wird bald wissen daß du hier bist, und laß niemand herein.“
Die Koͤnigin aber, nachdem sie Sneewittchens Lunge und Leber glaubte gegessen zu haben, dachte nicht anders, als wieder die erste und allerschoͤnste zu seyn, und trat vor ihren Spiegel und sprach:
„Spieglein, Spieglein an der Wand,
wer ist die schoͤnste im ganzen Land?“
da antwortete der Spiegel:
„Frau Koͤnigin, ihr seyd die schoͤnste hier;
aber Sneewittchen uͤber den Bergen
bei den sieben Zwergen
ist noch tausendmal schoͤner als ihr!“
Da erschrak sie, denn sie wußte, daß der Spiegel keine Unwahrheit sprach und merkte, daß der Jaͤger sie betrogen hatte und Sneewittchen noch im Leben war. Und da sie hoͤrte, daß es uͤber den
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-06-15T16:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |