Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.sie in Wuth, rißen Bäume aus, schlugen auf einander los und schlugen sich endlich todt. "Es ist nur gut, sprach das Schneiderlein, daß sie nicht meinen Baum ausgerißen haben, sonst hätte ich einen garstigen Sprung thun müssen" Darauf stieg es lustig hinunter, zog sein Schwert und hieb mit aller Bequemlichkeit jedem ein paar Wunden in die Brust, und ging dann hinaus zu den Reutern. "Drin liegen die zwei Riesen, sprach es, ich habe ihnen beiden den Garaus gemacht, dazu gehört aber einer, der siebene auf einen Streich schlägt, denn sie haben in der Todesangst noch Bäume ausgerissen." "Habt ihr gar keine Wunde?" fragten die Reuter. "Das hat gute Wege, sprach das Schneiderlein, sie haben mir kein Haar gekrümmt." Die Reuter wolltens nicht glauben und ritten in den Wald hinein, da fanden sie die Riesen in ihrem Blut und die ausgerißene Bäume rings herum liegen. Sie verwunderten sich, erschracken aber noch mehr vor dem Schneiderlein und zweifelten nicht, daß es sie all umbrächte, wo es ihnen feind würde. Sie ritten nun heim und erzählten dem König die That; das Schneiderlein kam auch und sprach: "nun wollte ich mir die Königstochter mit dem halben Reich ausgebeten haben." Den König aber reute seine Verheißung und er dacht aufs neue, wie er des Kriegshelden könnte los werden, dem er seine Tochter zu geben nicht gesinnt war. Da sprach er zu ihm: "im Walde laufe noch ein Einhorn, das großen Schaden schon angerichtet an Thieren und Menschen, das solle er erst fangen, wenn er seine Tochter haben wolle." Nun das Schneiderlein wars zufrieden, nahm ein Stricklein, ging zum Wald und hieß die, welche sie in Wuth, rißen Baͤume aus, schlugen auf einander los und schlugen sich endlich todt. „Es ist nur gut, sprach das Schneiderlein, daß sie nicht meinen Baum ausgerißen haben, sonst haͤtte ich einen garstigen Sprung thun muͤssen“ Darauf stieg es lustig hinunter, zog sein Schwert und hieb mit aller Bequemlichkeit jedem ein paar Wunden in die Brust, und ging dann hinaus zu den Reutern. „Drin liegen die zwei Riesen, sprach es, ich habe ihnen beiden den Garaus gemacht, dazu gehoͤrt aber einer, der siebene auf einen Streich schlaͤgt, denn sie haben in der Todesangst noch Baͤume ausgerissen.“ „Habt ihr gar keine Wunde?“ fragten die Reuter. „Das hat gute Wege, sprach das Schneiderlein, sie haben mir kein Haar gekruͤmmt.“ Die Reuter wolltens nicht glauben und ritten in den Wald hinein, da fanden sie die Riesen in ihrem Blut und die ausgerißene Baͤume rings herum liegen. Sie verwunderten sich, erschracken aber noch mehr vor dem Schneiderlein und zweifelten nicht, daß es sie all umbraͤchte, wo es ihnen feind wuͤrde. Sie ritten nun heim und erzaͤhlten dem Koͤnig die That; das Schneiderlein kam auch und sprach: „nun wollte ich mir die Koͤnigstochter mit dem halben Reich ausgebeten haben.“ Den Koͤnig aber reute seine Verheißung und er dacht aufs neue, wie er des Kriegshelden koͤnnte los werden, dem er seine Tochter zu geben nicht gesinnt war. Da sprach er zu ihm: „im Walde laufe noch ein Einhorn, das großen Schaden schon angerichtet an Thieren und Menschen, das solle er erst fangen, wenn er seine Tochter haben wolle.“ Nun das Schneiderlein wars zufrieden, nahm ein Stricklein, ging zum Wald und hieß die, welche <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0175" n="111"/> sie in Wuth, rißen Baͤume aus, schlugen auf einander los und schlugen sich endlich todt. „Es ist nur gut, sprach das Schneiderlein, daß sie nicht meinen Baum ausgerißen haben, sonst haͤtte ich einen garstigen Sprung thun muͤssen“ Darauf stieg es lustig hinunter, zog sein Schwert und hieb mit aller Bequemlichkeit jedem ein paar Wunden in die Brust, und ging dann hinaus zu den Reutern. „Drin liegen die zwei Riesen, sprach es, ich habe ihnen <choice><sic>beide</sic><corr type="corrigenda">beiden</corr></choice> den Garaus gemacht, dazu gehoͤrt aber einer, der siebene auf einen Streich schlaͤgt, denn sie haben in der Todesangst noch Baͤume ausgerissen.“ „Habt ihr gar keine Wunde?“ fragten die Reuter. „Das hat gute Wege, sprach das Schneiderlein, sie haben mir kein Haar gekruͤmmt.“ Die Reuter wolltens nicht glauben und ritten in den Wald hinein, da fanden sie die Riesen in ihrem Blut und die ausgerißene Baͤume rings herum liegen. Sie verwunderten sich, erschracken aber noch mehr vor dem Schneiderlein und zweifelten nicht, daß es sie all umbraͤchte, wo es ihnen feind wuͤrde. Sie ritten nun heim und erzaͤhlten dem Koͤnig die That; das Schneiderlein kam auch und sprach: „nun wollte ich mir die Koͤnigstochter mit dem halben Reich ausgebeten haben.“ Den Koͤnig aber reute seine Verheißung und er dacht aufs neue, wie er des Kriegshelden koͤnnte los werden, dem er seine Tochter zu geben nicht gesinnt war. Da sprach er zu ihm: „im Walde laufe noch ein Einhorn, das großen Schaden schon angerichtet an Thieren und Menschen, das solle er erst fangen, wenn er seine Tochter haben wolle.“ Nun das Schneiderlein wars zufrieden, nahm ein Stricklein, ging zum Wald und hieß die, welche </p> </div> </body> </text> </TEI> [111/0175]
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Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/175>, abgerufen am 23.07.2024. |