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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.

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erging und sie nach Verlauf einiger Zeit Zwillinge, einen Knaben und ein Mädchen gebar.

Denselben Tag aber, wo sie Rapunzel verstoßen hatte, machte die Zauberin Abends die abgeschnittenen Haare oben am Haken fest, und als der Königssohn kam:

Rapunzel, Rapunzel,
laß dein Haar herunter!

so ließ sie zwar die Haare nieder, allein wie erstaunte er, als er statt seines geliebten Rapunzels die Zauberin fand. "Weißt du was, sprach die erzürnte Zauberin, Rapunzel ist für dich Bösewicht auf immer verloren!"

Da wurde der Königssohn ganz verzweifelnd und stürzte sich gleich den Thurm hinab; das Leben brachte er davon, aber die beiden Augen hatte er sich ausgefallen. Traurig irrte er im Wald umher, aß nichts als Gras und Wurzeln, und that nichts als weinen. Einige Jahre nachher gerieth er in jene Wüstenei, wo Rapunzel kümmerlich mit ihren Kindern lebte; ihre Stimme däuchte ihm so bekannt, und in demselben Augenblick erkannte sie ihn auch und fiel ihm um den Hals. Zwei von ihren Thränen aber fielen in seine Augen, da wurden sie wieder klar und er konnte damit sehen, wie sonst.

13.
Die drei Männlein im Walde.

Es war ein Mann, dem starb seine Frau, und eine Frau, der starb ihr Mann; und der Mann hatte eine Tochter und die

erging und sie nach Verlauf einiger Zeit Zwillinge, einen Knaben und ein Maͤdchen gebar.

Denselben Tag aber, wo sie Rapunzel verstoßen hatte, machte die Zauberin Abends die abgeschnittenen Haare oben am Haken fest, und als der Koͤnigssohn kam:

Rapunzel, Rapunzel,
laß dein Haar herunter!

so ließ sie zwar die Haare nieder, allein wie erstaunte er, als er statt seines geliebten Rapunzels die Zauberin fand. „Weißt du was, sprach die erzuͤrnte Zauberin, Rapunzel ist fuͤr dich Boͤsewicht auf immer verloren!“

Da wurde der Koͤnigssohn ganz verzweifelnd und stuͤrzte sich gleich den Thurm hinab; das Leben brachte er davon, aber die beiden Augen hatte er sich ausgefallen. Traurig irrte er im Wald umher, aß nichts als Gras und Wurzeln, und that nichts als weinen. Einige Jahre nachher gerieth er in jene Wuͤstenei, wo Rapunzel kuͤmmerlich mit ihren Kindern lebte; ihre Stimme daͤuchte ihm so bekannt, und in demselben Augenblick erkannte sie ihn auch und fiel ihm um den Hals. Zwei von ihren Thraͤnen aber fielen in seine Augen, da wurden sie wieder klar und er konnte damit sehen, wie sonst.

13.
Die drei Maͤnnlein im Walde.

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[69/0133] erging und sie nach Verlauf einiger Zeit Zwillinge, einen Knaben und ein Maͤdchen gebar. Denselben Tag aber, wo sie Rapunzel verstoßen hatte, machte die Zauberin Abends die abgeschnittenen Haare oben am Haken fest, und als der Koͤnigssohn kam: Rapunzel, Rapunzel, laß dein Haar herunter! so ließ sie zwar die Haare nieder, allein wie erstaunte er, als er statt seines geliebten Rapunzels die Zauberin fand. „Weißt du was, sprach die erzuͤrnte Zauberin, Rapunzel ist fuͤr dich Boͤsewicht auf immer verloren!“ Da wurde der Koͤnigssohn ganz verzweifelnd und stuͤrzte sich gleich den Thurm hinab; das Leben brachte er davon, aber die beiden Augen hatte er sich ausgefallen. Traurig irrte er im Wald umher, aß nichts als Gras und Wurzeln, und that nichts als weinen. Einige Jahre nachher gerieth er in jene Wuͤstenei, wo Rapunzel kuͤmmerlich mit ihren Kindern lebte; ihre Stimme daͤuchte ihm so bekannt, und in demselben Augenblick erkannte sie ihn auch und fiel ihm um den Hals. Zwei von ihren Thraͤnen aber fielen in seine Augen, da wurden sie wieder klar und er konnte damit sehen, wie sonst. 13. Die drei Maͤnnlein im Walde. Es war ein Mann, dem starb seine Frau, und eine Frau, der starb ihr Mann; und der Mann hatte eine Tochter und die

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Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/133>, abgerufen am 24.11.2024.