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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.

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"O, antwortete der Bauer, ich will sie gar nicht, ich hab daheim nur eine einzige Frau und wenn ich nach Haus komme, so ist mir doch als ob in jedem Winkel eine stände." Da ward der König zornig und sprach: "bist du so ein Grobian, so mußt du einen andern Lohn haben, jetzt pack dich fort, aber in drei Tagen komm wieder, so sollen dir fünfhundert vollgezählt werden."

Wie der Bauer hinaus vor die Thüre kam, sprach die Schildwacht: "du hast die Königstochter zum Lachen gebracht, da wirst du was rechtes bekommen haben." "Ja das mein ich! antwortete der Bauer, fünfhundert werden mir ausbezahlt." "Hör, sprach der Soldat, gieb mir etwas davon, was willst du mit all dem Geld anfangen." "Nun, sprach der Bauer, weil du's bist, so sollst du zweihundert haben, in drei Tagen meld' dich beim König und laß dirs aufzählen." Eine Jude hatte in der Nähe gestanden und das Gespräch mit angehört, der lief dem Bauer nach, hielt ihn beim Rock und sprach: "Gotteswunder, was seyd ihr ein Glückskind! ich wills euch wechseln, ich wills euch umsetzen in Scheidemünz, was wollt ihr mit den harten Thalern!" "Mauschel, sagte der Bauer, dreihundert kannst du noch haben, gieb mirs nur gleich in Münze, heut über drei Tage wirst du dafür beim König bezahlt werden." Der Jude war froh über das Profitchen und brachte die Summe in schlechten Groschen, wo drei so viel werth sind als zwei gute. Nach Verlauf der drei Tage ging der Bauer, dem Befehl gemäß, vor den König. "Zieh den Rock aus, sprach dieser, du sollst deine fünfhundert haben." "Ach! sagte der Bauer, sie gehören nicht mehr mein, zweihundert habe ich

„O, antwortete der Bauer, ich will sie gar nicht, ich hab daheim nur eine einzige Frau und wenn ich nach Haus komme, so ist mir doch als ob in jedem Winkel eine staͤnde.“ Da ward der Koͤnig zornig und sprach: „bist du so ein Grobian, so mußt du einen andern Lohn haben, jetzt pack dich fort, aber in drei Tagen komm wieder, so sollen dir fuͤnfhundert vollgezaͤhlt werden.“

Wie der Bauer hinaus vor die Thuͤre kam, sprach die Schildwacht: „du hast die Koͤnigstochter zum Lachen gebracht, da wirst du was rechtes bekommen haben.“ „Ja das mein ich! antwortete der Bauer, fuͤnfhundert werden mir ausbezahlt.“ „Hoͤr, sprach der Soldat, gieb mir etwas davon, was willst du mit all dem Geld anfangen.“ „Nun, sprach der Bauer, weil du’s bist, so sollst du zweihundert haben, in drei Tagen meld’ dich beim Koͤnig und laß dirs aufzaͤhlen.“ Eine Jude hatte in der Naͤhe gestanden und das Gespraͤch mit angehoͤrt, der lief dem Bauer nach, hielt ihn beim Rock und sprach: „Gotteswunder, was seyd ihr ein Gluͤckskind! ich wills euch wechseln, ich wills euch umsetzen in Scheidemuͤnz, was wollt ihr mit den harten Thalern!“ „Mauschel, sagte der Bauer, dreihundert kannst du noch haben, gieb mirs nur gleich in Muͤnze, heut uͤber drei Tage wirst du dafuͤr beim Koͤnig bezahlt werden.“ Der Jude war froh uͤber das Profitchen und brachte die Summe in schlechten Groschen, wo drei so viel werth sind als zwei gute. Nach Verlauf der drei Tage ging der Bauer, dem Befehl gemaͤß, vor den Koͤnig. „Zieh den Rock aus, sprach dieser, du sollst deine fuͤnfhundert haben.“ „Ach! sagte der Bauer, sie gehoͤren nicht mehr mein, zweihundert habe ich

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[42/0106] „O, antwortete der Bauer, ich will sie gar nicht, ich hab daheim nur eine einzige Frau und wenn ich nach Haus komme, so ist mir doch als ob in jedem Winkel eine staͤnde.“ Da ward der Koͤnig zornig und sprach: „bist du so ein Grobian, so mußt du einen andern Lohn haben, jetzt pack dich fort, aber in drei Tagen komm wieder, so sollen dir fuͤnfhundert vollgezaͤhlt werden.“ Wie der Bauer hinaus vor die Thuͤre kam, sprach die Schildwacht: „du hast die Koͤnigstochter zum Lachen gebracht, da wirst du was rechtes bekommen haben.“ „Ja das mein ich! antwortete der Bauer, fuͤnfhundert werden mir ausbezahlt.“ „Hoͤr, sprach der Soldat, gieb mir etwas davon, was willst du mit all dem Geld anfangen.“ „Nun, sprach der Bauer, weil du’s bist, so sollst du zweihundert haben, in drei Tagen meld’ dich beim Koͤnig und laß dirs aufzaͤhlen.“ Eine Jude hatte in der Naͤhe gestanden und das Gespraͤch mit angehoͤrt, der lief dem Bauer nach, hielt ihn beim Rock und sprach: „Gotteswunder, was seyd ihr ein Gluͤckskind! ich wills euch wechseln, ich wills euch umsetzen in Scheidemuͤnz, was wollt ihr mit den harten Thalern!“ „Mauschel, sagte der Bauer, dreihundert kannst du noch haben, gieb mirs nur gleich in Muͤnze, heut uͤber drei Tage wirst du dafuͤr beim Koͤnig bezahlt werden.“ Der Jude war froh uͤber das Profitchen und brachte die Summe in schlechten Groschen, wo drei so viel werth sind als zwei gute. Nach Verlauf der drei Tage ging der Bauer, dem Befehl gemaͤß, vor den Koͤnig. „Zieh den Rock aus, sprach dieser, du sollst deine fuͤnfhundert haben.“ „Ach! sagte der Bauer, sie gehoͤren nicht mehr mein, zweihundert habe ich

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Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/106>, abgerufen am 03.05.2024.