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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

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der viel hundert Schafe über einen breiten Fluß
setzen will, in einem kleinen Nachen, worin jedes-
mal nur ein einziges Platz hat. Dieses hat be-
kanntlich in dem Don Quixote I cap. 20. Cervan-
tes vortrefflich angebracht, und Avellaneda in sei-
ner Fortsetzung cap. 21. es durch ein ähnliches von
Gänsen, die über eine schmale Brücke gehen über-
bieten wollen. An sich ist es viel älter, die no-
velle antiche n. XXX.
erzählen es schon und noch
früher das altfranzös. cartoiment (fabliaux ed.
Meon. II, 89--91.)
-- eine ähnliche Idee liegt
dem Redner Demades Aesops zu Grund. (Furia
54. Coray 178.
)

Einiges aus dem Kinderglauben.

1) Wenn ein Brüderchen oder Schwesterchen
geboren wird, und die Kinder fragen, woher es ge-
kommen sey? so sagt man ihnen: aus dem Brun-
nen
, da hole man sie heraus. Gewöhnlich ist
aber an dem Ort ein gewisser Brunnen, auf den
man verweist, und wenn sie hineingukken, sehen
sie ihre eignen Köpfe unten im Wasser und glau-
ben desto mehr daran.

Oder man sagt: ein Engel bringe sie, und
der habe zugleich das Zuckerwerk mitgebracht, das
ihnen bei der Kindtaufe oder vorher gegeben wird;
gewöhnlich sind es bunte Zuckererbsen Oder: der
Storch fische die Kinder im Wasser und bringe
sie in seinem rothen Schnabel getragen, darum
wird er angesungen:

Klapperstorch, Langbein,
bring meiner Mutter ein Kind heim,
leg es in Garten,
will es fein warten,
legs auf die Stiegen!
will es fein wiegen.

Oder auch niederdeutsch:
Ebeer, Langbeen
wenneer wult dn to Lande teen etc.

Der Name des Storchs Adebar, bedeutet ver-
muthlich Kindträger, von baren, tragen und an-
dere erklären Oudevar durch: alter Vater. Un-

Kindermärchen. E

der viel hundert Schafe uͤber einen breiten Fluß
ſetzen will, in einem kleinen Nachen, worin jedes-
mal nur ein einziges Platz hat. Dieſes hat be-
kanntlich in dem Don Quixote I cap. 20. Cervan-
tes vortrefflich angebracht, und Avellaneda in ſei-
ner Fortſetzung cap. 21. es durch ein aͤhnliches von
Gaͤnſen, die uͤber eine ſchmale Bruͤcke gehen uͤber-
bieten wollen. An ſich iſt es viel aͤlter, die no-
velle antiche n. XXX.
erzaͤhlen es ſchon und noch
fruͤher das altfranzoͤſ. cartoiment (fabliaux ed.
Meon. II, 89—91.)
— eine aͤhnliche Idee liegt
dem Redner Demades Aeſops zu Grund. (Furia
54. Coray 178.
)

Einiges aus dem Kinderglauben.

1) Wenn ein Bruͤderchen oder Schweſterchen
geboren wird, und die Kinder fragen, woher es ge-
kommen ſey? ſo ſagt man ihnen: aus dem Brun-
nen
, da hole man ſie heraus. Gewoͤhnlich iſt
aber an dem Ort ein gewiſſer Brunnen, auf den
man verweiſt, und wenn ſie hineingukken, ſehen
ſie ihre eignen Koͤpfe unten im Waſſer und glau-
ben deſto mehr daran.

Oder man ſagt: ein Engel bringe ſie, und
der habe zugleich das Zuckerwerk mitgebracht, das
ihnen bei der Kindtaufe oder vorher gegeben wird;
gewoͤhnlich ſind es bunte Zuckererbſen Oder: der
Storch fiſche die Kinder im Waſſer und bringe
ſie in ſeinem rothen Schnabel getragen, darum
wird er angeſungen:

Klapperſtorch, Langbein,
bring meiner Mutter ein Kind heim,
leg es in Garten,
will es fein warten,
legs auf die Stiegen!
will es fein wiegen.

Oder auch niederdeutſch:
Ebeer, Langbeen
wenneer wult dn to Lande teen ꝛc.

Der Name des Storchs Adebar, bedeutet ver-
muthlich Kindtraͤger, von baren, tragen und an-
dere erklaͤren Oudevar durch: alter Vater. Un-

Kindermärchen. E
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[LVII/0479] der viel hundert Schafe uͤber einen breiten Fluß ſetzen will, in einem kleinen Nachen, worin jedes- mal nur ein einziges Platz hat. Dieſes hat be- kanntlich in dem Don Quixote I cap. 20. Cervan- tes vortrefflich angebracht, und Avellaneda in ſei- ner Fortſetzung cap. 21. es durch ein aͤhnliches von Gaͤnſen, die uͤber eine ſchmale Bruͤcke gehen uͤber- bieten wollen. An ſich iſt es viel aͤlter, die no- velle antiche n. XXX. erzaͤhlen es ſchon und noch fruͤher das altfranzoͤſ. cartoiment (fabliaux ed. Meon. II, 89—91.) — eine aͤhnliche Idee liegt dem Redner Demades Aeſops zu Grund. (Furia 54. Coray 178.) Einiges aus dem Kinderglauben. 1) Wenn ein Bruͤderchen oder Schweſterchen geboren wird, und die Kinder fragen, woher es ge- kommen ſey? ſo ſagt man ihnen: aus dem Brun- nen, da hole man ſie heraus. Gewoͤhnlich iſt aber an dem Ort ein gewiſſer Brunnen, auf den man verweiſt, und wenn ſie hineingukken, ſehen ſie ihre eignen Koͤpfe unten im Waſſer und glau- ben deſto mehr daran. Oder man ſagt: ein Engel bringe ſie, und der habe zugleich das Zuckerwerk mitgebracht, das ihnen bei der Kindtaufe oder vorher gegeben wird; gewoͤhnlich ſind es bunte Zuckererbſen Oder: der Storch fiſche die Kinder im Waſſer und bringe ſie in ſeinem rothen Schnabel getragen, darum wird er angeſungen: Klapperſtorch, Langbein, bring meiner Mutter ein Kind heim, leg es in Garten, will es fein warten, legs auf die Stiegen! will es fein wiegen. Oder auch niederdeutſch: Ebeer, Langbeen wenneer wult dn to Lande teen ꝛc. Der Name des Storchs Adebar, bedeutet ver- muthlich Kindtraͤger, von baren, tragen und an- dere erklaͤren Oudevar durch: alter Vater. Un- Kindermärchen. E

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. LVII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/479>, abgerufen am 23.11.2024.