Donner, also meint er die Feinde wären gekom- men, und schickt einen Trompeter ab, der bringt die Nachricht zurück, ein Schneider feiere seinen Geburtstag, und mache sich lustig mit seinen gu- ten Freunden. Der Fürst fährt selbst hinaus, der Schneider tractirt ihn auf seinem Tuch; dem Fürst gefällt das, und er bietet dem Schneider Lände- reien und reichliches Auskommen dafür, der will aber nicht, sein Tuch ist ihm lieber, da hat er kei- ne Sorge, Müh und Verdruß. Der Fürst faßt sich kurz, nimmt das Tuch mit Gewalt und fährt fort. Der Schneider hängt aber seine Patronta- sche um und geht damit an des Fürsten Hof, und bittet um sein Tuch, bekommt aber einen Buckel voll Schläge. Da lauft er auf den Wall des Schlosses, läßt zwanzigtausend Mann aufmarschi- ren, die müssen ihre Stücke gegen das Schloß richten, und drauf los feuern. Da läßt der Fürst das Tuch herausbringen und demüthig bitten mit dem Feuer einzuhalten. Der Schneider läßt nun seine Mannschaft wieder ins Quartier rücken, geht heim und lebt vergnügt mit den zwei andern Schneidern.
Zur Frau Füchsin. No. 38.
Dies gewiß uralte Märchen, dessen überaus wichtiger Zusammenhang mit dem altfranzösischen, nie gedruckten, roman du renard in unserer be- vorstehenden Ausgabe dieses Gedichts abgehandelt werden soll, ist uns so vielmal erzählt worden, daß jede Recension ihre Eigenthümlichkeit hat. Die zwei bedeutendsten Recensionen, wovon die letzte sich noch fast ganz in Reimen erhalten, ha- ben wir mitgetheilt, die meisten Abweichungen laufen dahin aus, daß der alte Fuchs wirklich, oder nur scheintodt (wie im altfranzös. Lied) ist, und daß entweder bloß Füchse, oder auch andere Thiere Freiens vorgeben. Im letzten Fall sind die Fragen der Füchsin oft genauer wie sieht er denn aus, hat er auch ein roth Käppchen auf? "ach nein, ein weiß Käppchen" (der Wolf) -- hat er denn ein roth Camisölchen an? -- "nein,
Donner, alſo meint er die Feinde waͤren gekom- men, und ſchickt einen Trompeter ab, der bringt die Nachricht zuruͤck, ein Schneider feiere ſeinen Geburtstag, und mache ſich luſtig mit ſeinen gu- ten Freunden. Der Fuͤrſt faͤhrt ſelbſt hinaus, der Schneider tractirt ihn auf ſeinem Tuch; dem Fuͤrſt gefaͤllt das, und er bietet dem Schneider Laͤnde- reien und reichliches Auskommen dafuͤr, der will aber nicht, ſein Tuch iſt ihm lieber, da hat er kei- ne Sorge, Muͤh und Verdruß. Der Fuͤrſt faßt ſich kurz, nimmt das Tuch mit Gewalt und faͤhrt fort. Der Schneider haͤngt aber ſeine Patronta- ſche um und geht damit an des Fuͤrſten Hof, und bittet um ſein Tuch, bekommt aber einen Buckel voll Schlaͤge. Da lauft er auf den Wall des Schloſſes, laͤßt zwanzigtauſend Mann aufmarſchi- ren, die muͤſſen ihre Stuͤcke gegen das Schloß richten, und drauf los feuern. Da laͤßt der Fuͤrſt das Tuch herausbringen und demuͤthig bitten mit dem Feuer einzuhalten. Der Schneider laͤßt nun ſeine Mannſchaft wieder ins Quartier ruͤcken, geht heim und lebt vergnuͤgt mit den zwei andern Schneidern.
Zur Frau Fuͤchſin. No. 38.
Dies gewiß uralte Maͤrchen, deſſen uͤberaus wichtiger Zuſammenhang mit dem altfranzoͤſiſchen, nie gedruckten, roman du renard in unſerer be- vorſtehenden Ausgabe dieſes Gedichts abgehandelt werden ſoll, iſt uns ſo vielmal erzaͤhlt worden, daß jede Recenſion ihre Eigenthuͤmlichkeit hat. Die zwei bedeutendſten Recenſionen, wovon die letzte ſich noch faſt ganz in Reimen erhalten, ha- ben wir mitgetheilt, die meiſten Abweichungen laufen dahin aus, daß der alte Fuchs wirklich, oder nur ſcheintodt (wie im altfranzoͤſ. Lied) iſt, und daß entweder bloß Fuͤchſe, oder auch andere Thiere Freiens vorgeben. Im letzten Fall ſind die Fragen der Fuͤchſin oft genauer wie ſieht er denn aus, hat er auch ein roth Kaͤppchen auf? „ach nein, ein weiß Kaͤppchen“ (der Wolf) — hat er denn ein roth Camiſoͤlchen an? — „nein,
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[XXVII/0449]
Donner, alſo meint er die Feinde waͤren gekom-
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Geburtstag, und mache ſich luſtig mit ſeinen gu-
ten Freunden. Der Fuͤrſt faͤhrt ſelbſt hinaus, der
Schneider tractirt ihn auf ſeinem Tuch; dem Fuͤrſt
gefaͤllt das, und er bietet dem Schneider Laͤnde-
reien und reichliches Auskommen dafuͤr, der will
aber nicht, ſein Tuch iſt ihm lieber, da hat er kei-
ne Sorge, Muͤh und Verdruß. Der Fuͤrſt faßt
ſich kurz, nimmt das Tuch mit Gewalt und faͤhrt
fort. Der Schneider haͤngt aber ſeine Patronta-
ſche um und geht damit an des Fuͤrſten Hof, und
bittet um ſein Tuch, bekommt aber einen Buckel
voll Schlaͤge. Da lauft er auf den Wall des
Schloſſes, laͤßt zwanzigtauſend Mann aufmarſchi-
ren, die muͤſſen ihre Stuͤcke gegen das Schloß
richten, und drauf los feuern. Da laͤßt der Fuͤrſt
das Tuch herausbringen und demuͤthig bitten mit
dem Feuer einzuhalten. Der Schneider laͤßt nun
ſeine Mannſchaft wieder ins Quartier ruͤcken, geht
heim und lebt vergnuͤgt mit den zwei andern
Schneidern.
Zur Frau Fuͤchſin. No. 38.
Dies gewiß uralte Maͤrchen, deſſen uͤberaus
wichtiger Zuſammenhang mit dem altfranzoͤſiſchen,
nie gedruckten, roman du renard in unſerer be-
vorſtehenden Ausgabe dieſes Gedichts abgehandelt
werden ſoll, iſt uns ſo vielmal erzaͤhlt worden,
daß jede Recenſion ihre Eigenthuͤmlichkeit hat.
Die zwei bedeutendſten Recenſionen, wovon die
letzte ſich noch faſt ganz in Reimen erhalten, ha-
ben wir mitgetheilt, die meiſten Abweichungen
laufen dahin aus, daß der alte Fuchs wirklich,
oder nur ſcheintodt (wie im altfranzoͤſ. Lied) iſt,
und daß entweder bloß Fuͤchſe, oder auch andere
Thiere Freiens vorgeben. Im letzten Fall ſind
die Fragen der Fuͤchſin oft genauer wie ſieht er
denn aus, hat er auch ein roth Kaͤppchen auf?
„ach nein, ein weiß Kaͤppchen“ (der Wolf) —
hat er denn ein roth Camiſoͤlchen an? — „nein,
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. XXVII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/449>, abgerufen am 23.11.2024.
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