Tuch aus, und tractirt den hungrigen Kriegs- mann. Diesem gefällt das Tuch, und er bietet dem Schneider dafür seine wunderbare Patronta- sche zum Tausch, wenn man auf die eine Seite klopft, kommen hunderttausend Mann zu Fuß und Pferd heraus, klopft man auf die andere aller Art Musikanten. Der Schneider willigt ein, aber nach- dem er die Patrontasche hat, beordert er zehn Mann zu Pferd, die müssen dem Reuter nachja- gen und ihm das Tuch wieder abnehmen. Der Schneider kommt nun nach Haus; seine Frau wundert sich, daß er so wenig auf der Wander- schaft gewonnen. Er geht zu seinen ehemaligen Cammeraden, die unterstützen ihn reichlich, daß er eine Zeitlang davon mit Frau und Kind leben könne. Er aber ladet sie darauf zum Mittags- essen, sie mögten nicht stolz seyn, und ihn nicht verschmähen, sie machen ihm Vorwürfe, daß er al- les auf einmal verschlemmen wolle, doch verspre- chen sie zu kommen. Wie sie sich zur bestimmten Zeit einfinden, ist nur die Frau zu Haus, die gar nichts von den Gästen weiß und fürchtet, ihr Mann sey im Kopf verwirrt. Endlich kommt der Schneider auch, heißt die Frau die Stube eilig rein machen, grüßt seine Gäste und entschuldigt sich, sie hätten es zu Haus besser, er habe nur se- hen wollen, ob sie nicht stolz durch ihren Reich- thum geworden. Sie setzen sich zu Tisch, aber es kommt keine Schüssel zum Vorschein, da breitet der Schneider sein Tuch aus, spricht seine Worte, und im Augenblick steht alles voll der kostbarsten Speisen. Ha! ha! denken die andern, ists so ge- meint, du bist nicht so lahm, als du hinkst, und versichern ihm Liebe und Brüderschaft bis in den Tod. Der Wirth sagt, das sey gar nicht nöthig zu versichern, dabei schlägt er der Patrontasche auf eine Seite, alsbald kommen Spielleute und machen Musik, daß es eine Art hat. Dann klopft er auf die andere Seite, kommandirt Artillerie und hunderttausend Soldaten, die werfen einen Wall auf und führen Geschütz darauf, und so oft die drei Schneider trinken, feuern die Konstabeler ab. Der Fürst wohnte 4 Meilen davon und hört den
Tuch aus, und tractirt den hungrigen Kriegs- mann. Dieſem gefaͤllt das Tuch, und er bietet dem Schneider dafuͤr ſeine wunderbare Patronta- ſche zum Tauſch, wenn man auf die eine Seite klopft, kommen hunderttauſend Mann zu Fuß und Pferd heraus, klopft man auf die andere aller Art Muſikanten. Der Schneider willigt ein, aber nach- dem er die Patrontaſche hat, beordert er zehn Mann zu Pferd, die muͤſſen dem Reuter nachja- gen und ihm das Tuch wieder abnehmen. Der Schneider kommt nun nach Haus; ſeine Frau wundert ſich, daß er ſo wenig auf der Wander- ſchaft gewonnen. Er geht zu ſeinen ehemaligen Cammeraden, die unterſtuͤtzen ihn reichlich, daß er eine Zeitlang davon mit Frau und Kind leben koͤnne. Er aber ladet ſie darauf zum Mittags- eſſen, ſie moͤgten nicht ſtolz ſeyn, und ihn nicht verſchmaͤhen, ſie machen ihm Vorwuͤrfe, daß er al- les auf einmal verſchlemmen wolle, doch verſpre- chen ſie zu kommen. Wie ſie ſich zur beſtimmten Zeit einfinden, iſt nur die Frau zu Haus, die gar nichts von den Gaͤſten weiß und fuͤrchtet, ihr Mann ſey im Kopf verwirrt. Endlich kommt der Schneider auch, heißt die Frau die Stube eilig rein machen, gruͤßt ſeine Gaͤſte und entſchuldigt ſich, ſie haͤtten es zu Haus beſſer, er habe nur ſe- hen wollen, ob ſie nicht ſtolz durch ihren Reich- thum geworden. Sie ſetzen ſich zu Tiſch, aber es kommt keine Schuͤſſel zum Vorſchein, da breitet der Schneider ſein Tuch aus, ſpricht ſeine Worte, und im Augenblick ſteht alles voll der koſtbarſten Speiſen. Ha! ha! denken die andern, iſts ſo ge- meint, du biſt nicht ſo lahm, als du hinkſt, und verſichern ihm Liebe und Bruͤderſchaft bis in den Tod. Der Wirth ſagt, das ſey gar nicht noͤthig zu verſichern, dabei ſchlaͤgt er der Patrontaſche auf eine Seite, alsbald kommen Spielleute und machen Muſik, daß es eine Art hat. Dann klopft er auf die andere Seite, kommandirt Artillerie und hunderttauſend Soldaten, die werfen einen Wall auf und fuͤhren Geſchuͤtz darauf, und ſo oft die drei Schneider trinken, feuern die Konſtabeler ab. Der Fuͤrſt wohnte 4 Meilen davon und hoͤrt den
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Tuch aus, und tractirt den hungrigen Kriegs-
mann. Dieſem gefaͤllt das Tuch, und er bietet
dem Schneider dafuͤr ſeine wunderbare Patronta-
ſche zum Tauſch, wenn man auf die eine Seite
klopft, kommen hunderttauſend Mann zu Fuß und
Pferd heraus, klopft man auf die andere aller Art
Muſikanten. Der Schneider willigt ein, aber nach-
dem er die Patrontaſche hat, beordert er zehn
Mann zu Pferd, die muͤſſen dem Reuter nachja-
gen und ihm das Tuch wieder abnehmen. Der
Schneider kommt nun nach Haus; ſeine Frau
wundert ſich, daß er ſo wenig auf der Wander-
ſchaft gewonnen. Er geht zu ſeinen ehemaligen
Cammeraden, die unterſtuͤtzen ihn reichlich, daß er
eine Zeitlang davon mit Frau und Kind leben
koͤnne. Er aber ladet ſie darauf zum Mittags-
eſſen, ſie moͤgten nicht ſtolz ſeyn, und ihn nicht
verſchmaͤhen, ſie machen ihm Vorwuͤrfe, daß er al-
les auf einmal verſchlemmen wolle, doch verſpre-
chen ſie zu kommen. Wie ſie ſich zur beſtimmten
Zeit einfinden, iſt nur die Frau zu Haus, die gar
nichts von den Gaͤſten weiß und fuͤrchtet, ihr
Mann ſey im Kopf verwirrt. Endlich kommt der
Schneider auch, heißt die Frau die Stube eilig
rein machen, gruͤßt ſeine Gaͤſte und entſchuldigt
ſich, ſie haͤtten es zu Haus beſſer, er habe nur ſe-
hen wollen, ob ſie nicht ſtolz durch ihren Reich-
thum geworden. Sie ſetzen ſich zu Tiſch, aber es
kommt keine Schuͤſſel zum Vorſchein, da breitet
der Schneider ſein Tuch aus, ſpricht ſeine Worte,
und im Augenblick ſteht alles voll der koſtbarſten
Speiſen. Ha! ha! denken die andern, iſts ſo ge-
meint, du biſt nicht ſo lahm, als du hinkſt, und
verſichern ihm Liebe und Bruͤderſchaft bis in den
Tod. Der Wirth ſagt, das ſey gar nicht noͤthig
zu verſichern, dabei ſchlaͤgt er der Patrontaſche
auf eine Seite, alsbald kommen Spielleute und
machen Muſik, daß es eine Art hat. Dann klopft
er auf die andere Seite, kommandirt Artillerie und
hunderttauſend Soldaten, die werfen einen Wall
auf und fuͤhren Geſchuͤtz darauf, und ſo oft die
drei Schneider trinken, feuern die Konſtabeler ab.
Der Fuͤrſt wohnte 4 Meilen davon und hoͤrt den
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. XXVI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/448>, abgerufen am 23.11.2024.
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