Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

Prinzessin aber die kam nicht und kam nicht,
da entdeckte der König endlich daß er einmal in
der Noth sie einem Adler versprochen, und der
werde sie geholt haben. Als aber bei dem
König die Traurigkeit ein wenig herum war,
fiel ihm das Versprechen des Adlers ein und er
ging hinab, und fand auf dem Rasen zwei gold-
ne Eier, jedes einen Centner schwer. Wer Gold
hat, ist fromm genug, dachte er, und schlug sich
alle schwere Gedanken aus dem Sinn! Da fing
das lustige Leben von neuem an, und währte so
lang, bis die zwei Centner Gold auch durchge-
bracht waren, dann kehrte der König wieder ins
Waldschloß zurück, und die Prinzessin, die noch
übrig war, mußte die Kartoffeln sieden.

Der König wollte keine Hasen im Wald
und keine Vögel in der Luft mehr jagen, aber
einen Fisch hätt er gern gegessen. Da mußte
die Prinzessin ein Netz stricken, damit ging er
zu einem Teich, der nicht weit von dem Wald
lag. Weil ein Nachen darauf war, setzte er sich
ein, und warf das Netz, da fing er auf einen
Zug eine Menge schöner rothgefleckter Forellen.
Wie er aber damit ans Land wollte, stand der
Nachen fest und er konnte ihn nicht los kriegen,
er mochte sich stellen wie er wollte. Da kam
auf einmal ein gewaltiger Wallfisch daher ge-
schnaubt: "was fängst du mir meine Untertha-
nen weg, das soll dir dein Leben kosten!" dabei

Kindermärchen. A a

Prinzeſſin aber die kam nicht und kam nicht,
da entdeckte der Koͤnig endlich daß er einmal in
der Noth ſie einem Adler verſprochen, und der
werde ſie geholt haben. Als aber bei dem
Koͤnig die Traurigkeit ein wenig herum war,
fiel ihm das Verſprechen des Adlers ein und er
ging hinab, und fand auf dem Raſen zwei gold-
ne Eier, jedes einen Centner ſchwer. Wer Gold
hat, iſt fromm genug, dachte er, und ſchlug ſich
alle ſchwere Gedanken aus dem Sinn! Da fing
das luſtige Leben von neuem an, und waͤhrte ſo
lang, bis die zwei Centner Gold auch durchge-
bracht waren, dann kehrte der Koͤnig wieder ins
Waldſchloß zuruͤck, und die Prinzeſſin, die noch
uͤbrig war, mußte die Kartoffeln ſieden.

Der Koͤnig wollte keine Haſen im Wald
und keine Voͤgel in der Luft mehr jagen, aber
einen Fiſch haͤtt er gern gegeſſen. Da mußte
die Prinzeſſin ein Netz ſtricken, damit ging er
zu einem Teich, der nicht weit von dem Wald
lag. Weil ein Nachen darauf war, ſetzte er ſich
ein, und warf das Netz, da fing er auf einen
Zug eine Menge ſchoͤner rothgefleckter Forellen.
Wie er aber damit ans Land wollte, ſtand der
Nachen feſt und er konnte ihn nicht los kriegen,
er mochte ſich ſtellen wie er wollte. Da kam
auf einmal ein gewaltiger Wallfiſch daher ge-
ſchnaubt: „was faͤngſt du mir meine Untertha-
nen weg, das ſoll dir dein Leben koſten!“ dabei

Kindermärchen. A a
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0403" n="369"/>
Prinze&#x017F;&#x017F;in aber die kam nicht und kam nicht,<lb/>
da entdeckte der Ko&#x0364;nig endlich daß er einmal in<lb/>
der Noth &#x017F;ie einem Adler ver&#x017F;prochen, und der<lb/>
werde &#x017F;ie geholt haben. Als aber bei dem<lb/>
Ko&#x0364;nig die Traurigkeit ein wenig herum war,<lb/>
fiel ihm das Ver&#x017F;prechen des Adlers ein und er<lb/>
ging hinab, und fand auf dem Ra&#x017F;en zwei gold-<lb/>
ne Eier, jedes einen Centner &#x017F;chwer. Wer Gold<lb/>
hat, i&#x017F;t fromm genug, dachte er, und &#x017F;chlug &#x017F;ich<lb/>
alle &#x017F;chwere Gedanken aus dem Sinn! Da fing<lb/>
das lu&#x017F;tige Leben von neuem an, und wa&#x0364;hrte &#x017F;o<lb/>
lang, bis die zwei Centner Gold auch durchge-<lb/>
bracht waren, dann kehrte der Ko&#x0364;nig wieder ins<lb/>
Wald&#x017F;chloß zuru&#x0364;ck, und die Prinze&#x017F;&#x017F;in, die noch<lb/>
u&#x0364;brig war, mußte die Kartoffeln &#x017F;ieden.</p><lb/>
        <p>Der Ko&#x0364;nig wollte keine Ha&#x017F;en im Wald<lb/>
und keine Vo&#x0364;gel in der Luft mehr jagen, aber<lb/>
einen Fi&#x017F;ch ha&#x0364;tt er gern gege&#x017F;&#x017F;en. Da mußte<lb/>
die Prinze&#x017F;&#x017F;in ein Netz &#x017F;tricken, damit ging er<lb/>
zu einem Teich, der nicht weit von dem Wald<lb/>
lag. Weil ein Nachen darauf war, &#x017F;etzte er &#x017F;ich<lb/>
ein, und warf das Netz, da fing er auf einen<lb/>
Zug eine Menge &#x017F;cho&#x0364;ner rothgefleckter Forellen.<lb/>
Wie er aber damit ans Land wollte, &#x017F;tand der<lb/>
Nachen fe&#x017F;t und er konnte ihn nicht los kriegen,<lb/>
er mochte &#x017F;ich &#x017F;tellen wie er wollte. Da kam<lb/>
auf einmal ein gewaltiger Wallfi&#x017F;ch daher ge-<lb/>
&#x017F;chnaubt: &#x201E;was fa&#x0364;ng&#x017F;t du mir meine Untertha-<lb/>
nen weg, das &#x017F;oll dir dein Leben ko&#x017F;ten!&#x201C; dabei<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Kindermärchen. A a</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[369/0403] Prinzeſſin aber die kam nicht und kam nicht, da entdeckte der Koͤnig endlich daß er einmal in der Noth ſie einem Adler verſprochen, und der werde ſie geholt haben. Als aber bei dem Koͤnig die Traurigkeit ein wenig herum war, fiel ihm das Verſprechen des Adlers ein und er ging hinab, und fand auf dem Raſen zwei gold- ne Eier, jedes einen Centner ſchwer. Wer Gold hat, iſt fromm genug, dachte er, und ſchlug ſich alle ſchwere Gedanken aus dem Sinn! Da fing das luſtige Leben von neuem an, und waͤhrte ſo lang, bis die zwei Centner Gold auch durchge- bracht waren, dann kehrte der Koͤnig wieder ins Waldſchloß zuruͤck, und die Prinzeſſin, die noch uͤbrig war, mußte die Kartoffeln ſieden. Der Koͤnig wollte keine Haſen im Wald und keine Voͤgel in der Luft mehr jagen, aber einen Fiſch haͤtt er gern gegeſſen. Da mußte die Prinzeſſin ein Netz ſtricken, damit ging er zu einem Teich, der nicht weit von dem Wald lag. Weil ein Nachen darauf war, ſetzte er ſich ein, und warf das Netz, da fing er auf einen Zug eine Menge ſchoͤner rothgefleckter Forellen. Wie er aber damit ans Land wollte, ſtand der Nachen feſt und er konnte ihn nicht los kriegen, er mochte ſich ſtellen wie er wollte. Da kam auf einmal ein gewaltiger Wallfiſch daher ge- ſchnaubt: „was faͤngſt du mir meine Untertha- nen weg, das ſoll dir dein Leben koſten!“ dabei Kindermärchen. A a

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/403
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/403>, abgerufen am 11.06.2024.