Anzug, und werde bald da seyn; wie das die rechte Braut hörte fiel sie in Ohnmacht. Der König meinte, seinem lieben Jäger sey etwas zugestoßen, lief herzu und wollte ihm helfen, er zog ihm aber auch die Handschuh aus, da erblickte er den Ring, den er seiner ersten Braut gegeben, und als er dann noch das Bildniß an ihrem Hals sah, erkannte er sie, und ließ gleich der andern Braut sagen, sie möge in ihr Reich zurückkehren, er habe schon eine Gemahlin, und wenn man einen alten Schlüssel wieder gefun- den, brauche man den neuen nicht. Da ward die Hochzeit gefeiert, und der Löwe hatte nicht gelogen, und kam wieder in Gnade bei dem König.
68. Von dem Sommer- und Winter- garten.
Ein Kaufmann wollte auf die Messe ge- hen, da fragte er seine drei Töchter, was er ihnen mitbringen sollte. Die älteste sprach: "ein schönes Kleid;" die zweite: "ein paar hübsche Schuhe;" die dritte: "eine Rose." Aber die Rose zu verschaffen, war etwas schwe- res, weil es mitten im Winter war, doch weil die jüngste die schönste war, und sie eine so große Freude an den Blumen hatte, sagte der
X 2
Anzug, und werde bald da ſeyn; wie das die rechte Braut hoͤrte fiel ſie in Ohnmacht. Der Koͤnig meinte, ſeinem lieben Jaͤger ſey etwas zugeſtoßen, lief herzu und wollte ihm helfen, er zog ihm aber auch die Handſchuh aus, da erblickte er den Ring, den er ſeiner erſten Braut gegeben, und als er dann noch das Bildniß an ihrem Hals ſah, erkannte er ſie, und ließ gleich der andern Braut ſagen, ſie moͤge in ihr Reich zuruͤckkehren, er habe ſchon eine Gemahlin, und wenn man einen alten Schluͤſſel wieder gefun- den, brauche man den neuen nicht. Da ward die Hochzeit gefeiert, und der Loͤwe hatte nicht gelogen, und kam wieder in Gnade bei dem Koͤnig.
68. Von dem Sommer- und Winter- garten.
Ein Kaufmann wollte auf die Meſſe ge- hen, da fragte er ſeine drei Toͤchter, was er ihnen mitbringen ſollte. Die aͤlteſte ſprach: „ein ſchoͤnes Kleid;“ die zweite: „ein paar huͤbſche Schuhe;“ die dritte: „eine Roſe.“ Aber die Roſe zu verſchaffen, war etwas ſchwe- res, weil es mitten im Winter war, doch weil die juͤngſte die ſchoͤnſte war, und ſie eine ſo große Freude an den Blumen hatte, ſagte der
X 2
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0357"n="323"/>
Anzug, und werde bald da ſeyn; wie das die<lb/>
rechte Braut hoͤrte fiel ſie in Ohnmacht. Der<lb/>
Koͤnig meinte, ſeinem lieben Jaͤger ſey etwas<lb/>
zugeſtoßen, lief herzu und wollte ihm helfen,<lb/>
er zog ihm aber auch die Handſchuh aus, da<lb/>
erblickte er den Ring, den er ſeiner erſten Braut<lb/>
gegeben, und als er dann noch das Bildniß an<lb/>
ihrem Hals ſah, erkannte er ſie, und ließ gleich<lb/>
der andern Braut ſagen, ſie moͤge in ihr Reich<lb/>
zuruͤckkehren, er habe ſchon eine Gemahlin, und<lb/>
wenn man einen alten Schluͤſſel wieder gefun-<lb/>
den, brauche man den neuen nicht. Da ward<lb/>
die Hochzeit gefeiert, und der Loͤwe hatte nicht<lb/>
gelogen, und kam wieder in Gnade bei dem<lb/>
Koͤnig.</p></div><lb/><divn="1"><head>68.<lb/><hirendition="#g">Von dem Sommer- und Winter-<lb/>
garten</hi>.</head><lb/><p>Ein Kaufmann wollte auf die Meſſe ge-<lb/>
hen, da fragte er ſeine drei Toͤchter, was er<lb/>
ihnen mitbringen ſollte. Die aͤlteſte ſprach:<lb/>„ein ſchoͤnes Kleid;“ die zweite: „ein paar<lb/>
huͤbſche Schuhe;“ die dritte: „eine Roſe.“<lb/>
Aber die Roſe zu verſchaffen, war etwas ſchwe-<lb/>
res, weil es mitten im Winter war, doch weil<lb/>
die juͤngſte die ſchoͤnſte war, und ſie eine ſo<lb/>
große Freude an den Blumen hatte, ſagte der<lb/><fwplace="bottom"type="sig">X 2</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[323/0357]
Anzug, und werde bald da ſeyn; wie das die
rechte Braut hoͤrte fiel ſie in Ohnmacht. Der
Koͤnig meinte, ſeinem lieben Jaͤger ſey etwas
zugeſtoßen, lief herzu und wollte ihm helfen,
er zog ihm aber auch die Handſchuh aus, da
erblickte er den Ring, den er ſeiner erſten Braut
gegeben, und als er dann noch das Bildniß an
ihrem Hals ſah, erkannte er ſie, und ließ gleich
der andern Braut ſagen, ſie moͤge in ihr Reich
zuruͤckkehren, er habe ſchon eine Gemahlin, und
wenn man einen alten Schluͤſſel wieder gefun-
den, brauche man den neuen nicht. Da ward
die Hochzeit gefeiert, und der Loͤwe hatte nicht
gelogen, und kam wieder in Gnade bei dem
Koͤnig.
68.
Von dem Sommer- und Winter-
garten.
Ein Kaufmann wollte auf die Meſſe ge-
hen, da fragte er ſeine drei Toͤchter, was er
ihnen mitbringen ſollte. Die aͤlteſte ſprach:
„ein ſchoͤnes Kleid;“ die zweite: „ein paar
huͤbſche Schuhe;“ die dritte: „eine Roſe.“
Aber die Roſe zu verſchaffen, war etwas ſchwe-
res, weil es mitten im Winter war, doch weil
die juͤngſte die ſchoͤnſte war, und ſie eine ſo
große Freude an den Blumen hatte, ſagte der
X 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/357>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.