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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

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Aufn Herbst kommen in einem Weizen-
acker viel Sperlinge zusammen, allda trifft der
Alte seine vier Jungen an, die führt er mit
Freuden mit sich heim: "ach, meine lieben
Söhne, was habt ihr mir den Sommer über
Sorge gemacht, dieweil ihr ohne meine Lehre
in Winde kamet; höret meine Worte, und fol-
get eurem Vater, und sehet euch wohl vor:
kleine Vöglein haben große Gefährlichkeit aus-
zustehn!" Darauf fraget er den ältern, wo
er sich den Sommer über aufgehalten, und wie
er sich ernährt hätte? "Ich habe mich in den
Gärten gehalten, Räuplein und Würmlein ge-
sucht, bis die Kirschen reif wurden." -- "Ach!
mein Sohn, sagte der Vater, die Schnabelweid
ist nicht bös, aber es ist große Gefahr dabei,
darum habe forthin deiner wohl Acht und son-
derlich wenn Leut in Gärten umher gehn, die
lange grüne Stangen tragen, die inwendig
hohl sind und oben ein Löchlein haben." --
"Ja, mein Vater, wenn denn ein grün Blätt-
lein aufs Löchlein mit Wachs geklebt wäre?"
spricht der Sohn. -- "Wo hast du das ge-
sehn?" -- "In eines Kaufmanns Garten,"
sagt der Junge. -- "O! mein Sohn, spricht
der Vater, Kaufleut, geschwinde Leut, bist du
um die Weltkinder gewesen, so hast du Welt-
geschmeidigkeit genug gelernt, siehe und brauchs
nur recht wohl, und trau dir nicht viele."


Aufn Herbſt kommen in einem Weizen-
acker viel Sperlinge zuſammen, allda trifft der
Alte ſeine vier Jungen an, die fuͤhrt er mit
Freuden mit ſich heim: „ach, meine lieben
Soͤhne, was habt ihr mir den Sommer uͤber
Sorge gemacht, dieweil ihr ohne meine Lehre
in Winde kamet; hoͤret meine Worte, und fol-
get eurem Vater, und ſehet euch wohl vor:
kleine Voͤglein haben große Gefaͤhrlichkeit aus-
zuſtehn!“ Darauf fraget er den aͤltern, wo
er ſich den Sommer uͤber aufgehalten, und wie
er ſich ernaͤhrt haͤtte? „Ich habe mich in den
Gaͤrten gehalten, Raͤuplein und Wuͤrmlein ge-
ſucht, bis die Kirſchen reif wurden.“ — „Ach!
mein Sohn, ſagte der Vater, die Schnabelweid
iſt nicht boͤs, aber es iſt große Gefahr dabei,
darum habe forthin deiner wohl Acht und ſon-
derlich wenn Leut in Gaͤrten umher gehn, die
lange gruͤne Stangen tragen, die inwendig
hohl ſind und oben ein Loͤchlein haben.“ —
„Ja, mein Vater, wenn denn ein gruͤn Blaͤtt-
lein aufs Loͤchlein mit Wachs geklebt waͤre?“
ſpricht der Sohn. — „Wo haſt du das ge-
ſehn?“ — „In eines Kaufmanns Garten,“
ſagt der Junge. — „O! mein Sohn, ſpricht
der Vater, Kaufleut, geſchwinde Leut, biſt du
um die Weltkinder geweſen, ſo haſt du Welt-
geſchmeidigkeit genug gelernt, ſiehe und brauchs
nur recht wohl, und trau dir nicht viele.“


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[157/0191] Aufn Herbſt kommen in einem Weizen- acker viel Sperlinge zuſammen, allda trifft der Alte ſeine vier Jungen an, die fuͤhrt er mit Freuden mit ſich heim: „ach, meine lieben Soͤhne, was habt ihr mir den Sommer uͤber Sorge gemacht, dieweil ihr ohne meine Lehre in Winde kamet; hoͤret meine Worte, und fol- get eurem Vater, und ſehet euch wohl vor: kleine Voͤglein haben große Gefaͤhrlichkeit aus- zuſtehn!“ Darauf fraget er den aͤltern, wo er ſich den Sommer uͤber aufgehalten, und wie er ſich ernaͤhrt haͤtte? „Ich habe mich in den Gaͤrten gehalten, Raͤuplein und Wuͤrmlein ge- ſucht, bis die Kirſchen reif wurden.“ — „Ach! mein Sohn, ſagte der Vater, die Schnabelweid iſt nicht boͤs, aber es iſt große Gefahr dabei, darum habe forthin deiner wohl Acht und ſon- derlich wenn Leut in Gaͤrten umher gehn, die lange gruͤne Stangen tragen, die inwendig hohl ſind und oben ein Loͤchlein haben.“ — „Ja, mein Vater, wenn denn ein gruͤn Blaͤtt- lein aufs Loͤchlein mit Wachs geklebt waͤre?“ ſpricht der Sohn. — „Wo haſt du das ge- ſehn?“ — „In eines Kaufmanns Garten,“ ſagt der Junge. — „O! mein Sohn, ſpricht der Vater, Kaufleut, geſchwinde Leut, biſt du um die Weltkinder geweſen, ſo haſt du Welt- geſchmeidigkeit genug gelernt, ſiehe und brauchs nur recht wohl, und trau dir nicht viele.“

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/191>, abgerufen am 25.11.2024.